Frage: Das Ständige Neutrale Schiedsgericht hat Hartberg gestern die Lizenz erteilt. Wie beurteilt man aus Sicht der Bundesliga nach einmal „Darüberschlafen“ diese Entscheidung?
Reinhard Herovits: Es ist nach wie vor aus unserer Sicht überraschend, und zwar aus doppelter Hinsicht: Einerseits haben unsere beiden Gremien (Anm.: Senat 5 und Protestkomitee) die Sachlage anders entschieden. Das kann natürlich immer wieder einmal passieren, dass man das dann anders beurteilt. Das andere Thema sind die zwei Verweigerungsgründe. Einerseits der Fristverzug bei der Ausgliederung. Das wurde vom Schiedsgericht anders - und zwar als verbesserungsfähiges Kriterium - interpretiert. Hier werden wir wohl mit einer Adaption des Lizenzierungsverfahrens künftig entgegenwirken. Der zweite Punkt ist die Budgetdarstellung der Stadionfinanzierung. Das hat mich wirklich überrascht. Während unsere Instanzen gemeint haben, dass diese Darstellung nicht vollständig ist, hat das Ständige Neutrale Schiedsgericht das anders gesehen, wonach meines Erachtens nach die Gleichbehandlung der Klubs nicht gewährleistet ist.
Frage: Können Sie als Bundesliga-Vorstand diese Entscheidung aus rechtlicher Sicht nachvollziehen, auch wenn es nicht Ihrer Meinung entspricht?
Herovits: Nein, unseres Erachtens ist es nicht nachvollziehbar. Es ist auch der Satz gefallen: Es ist ein spezieller Einzelfall. Wir werden natürlich noch die Beschlussausfertigung, die erst in ein paar Wochen zu erwarten ist, eingehend analysieren und schauen, welche Schrauben wir künftig drehen müssen. Eines hat sich jetzt schon gezeigt, dass wir den Verfahrensablauf aus zeitlicher Sicht, auch wegen der künftigen Play-Off-Spiele, anders gestalten müssen.
Frage: Dem Vernehmen nach wurden gestern noch Unterlagen nachgereicht. Das ist laut Regularien nicht vorgesehen. Warum wurde das dennoch zugelassen?
Herovits: Das Schiedsgericht hat dies dezidiert angeordnet. Da gibt es zwei Sichtweisen: Einerseits ist dies eine Neuerung der Unterlagen, andererseits – und so hat es das Schiedsgericht gesehen – ist es eine Werterhellung. Es war also eine Konkretisierung eines Dokuments, das in der Lizenzierung bereits dabei war.
Frage: Ein Punkt, warum Hartberg die Lizenz bekommen hat, ist wohl auch, dass die Auslagerung des Spielbetriebs in eine Kapitalgesellschaft in den Lizenzierungsregeln in Punkto Zeitpunkt zwei Mal unterschiedlich formuliert wird. Einmal mit der Frist bis 15. März (Lizenzabgabe) und einmal so, dass es reicht, wenn es irgendwann in der Saison passiert.
Herovits: Der Senat 5 hat in der zweiten Instanz erläutert, worum es sich bei der zweiten Formulierung (Anm., dass es reicht irgendwann in der Saison auszulagern) handelt. Und zwar ist das ein Relikt aus der Vergangenheit, denn früher war die Ausgliederung bekanntlich nicht zwingend. Im Endeffekt war dieser Punkt aber nicht ausschlaggebend, warum Hartberg die Lizenz doch bekommen hat, sondern eher die Interpretation der Ausgliederung als verbesserungsfähiges Kriterium und die Werterhellung mit den vorher bereits besprochenen nachgereichten Dokumenten.
Frage: War dem Ständig Neutralen Schiedsgericht das Risiko einer möglichen Klage vor einem zivilen Gericht im Endeffekt zu groß? Oder anders gesagt: War die Unsicherheit zu groß, dass man diese Klage verlieren könnte?
Herovits: Ich als Nicht-Jurist hätte kein Risiko gesehen und interpretiere die Entscheidung des Ständig Neutralen Schiedsgerichts auch nicht so, dass es aus diesem Grund passiert ist. Das Ständig Neutrale Schiedsgericht hat die Situation rechtlich einfach anders gewürdigt.
Frage: In den vergangenen Tagen gab es auch viel Kritik, dass die Fristen der dritten Instanz zu knapp an den Relegationsspielen liegen. Kann man da noch optimieren?
Herovits: Ja, das werden wir mit den Klubs besprechen und das war auch schon geplant, weil wir aufgrund der Play-Off-Spiele das Verfahren zeitlich umstellen müssen.