Rapid und das Allianz Stadion: Immer noch keine grüne Hölle!

Bundesliga-Saisonen im Allianz Stadion:

Der Eindruck, dass Rapid einen überschaubaren Heimvorteil genießt, hat sich in den letzten Saisonen noch verfestigt.

Zwar steigt Grün-Weiß immer mit einer leicht positiven Bilanz aus, mehr aber nicht. Ein Punkteschnitt von 1,68 über die gesamte "Ära Allianz Stadion" ist ausbaufähig, der Trend zeigt sogar nach unten.

Zumal die Abrechnung von der herausragenden Saison 2020/21 nach oben gerissen wird, in der Rapid zehn seiner 16 Heimspiele gewinnen konnte und nur dreimal als Verlierer vom Platz musste.

Es war dies jene Saison, in der coronabedingt längste Zeit keine und anschließend nur sehr begrenzt Zuschauer auf die Tribünen strömen konnten. Dass die eigene Kulisse nicht nur beflügeln, sondern je nach Situation auch ein Druckfaktor sein kann, wäre eine Theorie, der mit einem einzigen Anschauungsbeispiel die empirische Grundlage fehlt. Und diese hoffentlich nie bekommen wird - mögen die leeren Stadien der Coronazeit ein ewiges Ding der Vergangenheit sein und bleiben.

In der aktuellen Spielzeit zeichnet sich ein ähnliches Bild ab wie letzte Saison, die mit Endrang fünf nicht zufriedenstellend verlief. Die fünf Niederlagen hat Rapid bereits jetzt eingestellt, mit der Austria, Salzburg, dem LASK und Sturm warten die vier schwersten Heimspiele noch auf ihre Neuauflage. Es könnte am Ende der Saison leicht sein, dass die Rapid-Fans 2022/23 am öftesten mit einer Niederlage im Gepäck aus dem Allianz Stadion strömen mussten.

Auswärtsbilanz in den Allianz-Stadion-Saisonen:

Zur Gegenüberstellung das Abschneiden Rapids in der Fremde im gleichen Zeitraum.

2022/23 lässt sich kaum ein Unterschied ausmachen, zumal der Eindruck vor dem Großteil der Meisterrunde noch recht repräsentativ ist. Ein Sieg weniger, ein Remis mehr - ansonsten ist die Ausbeute daheim wie auswärts ident.

2021/22 war das schwache Abschneiden in fremden Stadien zwar hauptverantwortlich für die schlechte Endabrechnung, mit Ausnahme dieser letzten Saison und jener 2016/17 ist der Unterschied zur Heimbilanz aber nicht eklatant genug, um noch von einem echten Heimvorteil für Rapid sprechen zu können.

2019/20 waren die Hütteldorfer auswärts sogar eher zu fürchten, im Jahr zuvor war die Auswärtsbilanz mit jener daheim zumindest deckungsgleich.

Die letzten sieben Bundesliga-Saisonen im Gerhard-Hanappi-Stadion:

*inkl. Platzsturm-Derby (0:3 strafverifiziert)

Dass sich die Situation eben seit der Eröffnung des Allianz Stadions eklatant verschlechtert hat, zeigt der Vergleich: In den letzten sieben Jahren im altehrwürdigen Hanappi-Stadion war Rapid - meistens - eine Heimmacht.

Im vorletzten Jahrzehnt waren Heimniederlagen sogar die Ausnahme. Mehr als zwei Niederlagen in einer Saison waren schon überdurchschnittlich viele - bei zwei Spielen pro Saison mehr! Viermal war der Punkteschnitt sogar deutlich über 2,0 angesiedelt - ein beeindruckender Wert, der im Allianz Stadion zumeist völlig utopisch erscheint.

Freilich: In 14 Jahren hat sich auch in Sachen sportlicher Voraussetzungen viel getan, ist Rapid durch manchen Umbruch gegangen und die Ligaspitze näher zusammengerückt. Ganz entsprechend dem Selbstanspruch Rapids als zumindest zweite Kraft im Lande lässt sich aber festhalten: Als dieser Status noch ein solides Fundament hatte, war die Heimstärke einer der Faktoren zu diesem Erfolg. Dieser Faktor ist verloren gegangen.

Die beiden Bundesliga-Saisonen im Ernst-Happel-Stadion:

Der Vollständigkeit halber: Auch in den beiden Saisonen, die während des Baus des Allianz Stadions im Prater absolviert wurden, gab es eine bessere Heimbilanz als in der neuen Heimat.

In 36 Spielen gab es nur sieben Niederlagen und sieben Remis, beide Spielzeiten wurden als Vizemeister abgeschlossen.

Auch der letzte "Heim"sieg in einem Derby gelang im Happel-Oval. Am 17. April 2016 sorgte Tomi mit seinem Goldtor für einen 1:0-Erfolg. Und damit fast genau auf den Tag vor sieben Jahren - vielleicht wird es in diesem Zusammenhang zu einer grün-weißen Glückszahl.

Bilanz im Allianz Stadion gegen...

Die Aufdröselung zeigt auch: Rapids Derby-Misere ist zwar auffällig erschreckend, aber die Bilanzen in "großen Spielen" - auch jenen gegen Red Bull Salzburg und Sturm Graz - halten mit den Ansprüchen einfach nicht Schritt.

Besonders gegen die "Bullen" raschelten die Zahlen eklatant in den Keller. Im Vergleichszeitraum ab 2007/08 bis 2013/14 konnte Rapid gegen Salzburg sogar leicht positiv abschneiden (7 Siege, 2 Remis, 5 Niederlagen, 24:21 Tore)! Seit dem Stadionwechsel gelangen in zwölf Spielen nur mehr ein Sieg und zwei Remis.

Auch Sturm hatte in Hütteldorf schon weniger zu melden. Rapids vier Niederlagen in zwölf Spielen sind zwar noch ein akzeptabler Wert, dem stehen aber nur drei volle Erfolge gegenüber.

Übrigens: Auch das Hanappi-Stadion war zuletzt kein guter Boden mehr, wenn es um grün-weiße Derbysiege geht. Einer Serie von fünf Siegen zwischen März 2008 und März 2010 folgten sechs Derbys ohne vollen Erfolg, erst das allerletzte Duell mit der Austria im alten Stadion konnte mit einem 3:1 wieder gewonnen werden.

Auffällig gut ist hingegen die Allianz-Stadion-Bilanz gegen den LASK mit sieben Siegen aus neun Spielen.

Die Übersicht:

Die Gegenüberstellung unterstreicht: Um zu einem ähnlichen Mythos zu werden wie sein Vorgänger, hat das Allianz Stadion - oder doch die Mannschaft, die in ihm werkt - in den nächsten Jahren noch Aufholbedarf.

Aus wirtschaftlicher Sicht war die neue Heimstätte aber ein Quantensprung, der Rapid in neue Sphären hebt. Damit hat das Allianz Stadion auf Umwegen seinen Anteil am sportlichen Abschneiden.

Jetzt braucht es nur noch ein paar Heim-Derbysiege und die eine oder andere Partie, über die länger gesprochen wird, um einen "Fluch" abzuschütteln, einen Ruf aufzubauen und die Anhänger endgültig mit ihrem Zuhause anzufreunden.

Alle Statistiken bezogen von transfermarkt.at