Endlich geht es wieder los.
Die deutsche Bundesliga startet in die Rückrunde.
Mit dabei sind etliche Österreicher. Genauer gesagt hat sich die Zahl der Legionäre um drei Personen vergrößert: Karim Onisiwo wechselte von Mattersburg zu Mainz, Martin Hinteregger von Salzburg zu Gladbach und Alessandro Schöpf von Nürnberg zu Schalke.
Je nach Zählweise schnüren nun 19, 20 oder 21 österreichische Fremdarbeiter in der Bundesliga ihre Fußballschuhe. Denn Samuel Radlinger (Hannover) und Ivan Lucic (Bayern) gehören als vierte Torhüter ihres jeweiligen Klubs zwar offiziell zum Profi-Kader, spielen aber de facto nur bei der zweiten Mannschaft. Mit Michael Langer, der in Bremen gerade ein Probetraining absolviert, könnte noch ein weiterer österreichischer Schlussmann den Sprung nach Deutschland schaffen.
Vor der Rückrunde wollen wir die Aussichten von 20 ÖFB-Legionären an Hand von 20 Fragen beurteilen: Wird 2016 das Jahr des Michael Gregoritsch? Muss Martin Harnik ausgerechnet vor der EM bei Stuttgart auf das Abstellgleis? Und hält Zlatko Junuzovic dem großen Druck in Bremen stand?
Samuel Radlinger (Hannover): Glück in der Liebe, Pech im Spiel?
Sportlich läuft es beim 23-jährigen Torhüter wahrlich nicht nach Wunsch. Auf Leihe konnte er sich bei Rapid nicht durchsetzen, in Hannover ist er weiterhin nur die Nummer drei. Statt der deutschen Bundesliga sind 15 Herbst-Einsätze in der Regionalliga Nord das Höchste der Gefühle. Sonst läuft's. Mit einer Frau wie Sila Sahin liiert zu sein, kann schon über die eine oder andere Enttäuschung hinwegtrösten. Sportlich muss aber langsam mehr kommen.
Florian Grillitsch (Bremen): Wohin führt sein Aufstieg?
Trotz des dunklen Werder-Herbstes war der 20-jährige Newcomer ein Lichtblick. In Deutschland sieht man im Mittelfeld-Akteur einen angehenden Jungstar, seine unbekümmerten Auftritte machen Lust auf mehr. "Florian ist der Beweis, dass der Werder-Weg funktionieren kann", meint Werder-Sportchef Thomas Eichin zur "Bild". Grillitsch ist der einzige hochgezogene Profi, der sich etablieren konnte. Die Hoffnung ist groß, dass er einmal Millionen einspielt. "Er ist nicht verkrampft, sieht Fußball als Spiel. Er nimmt nicht alles so ernst und hinterfragt sich permanent. Florian ist ein cooler Hund", lobt Eichin.
Zlatko Junuzovic (Bremen): Hält er dem Druck stand?
Vor einem Jahr demonstrierten Fans für einen Verbleib des 28-jährigen Mittelfeldmotors. Sie wurden erhört, Juno verlängerte bis 2018. Im Herbst war plötzlich alles anders. Neues System, Formkrise, laut "Bild" nur mehr Mitläufer – hieß es. Doch Werder weiß, was es an seinem Vize-Kapitän hat. Der ÖFB-Teamspieler wird sich selbst aus dem Sumpf ziehen, nach seiner Schulterverletzung stärker zurückkommen und für die EURO in Schuss bringen. Dass er es kann, hat er in den meisten seiner 118 Spielen in der deutschen Bundesliga bewiesen.
Florian Klein (Stuttgart): Behauptet er sich gegen den Weltmeister?
„Sie sollen sich gegenseitig antreiben“, sagt Rubin Dutt. Der VfB-Sportdirektor hat im Jänner einen neuen Konkurrenten für den Rechtsverteidiger verpflichtet. Es ist niemand geringerer als Weltmeister Kevin Großkreutz. Der Ex-Dortmunder könnte Klein seinen Stammplatz streitig machen. Vielleicht kommen beide aber auch gleichzeitig zum Einsatz. Denn sowohl Klein als auch Großkreutz haben schon Erfahrungen im Mittelfeld gesammelt.
Martin Harnik (Stuttgart): Vor der EM am Abstellgleis?
Die Zeichen stehen auf Abschied. Sein Vertrag in Stuttgart läuft mit Saisonende aus. Gut möglich, dass der VfB den Topverdiener los werden will. Regelmäßige Einsätze könnten für den 28-Jährigen deswegen schwierig werden. Im Zweifelsfall wird sich Neo-Coach Jürgen Kramny für einen Perspektivspieler entscheiden, anstatt den auf einen Abgang schielenden Routinier zu forcieren. Zumal Harnik noch ein paar Wochen verletzungsbedingt pausieren muss. Schwierige Monate stehen ihm bevor.
Hallo Martin, schön dich wieder auf dem Trainingsplatz zu sehen! ✋ Unsere Nummer 7 trainiert heute Vormittag individuell: Arbeiten fürs Comeback.
Posted by VfB Stuttgart 1893 e.V. on Montag, 18. Januar 2016
Heinz Lindner (Frankfurt): Wird Spielpraxis überschätzt?
Bis 2017 läuft sein Vertrag in Frankfurt noch. Sofern nichts Außergewöhnliches passiert, wird der ÖFB-Goalie die Zeitspanne bis dahin als Nummer 2 absitzen. Denn an seinem überragenden Vordermann Lukas Hradecky gibt es kein Vorbeikommen. Hat sich sein Abgang von der Austria in diesem Fall überhaupt bezahlt gemacht? Das hängt davon ab, wie viel der 25-Jährige im Training lernt. Vielleicht ist die höhere Trainingsintensität bei Frankfurt für seine Entwicklung wertvoller als Spielpraxis in der österreichischen Bundesliga.
György Garics (Darmstadt): Weiß er, wo das Tor steht?
Einst sprach Didi Constantini ihm die nötigen Qualitäten für das Nationalteam ab, weil er als Außenverteidiger zu wenige Treffer erzielen würde. So absurd der Vorwurf auch klingen mag, ein Torjäger wird aus ihm nicht mehr. Auf Klubebene hat er in seiner 14-jährigen Profi-Karriere nur sechs Mal getroffen. Sein letzter Treffer datiert vom 30.10.2013. Für Darmstadt traf er im Herbst nur in den eigenen Kasten. Ob er uns im Frühjahr überraschen kann?
Alexander Manninger (Augsburg): Macht er es wie David Seaman?
Eigentlich wollte Arsene Wenger den Österreicher als Nachfolger von David Seaman bei Arsenal aufbauen. Doch der Engländer dachte nicht ans Aufhören. Manninger konnte sich nicht durchsetzen. Er verließ die „Gunners“ 2001, während Seaman erst 2004 als 41-Jähriger seine Handschuhe an den Nagel hing. Mittlerweile gehört der Augsburger selbst zum alten Eisen. In ihm haben die Schwaben die perfekte Nummer 2. Gut möglich, dass es der 38-Jährige Ex-Kollege Seaman nachmacht, seinen Vertrag verlängert und das Karriere-Ende ein weiteres Mal aufschiebt.
Ramazan Özcan (Ingolstadt): Setzt er Almer unter Druck?
Nur Manuel Neuer hat im Herbst öfter zu Null gespielt als der Ingolstadt-Goalie. Kein Wunder, dass Coach Ralph Hasenhüttl trotz der hochkarätigen Konkurrenz in Form von Örjan Nyland auf den Vorarlberger als Nummer 1 setzt. Agiert „Rambo“ auch im Frühjahr in Hochform, darf sich sein ÖFB-Konkurrent Robert Almer keine Aussetzer erlauben. Sonst könnte vor der EURO noch eine Torhüter-Diskussion aufkommen.
Markus Suttner (Ingolstadt): Wann macht er sein Freistoß-Tor?
Aufgrund eines Mittelfußbruches muss der Ex-Austrianer noch bis Ende Februar pausieren. Vor seiner Verletzung machte er sich in Deutschland aber schon als ausgezeichneter Freistoß-Schütze einen Namen. Seine Versuche mit dem linken Hammer verfehlten ein paar Mal nur knapp das Ziel. Kommt "Sutti" nach seiner Pause wieder in die Gänge, scheint ein Treffer nur eine Frage der Zeit.
Lukas Hinterseer (Ingolstadt): Reichen seine Pressing-Fähigkeiten zum Stammplatz?
Als einziger ÖFB-Legionär bestritt Lukas Hinterseer jedes einzelne Hinrunden-Spiel. Doch sein Stammplatz bei Ingolstadt wackelt gewaltig. Elias Kachunga und Neuzugang Dario Lezcano drängen in die Startelf. Hinterseer könnte seine schwache Torausbeute (1 Saisontreffer) zum Verhängnis werden. Sein großer Pluspunkt: Für Hasenhüttls Angriffspressing ist seine Laufstärke enorm wichtig.
Michael Gregoritsch (HSV): Wird 2016 sein Jahr?
Seine Torquote in der ÖFB-U21 ist der Wahnsinn: 9 Tore in 5 Spielen. Im Frühjahr soll es nun auch beim Verein so gut klappen. „Zehn Treffer wären klasse“, setzt sich der dreifache Saiontorschütze gegenüber der „Bild“ ein ehrgeiziges Ziel für das Saisonende. Geht sein Aufstieg so weiter wie bisher, könnte 2016 jedoch tatsächlich sein Jahr werden – als HSV-Publikumsliebling und EURO-Teilnehmer.
Philipp Hosiner (Köln): Darf er bei den Geißböcken bleiben?
Bis Ende April entscheidet sich, ob der 26-jährige Stürmer zu Stade Rennes zurückkehren muss oder ob die ausleihenden Kölner die Kaufoption um rund 1,8 Millionen Euro ziehen. Zehn Einsätze, ein Tor - nach überstandener Krebserkrankung der Schritt in die richtige Richtung, aber es geht noch mehr. Manager Jörg Schmadtke will die Frist abwarten, erst spät entscheiden. Und Trainer Peter Stöger, der Hosiner schon von der Austria kennt? "Ich glaube an ihn." Die Zeichen stehen auf einen Verbleib.
Julian Baumgartlinger (Mainz): Klopft doch noch ein Top-Klub an?
Kein anderer Spieler hat im Herbst so viele erfolgreiche Tacklings gemacht wie der 28-Jährige. Die Mainzer wissen, was sie an ihrem Kapitän haben. Er ist einer der verlässlichsten Sechser der Liga. Erst im letzten Jahr hat er seinen Vertrag bis 2019 verlängert. Ob er diesen auch erfüllt, entscheidet sich in den nächsten Monaten. Eine starke Rückrunde samt souveränen EM-Auftritten könnte noch einmal größere Klubs auf den Plan rufen, ihn zu verpflichten.
Team Austria! :)Karim #Onisiwo & Julian Baumgartlinger #05inMarbella
Posted by 1. FSV Mainz 05 on Donnerstag, 7. Januar 2016
Karim Onisiwo (Mainz): Kann er seine Spielweise adaptieren?
Im Durchschnitt kam der Ex-Mattersburger im Herbst auf 10,6 Dribblings pro Spiel. Ein abstrus hoher Wert, der gleichzeitig zeigt, welche Narrenfreiheit Onisiwo bei den Burgenländern hatte. In Mainz wird das anders sein. Der 23-Jährige muss lernen, wann der Sicherheitspass dem Eins-gegen-Eins-Duell vorzuziehen ist. Vorerst muss der Wiener nach dem Vertragsstreit mit Mattersburg aber sowieso noch auf seine Spielberechtigung warten.
Michael Gspurning (Schalke): Muss er zurück in die Regionalliga?
Alles deutet auf eine neuerliche Rochade hin. Als Vertreter der Nummer eins, Ralf Fährmann, kam der 34-jährige Steirer im Herbst nur zu einem Pokal-Einsatz. Durch die Rückkehr des zuletzt verletzten Fabian Giefer scheint der ÖFB-Keeper nur mehr die dritte Kraft zu sein. Damit ginge es zurück in die Regionalliga West, wo er schon im Frühjahr 2015 spielte. Wird er bei den Profis gebraucht, war bisher aber immer Verlass auf ihn.
Alessandro Schöpf (Schalke): Springt er noch auf den EURO-Zug auf?
Die Entwicklung des 21-jährigen Tirolers zeigt steil nach oben. In Nürnberg legte der Offensivspieler seine Reifeprüfung ab, bei Schalke soll die Kür folgen. Aber Vorsicht! Als fünftteuerester ÖFB-Transfer aller Zeiten sind die Erwartungen groß, die Konkurrenz namhaft - zudem sind die Königsblauen als Haifischbecken bekannt. Bekommt Schöpf seine Chancen und kann er mit dem Druck in der deutschen Bundesliga umgehen, wird aber auch ÖFB-Teamchef Marcel Koller über ihn nachdenken müssen.
Der zweite Wintertransfer ist perfekt: Die neue Nummer 21 im #Schalke-Trikot heißt Alessandro Schöpf! http://s04.de/_SchöpfTransfer
Posted by FC Schalke 04 on Samstag, 9. Januar 2016
Martin Stranzl (Gladbach): Verlängert er seine Karriere zum x-ten Mal?
Alles schaut danach aus. Gladbach scheint nicht abgeneigt, setzt weiter viel Vertrauen in den Kapitän und Routinier, der die junge Mannschaft führen soll. Körperlich hat der 35-Jährige auch gezeigt, dass er als einer der besten Verteidiger der Liga mehr als mithalten kann. Würde es den Abwehrchef nicht noch immer jucken, hätte er schon nach seiner zuletzt langen Verletzungspause die Karriere beendet. Aber eine Fortsetzung scheint zu folgen.
Martin Hinteregger (Gladbach): Wie meistert er die richtungsweisenden Monate?
Der Verteidiger ist gefordert. Jetzt oder nie heißt die Devise. In Gladbach werden Eskapaden wie zuletzt in Salzburg nicht geduldet, sonst ist er schneller weg, als er glaubt. Sportlich hat der 23-Jährige zweifelsohne die Anlagen, zum Nachfolger von Stranzl zu werden. Darauf baut Gladbach, dorthin wollen ihn die Verantwortlichen bringen. Wichtig wird sein, dass er sich auf das Wesentliche konzentriert.
David Alaba (Bayern): Welche Position erfindet er diesmal?
Im Herbst musste er bei den Bayern oft als Innenverteidiger aushelfen. Was er dabei auf den Platz zauberte, kannte man davor nicht. Er agierte als Mischung aus Mittelfeldspieler und Abwehrmann. Der „Hybridverteidiger“ war geboren. Nach dem „inversen Außenverteidiger“ bereits die zweite Position, die der 23-Jährige unter der Ägide von Pep Guardiola erfunden hat. Ein halbes Jahr bleibt der Katalane noch in München. Man darf gespannt sein, was er und Alaba für die Rückrunde in petto haben.