Die Solidarität, um der die beiden Vereine in den vergangenen Wochen und Tagen geworben haben, gibt es nicht. „Das Ergebnis zeigt, dass bei einem Großteil der Vereine in der aktuellen Situation die wirtschaftlichen Zwänge offenbar zu groß sind“, stellt Klagenfurts Sportlicher Leiter Matthias Imhof richtigerweise fest.
Rieds Finanzvorstand Roland Daxl stößt ins selbe Horn: „Es war eine Abstimmung, in der den Klubs das eigene Hemd wichtiger war, als die Solidarität.“
Bundesliga-Klubs sind – bis auf wenige Ausnahmen – inzwischen zumindest mittelgroße Unternehmen geworden. Wir sprechen hier von GmbHs und AGs, da geht es um Profit, ums Geschäft. Dinge wie Solidarität oder Mitgefühl mit Konkurrenten haben dort, wo der Markt regelt, eben keinen Platz. Das mag dem einen mehr, dem anderen weniger schmecken, hat sich in der Vergangenheit allerdings bei praktisch jeder Abstimmung gezeigt, wenn es um die Verteilung des Geldes gegangen ist.
"Die Erstligisten haben den Zweitligisten somit sehr deutlich klargemacht, dass ihnen ihr Wohl herzlich egal ist."
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Der Anreiz für die zwölf Bundesliga-Klubs, die Rieder und die Klagenfurter in ihren erlauchten Kreis aufzunehmen, war schlichtweg nicht gegeben. Es hätten zwei Vereine mehr am TV-Geld-Kuchen mitgenascht, jedes Stück wäre also ein bisschen kleiner geworden. Das Format hätte geändert werden müssen. Und, und, und…
Und da sind wir auch schon beim nächsten Punkt: Die Vereine wussten offenbar nicht einmal genau, worauf sie sich eingelassen hätten, wenn sie dem Antrag auf Aufstockung zugestimmt hätten. Darauf deutet ein weiterer Antrag der Rieder hin. Der Vorstand der Bundesliga sollte beauftragt werden, eine bessere Entscheidungsgrundlage für eine mögliche Aufstockung zu evaluieren. Der Antrag wurde nicht zugelassen.
Daxl ärgert sich: „Ich finde es schade und kurzsichtig, dass nicht einmal eine richtige Evaluierung seitens des Bundesliga-Vorstands stattgefunden hat. Es hätte tiefgehende Gespräche mit allen großen Partner gebraucht. Wir maßen es uns nicht an, einen Antrag einzubringen, in dem wir über alle Parameter Bescheid wissen, das ist auch nicht unsere Aufgabe. Dafür hätte man alle an einen Tisch bringen müssen, das wurde mit der Abstimmung aber nicht zugelassen.“
Es war jedenfalls zu früh für einen derartigen Antrag der beiden Klubs. Denn die Ablehnung lässt sich diesmal auch noch recht simpel begründen. Rapids Christoph Peschek tut es: „Es muss das Ziel sein, dass die Möglichkeit geschaffen wird, dass die 2. Liga auch den Trainingsbetrieb sowie den Spielbetrieb wiederaufnehmen kann.“
Kurzum, noch ist ja gar nicht beschlossen, dass die 2. Liga abgebrochen wird und es somit keinen Aufsteiger gibt. Da wäre es aus Sicht eines finanziell angeschlagenen Erstligisten ja fast schon fahrlässig gewesen, einer Aufstockung zuzustimmen.
Zumal durch die angepassten Lizenzbestimmungen die Liga nach unten hin praktisch geschlossen wurde, weil Pleite-Klubs trotz Sanierungsverfahrens nicht mehr zwangsabsteigen müssen, sondern weiter erstklassig bleiben dürfen.
Wenn die 2. Liga abgebrochen wird – und das ist immer noch das Szenario, das am realistischsten ist, werden es Ried und Klagenfurt wohl noch einmal versuchen. Am 3. Juni gibt es die nächste Hauptversammlung.
Das Problem aber bleibt: Der Anreiz, die kommende Saison mit 14 Erstligisten zu spielen, fehlt. Und auch das Schreckgespenst, dass sich die beiden Klubs über Rechtswege ihre Plätze an der Sonne erkämpfen, mag niemandem so richtig Angst einjagen. Die Chancen, dass das gelingt, erscheinen ziemlich gering.
Ein Sittenbild der Hauptversammlung zeichnet indes ein anderer Antrag. Austria Lustenau wollte den Bundesliga-Vorstand damit beauftragen, „die Unklarheiten über die organisatorischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten für die Bundesliga sowie für die 2. Liga zu beseitigen und so in Abstimmung mit den Vereinen ein Gesamtkonzept für das Spieljahr 2020/21 vorzulegen“.
Der Antrag wurde aufgrund der Stimmen der Bundesliga-Vereine mehrheitlich abgelehnt. Die Erstligisten haben den Zweitligisten somit sehr deutlich klargemacht, dass ihnen ihr Wohl herzlich egal ist.
Während händeringend nach Lösungen für die aktuell unterbrochene Saison gesucht wird, gerät die kommende nämlich fast ein wenig in Vergessenheit. Man wolle so spät wie möglich starten, am liebsten erst im September, erklärte Liga-Vorstand Christian Ebenbauer am Donnerstag.
Weil aber die Europameisterschaft ansteht, haben die Meisterschaften hinten raus nicht unendlich viel Zeit. Und der Rahmenterminplan ist nur eines von vielen Dingen, die derzeit völlig offen sind.
Nur eines ist fix, und daran ändert sich auch durch die Coronakrise nichts: In der Bundesliga ist sich jeder selbst der Nächste.