Die Stellungnahme der Ultras im Wortlaut:
Einige Personen aus verschiedenen Gruppen des Block West haben sich in den letzten Monaten sehr intensiv mit der bevorstehenden Wahl beschäftigt. Sie haben sich umfassende Gedanken zur aktuellen Situation gemacht, waren im Austausch mit verschiedenen Vereinsvertretern, mit Mitgliederinitiativen und mit den Kandidierenden. Im Folgenden wollen wir deren Einschätzungen mit der breiten Masse teilen und eine Wahlempfehlung für die Liste von Martin Bruckner aussprechen.
Die aktuelle Situation ist für alle von uns etwas Neues. Da nun feststeht, dass am 25. November 2019 erstmals in der Geschichte Rapids zwei Listen um die Nachfolge des aktuellen Präsidiums werben, haben wir uns dazu entschlossen, einen für uns ebenfalls besonderen Schritt zu gehen. Wir wollen an dieser Stelle als interessierte Mitglieder und als Menschen, die Rapid 24/7 leben, ausführlich Stellung nehmen.
Es ist erfreulich, dass das Interesse an ehrenamtlichen Leitungsfunktionen in unserem geliebten Verein derart groß ist. Das zeugt von jenem lebendigen Mitgliederverein, den wir uns alle immer gewünscht haben. Trotz der Vor- und Nachteile eines solchen Wahlkampfes sind wir der Meinung: Die Zeit ist reif dafür.
Für eine demokratische Rapid
Die Voraussetzung für eine gute und objektive Entscheidung bei der bevorstehenden Wahl ist nun aber, dass Transparenz vorherrscht und sämtliche Aspekte kritisch durchleuchtet werden, die für eine Wahl durch die Mitglieder notwendig sind. Dazu wollen wir einen Beitrag leisten und unsere Einblicke, die wir über Vertreter im Wahlkomitee, eigene Recherchen und über viele Jahre gewachsene Erfahrung gewinnen konnten, an dieser Stelle teilen. Seit Montag sind darüber hinaus die beiden Konzepte im Mitgliederbereich verfügbar.
Die besten Ideen sollen obsiegen und es soll die Frage beantwortet werden, was den SK Rapid so besonders, so einzigartig und so liebenswert für seine Anhänger macht. Wir sind davon überzeugt, dass die Bedeutung des Block West für das viel zitierte einzigartige Stadionerlebnis und die damit verbundenen nahezu sportunabhängig hohen Zuschauerzahlen einen unschätzbaren Wert für den Verein darstellt, den jeder anerkennen muss, der es mit dem SK Rapid gut meint. Die Befindlichkeiten der Fanszene sollten bei dieser Wahl jedoch nicht im Vordergrund stehen. Bei dieser Wahl geht es um viel mehr: Nämlich um die Zukunft Rapids.
Was in den letzten Jahren geschah
Die Ära Krammer hat den Verein in eine neue Zeit geführt. Als kritische Zeitgenossen haben wir an diesem Prozess auch so manches auszusetzen. Neben der dringend notwendigen finanziellen Konsolidierung ist es seit 2013 allerdings auch gelungen, den Verein und viele interne Abläufe auf professionelle Beine zu stellen und – damals für viele unvorstellbar – ein neues Stadion zu realisieren. Für uns steht im Vordergrund, dass es dem Verein und seinen Protagonisten trotz aller Widerstände gelungen ist, das Weststadion in Hütteldorf zu errichten und so unsere alte Heimat zu erhalten. Das ist für viele heute selbstverständlich, doch Hand aufs Herz: Was wäre tatsächlich passiert, wenn es die Übersiedlung in einen anderen Bezirk gegeben hätte? Vielleicht sogar ans andere Ende der Stadt? Ein Horrorszenario, das sich niemand von uns ausmalen will und den Verein wohl für immer verändert hätte! Darin sehen wir die zentrale Leistung des scheidenden Präsidiums.
Gescheitert ist der Verein in den letzten Jahren eindeutig an den sportlichen Ansprüchen. Keines der gesteckten Ziele wurde erreicht. Trotz einiger – vor allem internationaler – Highlights bleibt eine durchwachsene Bilanz, an der es nichts zu beschönigen gibt. Die Hauptschuld daran geben wir zahlreichen sportlichen Ho-Ruck-Entscheidungen und der fehlenden Infrastruktur im Nachwuchsbereich.
Nachwuchszentrum darf nicht zum Politikum werden. Kritik geht ins Leere!
Wir sehen in der vor wenigen Wochen präsentierten Zwei-Stufen-Lösung einen großen Fortschritt in der Nachwuchsausbildung und damit in weiterer Folge auch für den Profibetrieb und können die Einzelentscheidungen, die dazu führten, nachvollziehen. Der SK Rapid hat den bürokratischen Hürdenlauf geduldig ertragen und sich fachlich gut aufgestellt. Positiv hervorzuheben ist die Lösung im Wiener Stadtgebiet, die letztlich den Vorzug vor anderen geprüften Varianten erhalten hat. Wir hoffen und wünschen uns, dass die Sportstadt Wien ihrem Namen gerecht wird, die letzten Hürden in beiderseitigem Einvernehmen demnächst genommen werden und dass mit der Realisierung im kommenden Jahr begonnen werden kann.
Wir sind der Meinung, dass es dazu – entgegen anderslautender Meldungen – keine Finanzierungshilfen von Investoren samt etwaiger „Gegenleistungen“ braucht. Das Trainingszentrum wird neben dem Stadion ganz bestimmt der zweite große Meilenstein der letzten Jahre und somit die Basis für zukünftige Erfolge sein. Da wir an diesem Ort unserem Nachwuchs die fundamentalen Werte unseres Vereins näherbringen wollen, sprechen wir uns auch gegen einen Sponsor als Namensgeber aus. Vielmehr sollte unser Nachwuchs dort mit der Geschichte und den Gründervätern des SK Rapid in Berührung kommen. Neben der Vermittlung der nötigen sportlichen Fertigkeiten müssen dort die Werte Rapids hochgehalten werden.
Im Sport muss sich etwas ändern! Aber was?
Selbstredend verfolgen beide Listen dasselbe Ziel, nämlich endlich wieder sportlich erfolgreich zu werden. Immerhin beschäftigt uns dieses Thema alle: Wie kann es sportlich wieder aufwärtsgehen und wie kann ein höheres Level über einen längeren Zeitraum gehalten werden? Hier stellen wir uns zunächst die Frage nach der Rolle des neu zu wählenden Präsidiums. Wenn wir eingangs von Ho-Ruck Entscheidungen gesprochen haben, so ist das neue Team als Leitungs- und Kontrollgremium gefordert, eben solche zu vermeiden. Das kann nur gelingen, wenn Experten eingebunden und klare Vorgaben gesetzt werden. Hier liefert das Konzept der Liste Bruckner unserer Ansicht nach brauchbare Ansätze.
Die Ideen der Liste Schmid/Grüneis lesen sich wie eine sportwissenschaftliche Seminararbeit, die inhaltlich mit der Arbeit des hauptamtlichen Apparats mitzuhalten versucht. Daher sind direkte Vergleiche kaum zulässig, weil die Herangehensweisen beider Konzepte offensichtlich völlig unterschiedlich sind. Man müsste die Sportabteilung mit den Ideen konfrontieren, um seriöse Einschätzungen zu erhalten. Dennoch wissen wir aus der Vergangenheit: Versprochen wurde uns noch vor jeder Wahl der sportliche Aufstieg. Wir sehen das nüchtern und wollen uns von schönen Worten nicht blenden lassen.
Die Unabhängigkeit des SK Rapid ist ein zentrales Anliegen
Woran soll sich eine Entscheidung für eine zur Wahl stehende Listen nun aber orientieren? Der SK Rapid ist kein Verein wie jeder andere. Er nimmt nicht nur aber speziell in Österreich eine ganz besondere Stellung ein. Für viele ist der SK Rapid eine große Familie, eine untrennbare Gemeinschaft mit einer einzigartigen Geschichte. Für viele ist er der Sinn des Lebens. Der SK Rapid gehört niemandem außer seinen Mitgliedern. Rapid schöpft die meiste Kraft aus der großen Fangemeinschaft. Daher werben wir als Fankurve bereits seit einiger Zeit dafür, dass sämtliche Menschen, die im Block West stehen, auch Rapid-Mitglieder sein sollen. Diesen Weg wollen wir fortsetzen und weiter intensivieren. Es ist unser langfristiges Ziel, dass jeder in der Kurve Vereinsmitglied ist.
Der viel zitierte Mitgliederverein sollte nicht nur zu Wahlzeiten im Mittelpunkt stehen. Weil Rapid ganz einfach mehr ist als „nur“ ein Fußballverein, gilt es speziell diesem Umstand einen ganz hohen Wert beizumessen. Das vor wenigen Jahren von den Mitgliedern selbst erarbeitete Leitbild stellt das gemeinsame und nicht verhandelbare Fundament dieser Gemeinschaft dar. Wir können und müssen stolz auf diese Sonderstellung sein, die wesentliche Voraussetzung für die mit Abstand größte Fanbasis und den grenzenlosen Enthusiasmus ist – auch in schwierigen Zeiten.
Um dieses hohe Gut auch künftig zu erhalten, ist die Unabhängigkeit von politischen Entscheidungsträgern und von potenten Geldgebern eine zentrale Voraussetzung. Die Zusammenführung der Listen Grüneis/Schmid vereint auch das Unbehagen über genau diesen Umstand. Der Immobilienhai Michael Tojner will seine Millionen offensichtlich nur dann lockermachen, wenn er „seine Liste“ durchsetzt. Wenn dann noch Legende Kurt Garger in einem offenen Brief von der „Öffnung des Vereins gegenüber Investoren“ spricht, ist allerhöchste Vorsicht geboten. Investor ist nicht gleich Sponsor. Ein Investor will Rendite, will Anteile, will ein Stück vom kollektiven Kuchen. Dieser Punkt wird medial sicher abgeschwächt oder gar bestritten werden, doch Tojner hat sich schon in der jüngeren Vergangenheit dadurch ausgezeichnet, dass er sich beim Weiterverkauf von Spielern beteiligen wollte, falls er deren Kauf unterstützt. Und dieser Herr soll als Pate für den Nachwuchs agieren dürfen?
Auch die im Vorfeld dieser Wahl belegbaren politischen Interventionsversuche stimmen uns nachdenklich und sind in Kombination mit oben genannten Investoren so ganz nebenbei auch höchst fragwürdig.
Positionierung des SK Rapid in Liga und gegenüber Behörden war richtig!
Die Kritik an der Haltung des SK Rapid in externen Gremien wie der Bundesliga oder gegenüber diversen Behörden können wir nicht nachvollziehen. Ganz im Gegenteil: Wir sind stolz, dass es gelungen ist, dem SK Rapid dort Profil zu verleihen und Vereinspolitik mit Ecken und Kanten zu leben. Wie oben beschrieben nimmt unser Verein in Österreich wohl eine Sonderstellung ein, die nur von wenigen anderen traditions-, fan-, und mitgliederorientierten Vereinen wie zum Beispiel dem SK Sturm nachvollzogen werden kann. Daher stellt sich für uns im Umkehrschluss die Frage: Wem gegenüber und inwiefern soll sich der SK Rapid nach Meinung der Kritiker anbiedern oder diplomatischer verhalten? Wenn es darum geht, dass der Rest der Bundesliga mit Salzburg-Leihspielern versorgt wird und das wettbewerbsverzerrend wirkt, oder wenn TV-Gelder, die sich an Zuschauerzahlen orientieren (woran sonst?) zu unseren Lasten gekürzt werden sollen? Gerade die letzten Jahre haben oft genug gezeigt, dass uns Vertreter der Exekutive, bestimmte Journalisten, Neider und sportliche Mitbewerber nicht immer nur aus sachlichen Gründen angefeindet haben. Das Profil zu wahren ist unabdingbar, wenn wir uns morgen noch in den Spiegel schauen wollen.
Es geht um Rapid – geht es wirklich um Rapid?
Noch vor wenigen Wochen standen sich Robert Grüneis und Roland Schmid unversöhnlich gegenüber. Die rasche Fusion sorgte bei uns für Verwunderung. Ebenso, dass eines der beiden Konzepte dafür vollständig verworfen wurde und es so nur zu einer personellen, nicht aber einer inhaltlichen Fusion gekommen ist. Ebenso zeichnet sich ab, dass in den nächsten Tagen jedem alles versprochen wird und alles so erzählt wird, wie die jeweiligen Bedarfsgruppen das tendenziell hören wollen. Dass ab dem 26. November viele Versprechen nicht zu halten sein werden, liegt damit auf der Hand. „Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann“ besagt ein altes Sprichwort. Das gilt umso mehr im Umfeld des SK Rapid.
Wir möchten dennoch betonen, dass wir auch mit der Liste Schmid/Grüneis eine gute Gesprächsbasis haben. Die vielen überraschenden Wendungen der letzten Wochen haben jedoch dazu geführt, dass wir den Protagonisten nicht vertrauen. In einem Wahlkampf strahlen oft jene, die sich besser inszenieren können, die über gute Berater und bessere Marketingstrategien verfügen. Das soll bei Rapid jedoch nicht wahlentscheidend sein. Die vage Aussicht auf zukünftigen sportlichen Erfolg, der uns an jeder Ecke versprochen wird, darf nicht dazu führen, dass Grundprinzipien unseres Vereins über Bord geworfen werden. Der Blick auf das Wesentliche sollte auch in dieser sportlich oft trostlosen Situation nicht verloren gehen! Wir warnen hiermit davor, den Verlockungen einzelner zu erliegen.
Für uns sind vor diesem Hintergrund Martin Bruckner und sein Team am 25. November die bessere Wahl.