Auf Nachfrage von LAOLA1 will die sportliche Führung der Breisgauer jedoch nicht Stellung zu kursierenden Transfergerüchten nehmen.
Rob Groener aus seiner Beratungs-Agentur meint gegenüber "FussballTransfers": "Nach drei Jahren muss Philipp gucken, dass er weiterkommt."
Wobei er einen Abschied aus Madrid nicht als beschlossene Sache einstuft: "Wenn es Chancen geben sollte, warum sollte er nicht bleiben? Am Ende entscheidet Real. Ihm gefällt es dort sehr gut. Mittlerweile spricht er auch die Sprache fließend."
Dennoch: Momentan scheint Freiburg der Favorit auf die Dienste des Innenverteidigers zu sein. Was macht den Verein aus dem Breisgau "zum idealen nächsten Schritt"? Wie verfährt Real mit Talenten, die am Sprung sind?
LAOLA1 beleuchtet die Situation aus den Blickwinkeln des SC Freiburg und Real Madrid:
DIE PERSPEKTIVE FREIBURGS:
Im Juli feiert Lienhart seinen 21. Geburtstag. Von seinem Alter her passt der Ex-Rapidler also bestens ins Beuteschema des Europa-League-Aspiranten, der mit Christian Streich über einen Trainer verfügt, der schon so manches Talent geformt hat.
Der SC Freiburg hat sich über die Jahre den Ruf eines guten Sprungbretts erarbeitet und ein exemplarischer Blick auf einige der Abgänge in den vergangenen Jahren belegt dies:
- PAPISS DEMBA CISSÉ (kolportierte Ablöse 12 Millionen Euro): 31 Bundesliga-Tore in eineinhalb Jahren münzte Freiburg im Jänner 2012 zu ordentlichen Einnahmen um, als Premier-League Verein Newcastle anklopfte. 2010 überwiesen die Deutschen "nur" 1,5 Millionen an den FC Metz.
- MATTHIAS GINTER (10 Millionen): Der Innenverteidiger wurde 2014 noch als Freiburg-Spieler Weltmeister und wagte nach dem Turnier im Alter von 20 Jahren den Sprung zu Borussia Dortmund, wo er allerdings ein wenig Anlaufzeit benötigte.
- ADMIR MEHMEDI (8 Millionen): Für den Schweizer fand sich auch nach dem Abstieg 2015 ein Käufer, und zwar schlug Bayer Leverkusen zu. Wobei Freiburg in diesem Fall allerdings ein Jahr zuvor selbst sechs Millionen Euro Ablöse an Dynamo Kiew investierte.
- OLIVER BAUMANN (5,5 Millionen): Der Torhüter suchte im Sommer 2014 eine neue Herausforderung und fand sie in Hoffenheim, wo er sich aktuell Hoffnungen auf die Champions League machen darf.
- DANIEL CALIGIURI (4,5 Millionen): Schaffte wie Ginter oder Baumann aus der eigenen Jugend kommend den Sprung und wurde 2013 an den VfL Wolfsburg verkauft. Inzwischen auf Schalke regelmäßig im Einsatz.
- ROMAN BÜRKI (3,5 Millionen): Auch der Schweizer Goalie verabschiedete sich nach dem Abstieg und avancierte zur Nummer eins bei Borussia Dortmund.
- JONATHAN SCHMID (3,5 Millionen): Der Franzose mit österreichischen Wurzeln verabschiedete sich ebenfalls 2015 und ist inzwischen ein Leistungsträger bei Hoffenheim. Er kam in der U19 zu Freiburg, wo derzeit sein für die ÖFB-U18 auflaufender Bruder Anthony im Nachwuchs engagiert ist.
- ÖMER TOPRAK (3 Millionen): Auch der Innenverteidiger-Konkurrent von Aleksandar Dragovic durchlief die Freiburger Nachwuchsschule und wechselte 2011 mit 22 Jahren zu Bayer Leverkusen. Im Sommer wird er in Dortmund anheuern.
- MAX KRUSE (2,5 Millionen): Der spätere DFB-Nationalspieler wusste das Sprungbrett Freiburg eindrucksvoll zu nutzen. Auch seine Tore halfen 2012/13, sensationell Rang fünf zu erreichen. Nach nur einer Saison zog er zu Borussia Mönchengladbach weiter.
Auch im aktuellen Kader, mit dem Streich derzeit als Aufsteiger sensationell den fünften Platz belegt, finden sich Hoffnungsträger - so etwa in der Abwehr, die Lienhart bereichern könnte.
Caglar Söyüncü ist nur knapp zwei Monate älter als der Real-Legionär und hat inzwischen schon im türkischen Nationalteam debütiert. Der 20-jährige Innenverteidiger wurde vergangenen Sommer um 2,5 Millionen Euro von Altinordu verpflichtet und hat seinen Marktwert seither schon mehr als verdoppelt.
Vier Millionen Euro macht Freiburg locker, um im Sommer Dortmund-Leihspieler Pascal Stenzel (21), der die rechte Seite beackert, fix zu verpflichten.
Mit Maximilian Philipp (23), Vincenzo Grifo (24), Marc-Oliver Kempf (22), Jannik Haberer (23) oder Christian Günter (24) finden sich weitere Akteure im Aufgebot, die ihren Markwert im Breisgau teils nachhaltig gesteigert haben.
We könnte sich Lienhart in diesem Aufgebot einordnen? Wie groß ist der Freiburger Bedarf an seinen Diensten? LAOLA1 fragte bei Michael Dörfler, Ressortleiter Sport und Freiburg-Experte der "Badischen Zeitung", nach.
"Man darf davon ausgehen, dass mit Georg Niedermeier und Marc Torrejon zwei Innenverteidiger den Verein verlassen. Es blieben mit Manuel Gulde, Marc-Oliver Kempf und Caglar Söyüncü noch drei übrig, von denen Söyüncü und Kempf nicht ewig zu halten sein werden. Sie sind schon heute begehrt. Also sieht sich der Klub nach adäquatem Ersatz um. An einem polnischen U21-Nationalspieler ist man dran, eine Verpflichtung ist aber noch nicht in trockenen Tüchern. Gut möglich deshalb, dass auch Lienhart in den Blickwinkel geraten ist. Der Klub hält sich dazu bedeckt. Wer aber aus Spanien kommt, noch dazu aus Madrid - auch wenn es die zweite Mannschaft ist - ist teuer. Und ob die Freiburger ihrer bisher gezeigten Politik untreu werden, darf doch stark bezweifelt werden. Ausleihe? Wer weiß? Aber höchstwahrscheinlich eher nicht", ist Dörfler skeptisch, dass Freiburg diesen Deal stemmen könnte.
Dass mit Streich der richtige Trainer am Werk ist, um einen Hoffnungsträger weiterzuentwickeln, steht für ihn jedoch fest: "Er widmet sich Talenten mit großer Hingabe, gibt ihnen immer wieder Chancen und lässt sie dabei auch Fehler machen. Sein Credo: Nur daraus lernen sie. Für viele junge Spieler ist er auch so etwas wie ein Ersatzvater, der sich auch um persönliche oder familiäre Dinge kümmert, zumindest mit Rat und Tat zur Seite steht."
DIE PERSPEKTIVE VON REAL MADRID:
Real Madrid ist ein großer Name, ein Team, das um die Champions-League-Titelverteidigung spielt. Trotz einiger Ausnahmen wird der Großteil der Verstärkungen um teures Geld verpflichtet und nicht aus der Castilla geformt.
Dass es für Philipp Lienhart kein leichter Weg werden würde, war dem zurückhaltenden Lilienfelder wohl mit Sicherheit schon 2014 bewusst, als er auf Leihe in Reals Juvenil wechselte und ein Jahr später um 800.000 Euro fix verpflichtet wurde. Der Aufstieg in die drittklassige zweite Mannschaft von Real war die Folge.
Doch die Luft nach oben wurde immer dünner. Der einzige Profi-Einsatz scheint eigentlich gar nicht in der Statistik auf, weil die Copa-Partie gegen Cadiz wegen des unerlaubten Einsatzes von Denis Cheryshev strafverifiziert wurde.
Was Lienhart aber keiner in seiner Entwicklung nehmen kann: Neues Land, neue Sprache, Einsätze unter Zinedine Zidane in der Castilla, Trainings mit den Superstars Cristiano Ronaldo und Co., die Teilnahme an der US-Tour mit Spielen gegen Bayern, PSG und Chelsea sowie ein Profi-Einsatz.
Real experimentiert mit Leihen und Rückkaufoptionen
Auch wenn die Königlichen momentan mit dem Gedanken spielen, Lienhart abzugeben, muss seine Laufbahn beim weißen Ballett noch nicht beendet sein - das zeigen einige Beispiele aus der Vergangenheit.
Sie haben es über Umwege in Reals aktuellen Kader geschafft:
Spieler | Position | erstmals im Profikader | befördert im Alter von | Umweg über |
---|---|---|---|---|
Alvaro Morata | Stürmer | 2013 | 20 | von 2014 bis 2016 bei Juventus, Rückkaufoption |
Lucas Vazquez | Stürmer | 2015 | 22 | 2014/15 Leihe zu Espanyol |
Daniel Carvajal | Verteidiger | 2013 | 21 | 2012/13 bei Bayer Leverkusen, Rückkaufoption |
Viele Youngster, die knapp den Cut verpassten, wurden verliehen. Von den aktuellen Kaderspielern hat sich aber nur Lucas Vazquez danach seinen Platz sichern können. Eine andere Variante: Real lässt sich trotz Verkaufs eine Rückkaufoption in den Vertrag einbauen.
Das war bereits in den Fällen von Alvaro Morata und Daniel Carvajal zielführend. Demnach wäre es durchaus möglich, dass die Spanier auf Nummer sicher gehen, Lienhart im Ausland mehr Einsatzzeit verschaffen wollen und bei guter Entwicklung erneut zuschlagen könnten.
In den letzten vier Jahren schafften zwar auch mehrere andere Spieler offiziell die Beförderung in den Profi-Kader. Dort hielten sie sich jedoch nicht lange, wurden verkauft oder nach Leihen abgegeben. Gute Beispiele dafür sind zum Beispiel Jese Rodriquez oder Denis Cheryshev.
Aktuell verliehen und auf eine Rückkehr hoffen Borja Maroral (VfL Wolfsburg), Jesus Vallejo (Eintracht Frankfurt), Marcos Llorente (Deportivo Alaves) und Martin Odegaard (SC Heerenveen).
Vom Kader her wird sich in nächster Zeit einiges tun - wie fast immer bei Real. In der Innenverteidigung steht Pepe vor dem Abgang, Sergio Ramos ist bereits 31 Jahre alt und Raphael Varane verletzungsanfällig.
Lienhart nicht der einzige Rohdiamant in der Defensive
Bei der weiteren Zukunftsplanung muss jedoch auch abgewogen werden, dass Lienhart bei weitem nicht Reals einziger Rohdiamant in der Innenverteidigung ist, der knapp vor dem Sprung in den Profi-Kader stand.
Sie haben es direkt in den aktuellen Kader von Real geschafft:
Spieler | Position | erstmals im Profikader | befördert im Alter von |
---|---|---|---|
Nacho Fernandez | Verteidiger | 2013 | 23 |
Ruben Yanez | Torhüter | 2015 | 21 |
Mariano Diaz | Stürmer | 2016 | 22 |
Alvaro Tejero (20), Alex Salto (20), Javier Sanchez (20) und eben Lienhart wurden erst zuletzt beim verletzungsbedingten Engpass in der Defensive Chancen eingeräumt. Zum Zug kam jedoch keiner, Zidane deckte die Baustellen lieber intern ab.
Trotz Ausbildung in "La Fabrica" stellt der Unterschied zwischen der 3. Liga und der Primera Division doch eine Hürde da. Alleine deshalb würde eine Luftveränderung für Lienhart wohl Sinn machen - noch dazu in einer Top-Liga wie der deutschen.
Wenn sich Real dann noch das Schlupfloch einer möglichen Rückkehr offen lässt, könnte der ÖFB-U21-Kapitän möglicherweise den Beispielen von Morata, Lucas oder Carvajal folgen.