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Gerhard Struber und das bescheidene Red Bull

Gerhard Struber und das bescheidene Red Bull Foto: © getty

„Am meisten vermisse ich meine Familie. Es ist schwierig, über einen längeren Zeitraum von seinen Kindern und seiner Frau getrennt zu sein. Ich vermisse aber auch ganz einfache Dinge aus Österreich – einen Kaiserschmarrn, ein Schwarzbrot“, sagt Gerhard Struber.

Während die Familie in Salzburg ist, wartet der 45-Jährige in San Jose auf den Saisonstart in der Major League Soccer. Als Head Coach der New York Red Bulls startet er am Wochenende in seine zweite Saison in den USA.

Die Voraussetzungen sind schwierig. Viel ist vom Kader der Vorsaison nicht mehr übrig. Struber berichtet: „Wir mussten wider Erwarten alles auf Links drehen, haben sieben Starter-Spieler verloren und zwei neue Spieler dazubekommen. Außerdem haben wir einige Spieler aus der Akademie und der zweiten Mannschaft hochgezogen. Um ehrlich zu sein, das war nicht der Plan, wir wollten die Mannschaft zusammenhalten.“

Es sind noch Transfers geplant

Sean Davis ist in Nashville, Kyle Duncan in Belgien bei Oostende, Fabio zurück in Brasilien bei Oeste, Andrew Gutman in Atlanta, und so weiter. Mit dem Brasilianer Luquinhas von Legia, der wegen Visa-Problemen aber noch fehlt, und Lewis Morgan von Miami stehen zwei Neuzugänge zu Buche, die wohl sofort weiterhelfen können.

"Es ist die Scheu da, in die MLS zu gehen, weil viele jüngere Spieler nicht sicher sind, wie sie dann zurück nach Europa kommen"

Doch was nicht ist, kann ja noch werden. „Das Transferfenster ist noch bis Ende Mai offen. Wir können und müssen in den nächsten Wochen noch handeln, um mehr Erfahrung in den Kader zu bringen. Wir sind guter Dinge, noch den einen oder anderen Schlüsselspieler dazugewinnen zu können“, sagt Struber.

Spieler aus Europa in die USA zu holen, sei „eine Challenge“. Struber meint: „Es ist die Scheu da, in die MLS zu gehen, weil viele jüngere Spieler nicht sicher sind, wie sie dann zurück nach Europa kommen. Dabei ist die MLS inzwischen ein Sprungbrett für die Top-5-Ligen aus Europa. Außerdem ist die Liga durch die Entfernung und die Zeitverschiebung nicht so greifbar. Die Jungs aus Europa setzen sich mit der MLS nicht so auseinander.“

Dabei entsteht in den USA etwas. Die Zeit, in der die MLS einfach nur noch ein Ort zum abkassieren für abgehalfterte Kicker ist, ist längst vorbei. Struber erzählt: „Es ist ein Riesenflow drinnen, durch die WM 2026 entsteht sehr viel, viele Vereine investieren. Es gibt in vielen Bundesstaaten einen richtigen Hype um Fußball. Es herrscht eine Aufbruchstimmung, eine Euphorie.“

Noch kein Magnet

Aktuell muss er sich aber eben mit einem talentierten, aber sehr unerfahrenen Kader begnügen. Und jene Spieler, die aus der Akademie oder der zweiten Mannschaft kommen, brauchen Zeit.

„Es wäre schön, wäre es so wie in Salzburg, das ist aber nicht der Fall. Was unsere Spielidee angeht, sind wir von der Struktur und Durchgängigkeit her noch nicht so lupenrein wie in Salzburg. Wir sind in Amerika noch nicht der Magnet, der Salzburg in Europa für gute Nachwuchsspieler ist. Wir müssen kleinere Brötchen backen“, erklärt Struber.

"Wenn in Österreich jemand scheitert, ist es ein riesengroßes Problem."

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„Wir haben Spieler verloren, die zum Teil nicht mehr zu halten waren, weil andere Vereine bereit sind, viel mehr Geld in die Hand zu nehmen als wir. Das ist der große Unterschied zu den Red-Bull-Vereinen aus Europa und Brasilien. Wir sind hier sehr bescheiden“, sagt er.

In den USA ist Red Bull meilenweit davon entfernt, der Liga-Krösus zu sein. Struber berichtet: „Andere Vereine aus der MLS zahlen höhere Gagen. Wir gehen einen sehr bescheidenen Weg, den ich mittrage. Ich will hungrige Spieler, die für den nächsten Schritt in ihrer Karriere kämpfen. Es ist der falsche Weg, überzahlte Spieler reinzuholen, die nicht den notwendigen Hunger haben, für die Sache zu kämpfen.“

Entsprechend defensiv geht der Salzburger mit den Zielen für die neue Saison um. „Du brauchst eine sattelfeste Mannschaft, um um die Playoffs zu rittern. Speziell auswärts ist die Atmosphäre besonders, da spielst du vor 30.000 Zuschauern. Für viele meiner Jungs ist das totales Neuland. Es wäre unseriös, bei dieser jungen Mannschaft zu sagen, dass wir in die Playoffs wollen. Aber natürlich ist das ein übergeordnetes Ziel“, so Struber, der vorerst mit seiner Mannschaft aber nur Etappenziele vereinbart.

Die beiden Teams aus Los Angeles hätten „überbordend investiert“, aber auch Philadelphia und New England zählt er zu seinen Titelkandidaten.

Die Teamchef-Frage

Apropos Kandidat. Wie geht der ehemalige Barnsley-Coach eigentlich damit um, dass sein Name immer wieder fällt, wenn über einen potenziellen Nachfolger für ÖFB-Teamchef Franco Foda debattiert wird?

„Einerseits ist es immer eine Ehre, wenn man für so eine Position ins Spiel gebracht wird. Da weiß man, dass man in den letzten Jahren einiges richtig gemacht hat. Ich weiß aber auch, dass mit Franco Foda ein richtig erfahrener, erfolgreicher Teamchef die Dinge anleitet. Ich glaube, die Teamchef-Debatte ist nicht notwendig. Ich finde, er hat das in eine gute Richtung bewegt“, gibt sich der 45-Jährige diplomatisch.

Außerdem scheint ihm das Leben in den USA durchaus zu gefallen. „Es gibt hier in den USA enorme Möglichkeiten, sich persönlich zu entwickeln, einen anderen Blick auf Dinge zu kriegen – den Sport, die Politik, die Wirtschaft“, sagt er.

Der Coach weiter: „Der typische Amerikaner denkt nicht in Zielen, sondern in Visionen. Wir sind in Österreich oft zu fantasielos, um uns richtig viel zuzutrauen. Wenn hier in den USA etwas schiefgeht, denken sie nicht groß darüber nach, da wird die nächste Vision angegangen. Wenn in Österreich jemand scheitert, ist es ein riesengroßes Problem. Da können wir uns von den Amerikanern richtig viel abschauen.“

Und wenn sie dann auch noch Kaiserschmarrn und Schwarzbrot machen könnten…



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