Vergleich mit Tschernobyl
Im TV freilich hat die Liga mehr Zuschauer denn je. Als einer der weltweit noch wenigen spielenden Ligen sicherte sie sich in der Corona-Krise sogar mehrere internationale Fernsehverträge. Grodno-Coach Eduard Gradobojew hilft das aber nur wenig. "Fußball ist für Zuschauer. Natürlich ist das ein Problem", erklärte er.
Harsche Kritik am Weiterlaufen der Liga übte Nikolaj Solotow, ein Weißrusse, der für Ural Jekaterinburg im russischen Oberhaus kickt. In einem Interview mit tribuna.com verglich er die Situation mit jener beim Atomdesaster 1986 in Tschernobyl. Damals versuchte die Sowjetmacht den Ausmaß des Unfalls lange Zeit zu vertuschen. "Niemand weiß wirklich, wieviele Leute krank sind, wo sie sind und wie sie behandelt werden", wurde Solotow zitiert. "Hat sich in 34 Jahren wirklich nichts verändert?"
In der von Staatschef Alexander Lukaschneko seit 1994 autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik wurden aktuell rund 2.226 Coronavirus-Fälle registriert. 23 coronainfizierte Menschen sind gestorben. Die Zahlen stiegen in dem osteuropäischen Land in den vergangenen Tagen rasant an.
Die Führung in Minsk wurde national und international stark kritisiert, weil weiterhin Fußballspiele vor großem Publikum ausgetragen und kaum Maßnahmen zur Eindämmung ergriffen wurden. Lukaschenko redete das Problem als "Psychose" klein und versuchte zu erklären, warum er nicht auf strikte Quarantänemaßnahmen setzt: Natürlich könne er das, erklärte er am Dienstag vor Funktionären, "aber was werden wir essen?"