LAOLA1: Sind Sie überrascht, dass der Antrag von Ried und Klagenfurt auf eine Aufstockung der Bundesliga von einer derart großen Mehrheit abgelehnt wurde?
Gerald Baumgartner: Ich war sehr überrascht. Man hatte nicht einmal eine Diskussionsmöglichkeit über die Vor- und Nachteile, weil man einfach gesagt hat: Das will man nicht. Es ist relativ schnell passiert, dass es nicht erwünscht war. Dabei sollte man über die Vorteile in dieser für alle sehr schwierigen Situation zumindest reden.
(Das Interview wird nach dem Video fortgesetzt)
"Wir sind genauso ein Teil wie die Wirte, wie die Hotels oder alle Geschäfte, die auch darum kämpfen, aufsperren zu können und Einnahmen zu machen. So ist es auch bei uns im Fußball. Wir kämpfen darum, wieder spielen zu können, wenn es möglich ist zu spielen."
"Man muss natürlich aufpassen, dass man nicht alles eins zu eins so übernimmt, wie es in Deutschland ist. Denn der deutsche Fußball hat nun mal mehr Geld zur Verfügung. Sich eine Woche in einem Trainingslager zu kasernieren ist dort von den Kosten her sicher einfacher umzusetzen als bei uns."
LAOLA1: Was wären die Vorteile?
Baumgartner: In einer 14er-Liga gibt es beispielsweise weniger Runden. Wenn man sich den möglichen Terminkalender anschaut, ist er sehr komprimiert. In Österreich wird in drei Winter-Monaten gespielt – sollte da ein Spiel ausfallen, wird es noch einmal um einiges enger für die Vereine, das Spiel nachzuholen. Man hätte zudem in beiden Vorbereitungsperioden genügend Zeit. Das wäre sehr wichtig, wenn es um die Gesundheit der Sportler geht. Denn auf die Fußballer kommen sehr, sehr viele Spiele zu, wenn alles komprimiert abgehalten wird. Es gibt genug Vorteile, die man berücksichtigen könnte. Deswegen war es für uns auch enttäuschend, dass es relativ schnell vom Tisch war.
LAOLA1: Wo orten Sie die Nachteile einer 14er-Liga?
Baumgartner: Man müsste sicher klären, wie es wirtschaftlich ausschaut. Kein Verein sollte wirtschaftlich einen Nachteil haben, wenn zwei Vereine mehr mitspielen. Außerdem muss man natürlich bedenken, dass die Liga sehr lange daran getüftelt hat, um mit 12er- beziehungsweise 16er-Liga ein optimales Format zu finden. Da haben wir ja alle unseren Teil dazu beigetragen. Aber in so einer herausfordernden Situation denke ich, dass man nicht den einen oder anderen Verein sterben lassen darf. Ein Großteil der Vereine wird so bedient, dass es für sie okay ist. Ein, zwei Vereine werden jedoch – so wie es jetzt ausschaut - relativ im Stich gelassen. Deswegen ist es für uns natürlich ein sehr unbefriedigendes Ergebnis. Wobei man sagen muss, dass es ja noch Möglichkeiten gibt, es auf sportlichem Weg zu Ende zu führen.
LAOLA1: Wenn Ried Ihrer Meinung nach im Stich gelassen wird: Haben Sie im Worst Case Angst um die Existenz der SV Ried?
Baumgartner: Nein, Angst um die SV Ried habe ich keine. Den Verein wird es immer geben, er ist wirtschaftlich gut aufgestellt. Aber wie alle anderen Mannschaften auch haben wir enorme Anstrengungen angestellt, um diese Saison sehr positiv zu gestalten und womöglich den ersten Platz, der zum Aufstieg in die Bundesliga berechtigt, zu erobern. Da geht es um wirtschaftliche und sportliche Anstrengungen genauso wie um die harte Arbeit aller Mitarbeiter. Wir haben es uns verdient, dass wir aktuell überlegener Tabellenführer sind. Noch einmal: Wenn man an die Gemeinschaft der Bundesliga, an die 28 Klubs, denkt, gibt man derzeit vielen Vereinen eine gewisse Sicherheit. Oben in der Bundesliga etwa, indem die Saison fertiggespielt werden soll, es einen Meister geben soll, die Europacup-Plätze ausgespielt werden sollen, und dass es - wie es im Moment aussieht - keinen Absteiger gibt.
In der 2. Liga hat man sich anfangs kaum darum gekümmert, dass wir trainieren können. Erst als sich einige Vereine über die Medien gemeldet haben und die VdF eine Umfrage gemacht hat, war es nicht nachvollziehbar, dass die einen trainieren dürfen und die anderen nicht. Diese Themen gilt es Schritt für Schritt abzuklären und eine Gleichberechtigung zwischen den Ligen zu finden. Wir als SV Ried haben intensiv versucht, bei einem Konzept mitzuwirken, wie man es machen könnte, die Bundesliga für ein Jahr aufzustocken. Wir wollen einfach auf positivem Wege Lösungen suchen. Man kann auch den Kopf in den Sand stecken und sagen: Das bewältigen wir nicht. Wir versuchen lieber einen Weg zu finden, wie wir früher in die Gänge kommen und trotz der schwierigen Situation vielleicht mit einem blauen Auge davonkommen. Auch wir sind ein Teil der Wirtschaft in Österreich. Wir sind genauso ein Teil wie die Wirte, wie die Hotels oder alle Geschäfte, die auch darum kämpfen, aufsperren zu können und Einnahmen zu machen. So ist es auch bei uns im Fußball. Wir kämpfen darum, wieder spielen zu können, wenn es möglich ist zu spielen.
LAOLA1: Halten Sie es für möglich, den Antrag auf Aufstockung noch einmal einzubringen?
Baumgartner: Das muss man sich erst anschauen. Am liebsten wollen wir die Saison natürlich bestmöglich sportlich zu Ende bringen. Man muss jedoch verschiedenste Sachen berücksichtigen, darf nicht alles zusammenmischen. Das eine sind die Auflagen, die man bekommt, um die Meisterschaft fertig zu spielen. Je besser wir uns in Österreich an die vorgegebenen Maßnahmen halten, desto weniger Infizierte gibt es – den einen oder anderen Infizierten wird es immer geben, das ist bei jeder Grippewelle so. Aber die Österreicher unternehmen derzeit große Anstrengungen, gesund zu bleiben. Wer weiß: Vielleicht ist es in einem Monat schon wieder möglich, ohne Maske einkaufen zu gehen, weil das Virus so weit eingedämmt wurde, dass weniger Gefahr besteht. Ich würde sagen, man sollte es dem Fußball vom medizinischen Standpunkt her nicht so schwer machen, wieder spielen zu können.
Dann muss man zwischen den Ligen differenzieren. In der Bundesliga geht es um viel Fernseh-Geld, das die Vereine noch ausgeschüttet bekommen. In der 2. Liga kosten die Spiele etwas – du hast keine Möglichkeit auf Mehreinnahmen durch Zuschauer. Aber auch das könnte man regeln.
Deswegen haben wir zusammengefasst noch die kleine Hoffnung, dass es erstens vom medizinischen Standpunkt her so weit runtergeht, dass die Auflagen nicht ganz so streng sind, um wieder spielen zu können, und dass den Vereinen vor allem in der 2. Liga entsprechend geholfen werden kann, auch bei Geisterspielen über die Krise hinwegzukommen. Hier braucht es Hilfe, um sich das leisten zu können.
LAOLA1: Finanzielle Hilfe von der Politik?
Baumgartner: Es gibt diverse Gremien, die da mithelfen können. Es ist ein ganz wichtiger Faktor, dass wir zurück zu einem normalen Leben kommen. Der Sport spielt dabei sozialpolitisch eine große Rolle. Wenn wir fünf Monate nicht spielen können, weil die Meisterschaft erst im September wieder los geht, dann wird es sowohl für die Profisportler als auch die Amateursportler in unserer Liga sehr schwierig, wieder in die Gänge zu kommen. Außerdem wissen wir heute ja noch nicht, ob in der neuen Saison im Herbst überhaupt Zuschauer möglich sind. Und es gibt eben den Faktor Gleichberechtigung: Die einen Profiklubs dürfen in Kleingruppen trainieren, die anderen Profiklubs dürfen das nicht. Was ist der Unterschied, und warum gibt es einen Unterschied? Wir können das genauso organisieren wie jeder Klub in der Bundesliga. Durch das Cup-Finale haben wir mit Austria Lustenau ohnehin einen Klub in unserer Liga, dem das erlaubt wurde. So gesehen gibt es einige Themen, die für uns nicht nachvollziehbar und nicht stimmig sind.
LAOLA1: Trotzdem: Tests kosten, keine Zuschauer – das Kosten-Argument ist gerade in der 2. Liga ein gewichtiges.
Baumgartner: Natürlich ist es nicht so einfach zu bewerkstelligen, zu sagen, man spielt jetzt weiter und für die Vereine entstehen halt Kosten. Ich denke aber, das ließe sich organisieren. Nehmen wir die Testungen: Am Anfang war das ein großer Schrecken. Aber mit den vereinfachten Testungen, die es jetzt gibt, könnten fünf oder sechs Spieler in einem Testverfahren getestet werden. Bei uns in Ried hat das Krankenhaus schon Hilfe angeboten. Das sind Dinge, wo ich denke, dass es bei anderen Vereinen auch möglich sein könnte. Aber man muss natürlich aufpassen, dass man nicht alles eins zu eins so übernimmt, wie es in Deutschland ist. Denn der deutsche Fußball hat nun mal mehr Geld zur Verfügung. Sich eine Woche in einem Trainingslager zu kasernieren, ist dort von den Kosten her sicher einfacher umzusetzen als bei uns. Deswegen sollte man es so einfach wie möglich machen – selbstverständlich immer unter Berücksichtigung, dass die Corona-Zahlen weiter nach unten gehen. Dann könnte man die Liga auf sportlich fairem Wege zu Ende spielen.
LAOLA1: Was bedeutet die aktuelle Ungewissheit für die sportlichen Planungen für die kommende Saison. Wie schwierig sind Vertrags-Gespräche, wenn unklar ist, in welcher Liga man spielt?
Baumgartner: Es ist eine schwierige Situation für uns alle, die Planungssicherheit ist bei Klagenfurt und uns noch am wenigsten vorhanden. Die Spieler hätten natürlich eine Riesenfreude – die drängen schon alle, dass es endlich wieder losgehen soll. Das ist schließlich auch unser Beruf. Inzwischen macht sich schon große Verzweiflung breit, weil wir jetzt schon in der siebenten Woche sind, in der individuelles Training auf dem Programm steht, wo sie zu Hause laufen gehen und ihre Krafteinheiten machen müssen. Als die Bilder in den Medien zu sehen waren, dass die Bundesligisten wieder trainieren können, war bei unseren Spielern noch einmal eine größere Sehnsucht zu spüren, sich wieder am Fußball-Feld betätigen zu dürfen.