news

SV Lafnitz: Radikaler Wandel mit Schweizer Millionen

<a href='/de/daten/news/fussball/sv-lafnitz/' class='tag'>SV Lafnitz</a>: Radikaler Wandel mit Schweizer Millionen Foto: © GEPA

Frühjahr 2020, ganz Österreich sitzt daheim. Corona-Lockdown. Es ist viel Zeit, um nachzudenken, um Pläne zu schmieden. Auch in Lafnitz.

Dort hat mit Philipp Semlic erst kurz zuvor ein neuer Trainer sein Amt angetreten, ist Ferdinand Feldhofer nachgefolgt. Gemeinsam mit Bernhard Loidl, Geldgeber und Boss des SV Lafnitz entwickelt Semlic einen Dreijahres-Plan.

Kurz umrissen sieht der so aus: Die Oststeirer wollen Spieler aus der Region holen, um Identifikation zu schaffen, in weiterer Folge sollen es vornehmlich junge Kicker mit Entwicklungspotenzial sein, als letzte Ausbaustufe dann im Idealfall sogar Kicker, die schon als Jugendliche zum Klub gekommen sind.

Ein wilder Herbst

Frühjahr 2023, Corona spielt praktisch keine Rolle mehr. Der SV Lafnitz hat sich bestens in der Liga etabliert, wurde 2020 Achter, 2021 Winterkönig und letztlich Fünfter, 2022 Sechster. Einige Spieler wie etwa Milos Jovicic (Ried) und Mario Kröpfl (Hartberg) haben über Lafnitz tatsächlich den nächsten Karriereschritt geschafft.

Doch der Klub ist gezeichnet von einem wilden Herbst. Sportlich hat die Semlic-Truppe zwar weiterhin nichts mit dem Abstieg zu tun, doch im Umfeld ging es rund. Ende September kündigte Großsponsor Loidl seinen Rückzug an, Lafnitz will freiwillig runter. Mitte November ändern sich die Pläne dann doch wieder.

Das hat damit zu tun, dass zwei Männer in Lafnitz vorstellig werden, die den Verein im Sommer 2023 einem radikalen Wandel unterziehen. Beim Klub aus der 1.500-Seelen-Gemeinde bleibt kein Stein auf dem anderen. Schweizer Millionen sollen und werden alles ändern.

Ein Schweizer wird der neue Boss

Am Samstag wird bei einer Vorstandssitzung beschlossen, dass Martin Dellenbach das Zepter übernimmt. Der Schweizer soll neuer Obmann werden, Loidl fungiert vermutlich zwar als Präsident, aber zu sagen wird er nicht mehr viel haben. Kommende Woche sollen die Klub-Mitglieder den Umsturz dann absegnen.

Martin Dellenbach
GEPA

Wer ist Martin Dellenbach? Der Mann ist mit Auto-Waschstraßen zu Geld gekommen. Zu sehr viel Geld. Seine "Delli-Group" hat ein Lizenzsystem für Waschcenter eingeführt, das Geschäft ist in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten immens gewachsen, inzwischen auch in Deutschland. Die Familie bündelt ihre unternehmerischen Aktivitäten in der "Delli Holding AG" mit Sitz in Basel.

Und dort wurde Dellenbach auch erstmals im Fußball auffällig, investierte ab 2018 viel Geld in den Nachwuchs des FC Basel. 2021 endete das Engagement abrupt, ein Machtwechsel in der Führungsriege des Schweizer Großklubs führte zum Bruch.

Van Lierop hat die sportliche Vision

Doch Dellenbach hatte Blut geleckt und in Basel einen Mann kennengelernt, mit dem er seither gemeinsame Sache macht: Percy van Lierop. Der Niederländer ist jener mit der sportlichen Vision und hierzulande kein Unbekannter, war lange in Salzburg, 2011/12 sogar Nachwuchsleiter der "Bullen". Danach heuerte er bei Ajax Amsterdam an, 2020 in Basel. Ein Vertreter der klassischen holländischen Fußballschule. Auch er fiel dem Umbruch bei den Schweizern zum Opfer.

Percy van Lierop zu Salzburger Zeiten
GEPA

Im Herbst 2021 schlug das Duo mit Unterstützung des ehemaligen Bundesliga-Vorstands und Rapid-Funktionärs Raphael Landthaler dann in Österreich auf, versuchte bei mehreren Fußball-Akademien einzusteigen. Einig wurde man sich dann in Hartberg.

Dellenbach stieg mit der "Delli Sport Invest AG" und der "Delli Sport Management AG" in Hartberg ein, begann damit, eine Akademie aufzubauen. Seither mit an Bord: Michael Steiner. Der Salzburger kennt van Lierop aus gemeinsamen Zeiten in Salzburg, war 2014/15 kurzzeitig Cheftrainer des SKN St. Pölten, danach in der Rapid-Akademie und der ÖFB-Frauenakademie. Und auch er war kurz in Basel, als Jugendleiter.

Wegen der Akademie-Reform des ÖFB ging das alles in Hartberg dann aber ein wenig langsamer voran, als sich das alle Beteiligten gewünscht hätten. Inzwischen wurden die neuen Akademie-Lizenzen aber vergeben, die Hartberger Akademie war erfolgreich.

Schwierigkeiten in Hartberg

Und weil es von Hartberg nach Lafnitz ja nur ein Steinwurf ist, sind die Beziehungen der beiden Klubs seit jeher bestens. Rund ein Dutzend Spieler ist seit Lafnitz‘ Aufstieg in die 2. Liga nach Hartberg gewechselt oder umgekehrt, meistens leihweise.

Bernhard Loidl, (Noch-)Lafnitz-Boss
GEPA

Da lag es für Dellenbach auf der Hand, Lafnitz zu "retten". Doch obwohl der Schweizer rund 20 Prozent Anteile am TSV Hartberg besitzt, sind ihm dort nur die wenigsten wohlgesonnen. Wenn er seine Pläne durchsetzen will, blitzt er bei Vorstandsbeschlüssen fast immer ab.

Dieses Problem hat er in Lafnitz künftig nicht. Mit van Lierop wird sein engster Vertrauter dort neuer Sportchef, Widerstand ist auch sonst keiner zu erwarten. Also wird offenbar an einem Plan gebastelt, der mehr oder weniger unabhängig von den Hartberger Launen ist.

Eine internationale U21

In Lafnitz sollen Spieler entwickelt und gewinnbringend verkauft werden. Zunächst Kicker, die verpflichtet werden, danach in der eigenen Akademie ausgebildete Talente. Im Sommer erfolgt der Startschuss.

Es soll – in diesem Fall dient gewissermaßen der FC Red Bull Salzburg als Vorbild – eine internationale Mannschaft mit vornehmlich U21-Spielern im Lafnitz-Trikot auflaufen. Keine Rede mehr von Identifikationsfiguren aus der Region.

Der Kaderumbruch ist kein Problem, haben doch nur rund eine Handvoll der aktuellen Lafnitz-Profis einen über den Sommer hinaus laufenden Vertrag.

Unklar ist aber noch, wer auf der Trainerbank sitzt. Semlic ist nicht mit von der Partie, der 40-Jährige hat bereits verkündet, keinen neuen Vertrag mehr zu unterschreiben. Er wird nach erfolgreichen Jahren in Lafnitz den nächsten Karriereschritt machen.

Naheliegend wäre Steiner als Coach, doch der 48-Jährige dürfte sich dazu entschieden haben, weiterhin in der Akademie zu arbeiten.

Wer auch immer neuer Trainer wird, die Richtung ist klar vorgegeben. Denn der SV Lafnitz erfindet sich komplett neu. Und das Duo Martin Dellenbach und Percy van Lierop hat das Sagen.

Kommentare