"Wenn ich die Fotos aus meiner Heimat sehe, dann kommt mir das so unwirklich vor. Es ist wie in einem Horrorfilm. Wir leben im Jahr 2022 und nicht während des Zweiten Weltkrieges"
Dass in Russland eine Menge an Realitätssinn verloren gegangen ist, zeigt die Reaktion des Verbandes auf die FIFA-Intervention. "Jeder, der mit Fußball zu tun hat, ist darüber empört. Das ist reine Politik und hat nichts mit Fußball zu tun", sagt Michail Gerschkowitsch, Mitglied des Exekutivkomitees.
Zudem geht der Verband vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) gegen den Ausschluss von der Frauen-EM in England sowie der Männer-WM in Katar vor.
"Wir leben im Jahr 2022 und nicht während des Zweiten Weltkrieges"
Dass Fußball und Politik eben nicht voneinander zu trennen sind, verdeutlichen die Worte von Andrej Voronin. Der ukrainische Ex-Nationalspieler war Co-Trainer bei Dynamo Moskau und löste seinen Vertrag auf. "Wenn ich die Fotos aus meiner Heimat sehe, dann kommt mir das so unwirklich vor. Es ist wie in einem Horrorfilm. Wir leben im Jahr 2022 und nicht während des Zweiten Weltkrieges", sagt der frühere Stürmer.
In der englischen Premier League nutzen die ukrainischen Profis Oleksandr Zinchenko und Vitaliy Mykolenko die Fußball-Bühne, um Öffentlichkeit für den Schrecken in ihrem Land zu bekommen und Frieden zu fordern.
"Die Ratten verlassen das sinkende Schiff"
In der Heimat ist der Spielbetrieb längst eingestellt. Niemand weiß, wann und wie es dort einmal weitergehen kann. In Russland herrscht aufgrund der Reaktionen und Sanktionen nicht nur Unverständnis, sondern teilweise Trotz.
"Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Solche Leute brauchen wir hier nicht. Die Zahl der Legionäre in der Liga sollte ohnehin reduziert werden, damit unsere Burschen nicht länger die Bank wärmen", sagt der frühere Nationaltorhüter Ansor Kawasaschwili. Vereinzelt gab es sogar Forderungen, Roman Abramovich solle Spartak Moskau kaufen, sobald er Chelsea veräußert hat.
Doch es gibt auch realistischer anmutende Stimmen. "Der russische Fußball fällt zurück in die 90er Jahre", sagt der Spielerberater Wadim Schipnew. "Wir brauchen hochklassige Legionäre, damit unsere Spieler von ihnen lernen und Erfahrungen sammeln können. Lasst uns hoffen, dass es bei allem Negativen auch positive Dinge gibt."