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Peter Michorl: Der letzte schwarz-weiße Mohikaner

Peter Michorl: Der letzte schwarz-weiße Mohikaner Foto: © GEPA

Gernot Trauner? Weg. Reinhold Ranftl? Weg. Christian Ramsebner? Weg. Sie werden weniger, die Identifikationsfiguren des LASK.

Wenn man auf den sportlichen Erfolgslauf der Linzer in den vergangenen Jahren zurückblickt, assoziiert man diesen unter anderem mit den oben genannten Namen. Wirft man dann einen noch genaueren Blick auf den LASK-Kader aus der Aufstiegssaison 2016/17, bleiben wenige Akteure übrig, die damals wie heute das Geschehen auf dem grünen Rasen prägen.

Einer davon: Peter Michorl, Gold-Torschütze beim 1:0-Sieg im Hinspiel der UEFA-Conference-League-Quali bei Vojvodina Novi Sad und fest entschlossen, das dritte Mal en suite mit dem LASK in die Gruppenphase eines europäischen Klub-Bewerbs einzuziehen.

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Seit der heute 26-Jährige im Sommer 2014 von den Amateuren der Wiener Austria erst nach Linz ausgeliehen, ein Jahr später fix wechselte, gehört er zum unumstrittenen Stammpersonal des Klubs. Mehr noch, er ist der Taktgeber im schwarz-weißen Ensemble.

Aber wer ist die Nummer acht des Klubs aus der Stahlstadt? Wer ist der Mann mit dem starken linken Fuß, den die Anhänger der Athletiker trotz seiner violetten Herkunft mittlerweile so fest ins Herz geschlossen haben? LAOLA1 mit einem Porträt des letzten Mohikaners der Linzer Aufstiegsmannschaft: Peter Michorl.

Anfangsjahre am Verteilerkreis

Schon im zarten Alter von acht Jahren wechselt der Mittelfeldspieler im Jänner 2004 aus dem Gerasdorfer Nachwuchs zu den "Veilchen", durchläuft alle Akademie-Mannschaften und spielt ab der Saison 2011/12 regelmäßig in der violetten Zweiermannschaft.

Parallel dazu werkt Onkel Josef Michorl jahrelang unter Karl Daxbacher als Co-Trainer - zunächst bei den Amateuren, dann bei den violetten Profis, feiert mit den Violetten 2009 den Cup-Titel.

"Der Peter ist ein starker Charakter. Dass er jetzt Vater ist, macht ihn noch stärker."

Ex-Trainer Andreas Heraf über Michorl
Jugend bei der Austria - viele bekannte Gesichter
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Aber obwohl "Petzi", wie er von seinen Mitspielern gerufen wird, über einen Jungprofi-Vertrag verfügt und Stammgast in den ÖFB-Nachwuchsauswahlen ist, kommt er in Wien-Favoriten nicht wie gewünscht zum Zug. In der UEFA Youth League sorgt er zwar 2013/14 mit Prokop, Horvath und Co. für Furore, erzielt in sieben Spielen drei Tore und zwei Assists, doch bei den Profis bekommt er keine Chance.

Bei der U19-Europameisterschaft 2014 in Ungarn spielt sich Michorl weiter ins Rampenlicht, zieht mit dem ÖFB-Nachwuchs ins Halbfinale ein und steht dabei in drei von vier Spielen in der Startelf.

Mit der Wiener Austria einigt er sich auf einen leihweisen Abgang, der LASK, damals in der 2. Liga beschäftigt, schlägt zu.

Michorl wird nicht nur am Fußballplatz "reifer"

Der Schritt aus dem gewohnten Umfeld erweist sich als richtig, der Mittelfeldmann gehört sofort zum Stammpersonal und sammelt Erfahrung im Profi-Bereich.

Zurück zu "seiner" Austria geht es nach dem Jahr in Oberösterreich aber nicht. Der LASK sichert sich die Dienste des damals 20-Jährigen dauerhaft und holt gleichzeitig mit Oliver Glasner von der SV Ried einen neuen Cheftrainer.

Das ändert die Sachlage für das Talent. Glasner ist mit Michorls Lebenswandel unzufrieden, der Wiener ist zu Saisonbeginn nur Ergänzungsspieler, pendelt zwischen Tribüne und Ersatzbank.

Aber "Petzi" versteht, was sein Trainer von ihm verlangt. Um ein paar Kilogramm erleichtert, greift der Jung-Papa - er wird mit 18 Jahren Vater - ab der 10. Runde an. Er ist aus der Stammformation nicht mehr wegzudenken, absolviert das Gros der Spiele über 90 Minuten.

Im "Kurier"-Interview sagt er damals, dass ihn auch die Geburt von Sohn Leon "reifer" gemacht habe. Das bestätigt der damalige U19-Teamchef und heutige Ried-Trainer Andreas Heraf: "Der Peter ist ein starker Charakter. Dass er jetzt Vater ist, macht ihn noch stärker." Und das sei alles andere als selbstverständlich: "Für andere kann das in diesem Alter natürlich belastend sein."

Denker und Lenker

Michorl beweist das Gegenteil, beflügelt vom familiären Rückhalt legt er in den folgenden Saisonen noch das sprichwörtliche "Schäuferl" nach. Er wird unter Glasner zum Denker und Lenker in der Mittelfeldzentrale, sein linker Fuß wird zuerst im Titeljahr, später in der Bundesliga eine gefürchtete Waffe der Linzer Offensive.

Die Rückkehr von Gernot Trauner in die oberösterreichische Landeshauptstadt trägt dazu bei, dass Michorl seine Scorer-Zahlen weiter in die Höhe treibt. Stehen im Aufstiegsjahr zwei Treffer und zehn Assists in Liga und ÖFB-Pokal zu Buche, lässt er im ersten Jahr in Österreichs höchster Spielklasse elf Volltreffer und sieben Vorlagen folgen.

Wer mit einem Einbruch rechnet, wird enttäuscht. Sagenhafte 20 Assists gelingen dem Mann mit der Rückennummer acht in der Spielzeit 2018/19 wettbewerbsübergreifend. Michorl hält die Zahlen hoch, auch der Abgang von Förderer Glasner hinterlässt bei ihm keine Spuren.

In seiner ersten Saison mit der Teilnahme in der Gruppenphase eines europäischen Klub-Bewerbs schafft er mit 27 Scorer-Punkten eine persönliche Bestmarke. Wieder gelingen ihm 20 Vorlagen in den verschiedenen Bewerben, dazu darf der Stratege über sieben eigene Tore jubeln.

Transfergerüchte und das verflixte siebte Jahr

Dass die konstant starken Leistungen über kurz oder lang Begehrlichkeiten wecken, ist auch den Verantwortlichen der Athletiker klar.

Immer lauter werden die Rufe, Michorl solle doch endlich den Schritt ins Ausland wagen. Außerdem wird immer wieder über eine Rückkehr zur Wiener Austria spekuliert. Doch der umworbene Akteur wischt etwaige Gerüchte gewohnt konsequent zur Seite.

Nachdem Austria-Funktionär Ralf Muhr 2019 in einem Interview "keinen Bedarf" im Mittelfeld ortet, richtet Michorl unmissverständlich aus "sowieso beim besseren Verein zu sein". Zumindest kurzfristig dürfte sich diese Aussage als richtig herausgestellt haben.

Neue Rolle nach Abgängen von Trauner, Ranftl
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Mit dem Schritt ins Ausland will es aber weiter nicht so richtig funktionieren, trotz der Zusammenarbeit mit Onkel Josef, der die Karriere als Berater eng begleitet. Ein Engagement beim deutschen Traditionsklub Hamburger SV zerschlägt sich und so soll Michorl unter dem damaligen LASK-Neo-Trainer Dominik Thalhammer eine Führungsrolle einnehmen.

Mit aufgebessertem Arbeitspapier und ausgestattet mit der Rückennummer zehn will Michorl die Thalhammer-Ära entscheidend mitprägen, doch das "verflixte siebte Jahr" im schwarz-weißen Trikot hält für den sonst so stabilen Taktgeber eine durchwachsene Saison bereit.

Aufgrund zahlreicher Verletzungen in der LASK-Offensive wird er immer wieder von seiner angestammten Position abgezogen und agiert in der offensiven Dreier-Reihe des mittlerweile LASK-typischen 3-4-3-Systems. Eine Rolle, die Michorls Stärken nicht wie gewohnt zur Geltung bringt.

Der sonst so unumstrittene Stammspieler ist plötzlich nicht mehr gesetzt, Thalhammer übt immer wieder leise Kritik an den Leistungen Michorls, der in der Saison-Endphase auch deutlich weniger Spielzeit als zuvor erhält.

Neustart mit alter Rückennummer

Ein Abgang steht nach einem sowohl persönlich als auch mannschaftlich eher verkorksten Spieljahr aber nie zur Debatte. Vielmehr wird Michorls langjähriger Partner im zentralen Mittelfeld, James Holland, mehr oder weniger degradiert (mehr Infos >>>).

Michorl selbst zeigt in den ersten Saisonspielen prompt altbekannte Qualitäten. Vier Scorer-Punkte stehen nach den ersten fünf Saison-Pflichtspielen zu Buche. Übrigens wieder mit der "alten" Nummer acht. Die zehn auf dem Rücken ist Geschichte. "Weil ich abergläubisch bin", klärt der neue-alte Achter auf.

Auch sonst ist Michorl wieder ganz der Alte. Haut im Spiel dazwischen und im Interview danach auf den Tisch. So auch zuletzt nach dem 1:1-Remis bei der WSG Tirol, als er den Ausgleichstreffer von Mamoudou Karamoko vorbereitet und im Nachgang des Spiels nichts von Defensiv-Problemen wissen will.

"Heute haben wir drei Torchancen zugelassen und bisher nur zwei Gegentore erhalten. Wir lassen uns das nicht schlechtreden", stellt der Mittelfeldmotor unmissverständlich klar und nimmt den in seinen ersten Auftritten noch etwas hölzern wirkenden Neuzugang Dario Maresic aus der Schusslinie.

Ein Leader eben, den die Linzer nach den Abgängen von Trauner, Ranftl und Ramsebner auch abseits des Platzes dringend benötigen. Dass Michorl, der letzte Mohikaner, auf dem besten Weg ist, in deren Fußstapfen zu treten, bewies er nicht nur im Hinspiel gegen Vojvodina.

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