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Sturm: Auch im Erfolg braucht es Kader-Veränderung

Sturm: Auch im Erfolg braucht es Kader-Veränderung Foto: © GEPA

Nach dem sechsten Cupsieg der Vereinsgeschichte posierte die schwarze-weiße Familie vor der eigenen Fankurve für ein Erinnerungsfoto.

Für so manchen Spieler wird seine Zeit beim SK Sturm Graz in der Tat demnächst eine Erinnerung sein.

Dieser Gedanke weckt wiederum eher weniger erfreuliche Erinnerungen an den letzten Cupsieg 2018. Der Vergleich mit damals zeigt die Entwicklung der "Blackies" seither jedoch besonders gut auf.

Zur Erinnerung: Vor fünf Jahren begann der Zerfall der Erfolgsmannschaft nach dem Finalsieg gegen Salzburg relativ flott. Besonders bitter war der Aderlass in Richtung Wien. James Jeggo, Bright Edomwonyi und Christian Schoissengeyr gingen zur Austria, Deni Alar und Marvin Potzmann zu Rapid.

Eine Ablöse kassierte man nur für Alar, der seine Ausstiegsklausel für 600.000 Euro gezogen hat. Dass sich der damalige Kapitän lieber den Hütteldorfern anschloss, war der emotionale Tiefpunkt eines schwierigen Transfer-Sommers.

"Im Erfolg braucht es Veränderung. Das ist wichtig. Denn wenn immer alles gleich weitergeht, ich alle Spieler verlängere und jedes Jahr vier Neue dazuhole, haben wir bald 45 Spieler im Kader. Das geht ja nicht."

Andreas Schicker

"In der Vorsaison haben wir als Ziel definiert, dass wir im Cup so weit wie möglich kommen möchten und sind zu Hause gegen Ried ausgeschieden. Heuer ist im ganzen Jahr 'Cupsieg' ganz oben gestanden. Ich denke, das macht schon auch etwas mit dem Kopf."

Andreas Schicker

Wechsel nach Wien nicht zwingend ein Aufstieg

Auch der aktuelle Cupsieger-Kader wird Abgänge erleben. Der wesentliche Unterschied: Sturm ist viel weniger Passagier als 2018.

Abgänge freiwilliger Natur gehören ebenso zum Plan wie jene, die es sportlich nicht unbedingt braucht - letztere bringen jedoch Geld in die Kassa und sind daher ebenso gewollt.

Dass amtierende Leistungsträger einen Wechsel nach Wien als Aufstieg sehen, erscheint aktuell indes ebenso unwahrscheinlich wie der Umstand, dass die nationale Konkurrenz abseits von Salzburg gewillt wäre, die ausgerufene Ablöse zu bezahlen.

"Der Großteil der Spieler, die beim Cupsieg am Platz waren, hat langfristige Verträge. Das heißt aber nicht, dass sie auch definitiv über den Sommer hinaus in Graz sein werden. Das ist Fußball, das gehört dazu", betont Geschäftsführer Sport Andreas Schicker.

Schicker: Veränderung ist wichtig

Diesbezüglich habe man sich gut abgesichert: "Im Grunde wird keiner ablösefrei gehen, außer wir haben es schon kommuniziert wie beim einen oder anderen."

Auf der Torhüter-Position hat man etwa schon im Winter entschieden, Jörg Siebenhandl zu ersetzen. Im Sommer werden sich die Wege nach sechs Jahren trennen. Auch Ivan Ljubic ist mit seinen Einsatzchancen unzufrieden und wird beim LASK eine neue Herausforderung suchen.

Es sind auch Abgänge wie diese, die man bei Sturm in Kauf nimmt.

Schicker: "Im Erfolg braucht es Veränderung. Das ist wichtig. Denn wenn immer alles gleich weitergeht, ich alle Spieler verlängere und jedes Jahr vier Neue dazuhole, haben wir bald 45 Spieler im Kader. Das geht ja nicht. Also müssen wir schon auch schauen, dass wir das eine oder andere lösen."

Der bestmögliche Spagat zwischen Entwicklung und Erfolg

Gespannt sein darf man, welche Aktien im Sommer den nächsten Schritt wagen. Diese Abgänge gehören zum Geschäftsmodell, sind von vornherein eingeplant und daher auch erwünscht.

Daher teilt Trainer Christian Ilzer auch nicht die Befürchtung, dass die Erfolgs-Mannschaft zerfallen könnte, weil es intern eben keine Befürchtung ist:

"Man hat ja gesehen, dass immer wieder Spieler zu sehr gutem Geld verkauft worden sind. Wir wollen gewinnen, wir wollen erfolgreich sein, aber wir wollen auch Spieler so entwickeln, dass wir sie mit einem wirtschaftlichen Plus verkaufen können. Entwicklung plus Erfolg - hier den bestmöglichen Spagat hinzubekommen, ist in unserer Herangehensweise ganz normal festgeschrieben."

Dies bedeutet eben auch so manchen Abschied: "Uns im Trainerteam ist bewusst, dass der Verein beim einen oder anderen Spieler, wenn er an einem Punkt angekommen ist, zu gewissen Konditionen über einen Verkauf nachdenken muss."

Sturm ist vorbereitet

Diese Strategie funktioniert, so man gleichzeitig Erfolg anstrebt, jedoch nur, wenn man erstens stets potenziellen Ersatz parat hat und zweitens gleichzeitig trotzdem eine gewisse Konstanz im Kader hat, um zu wilde Umbrüche zu verhindern.


"Wir haben so weit vorgedacht und Spieler so weit entwickelt, dass sie nahtlos in diese Positionen springen können. Aktuell findet sich in unserem dichten Kader der eine oder andere nur auf der Bank. Aber wenn wir einen verkaufen müssen, muss die nächste Linie ready sein und nahtlos genauso gut performen können. Das ist unser Weg, den wir sehr fokussiert verfolgen", unterstreicht Ilzer.

Aktuell fallen zum Beispiel Winterneuzugang Bryan Teixeira oder der zwischenzeitlich verletzte William Böving in die Kategorie potenzieller Nachrücker. Bei beiden wünscht man sich bei Schwarz-Weiß auch eine Entwicklung, die das jeweils getätigte Investment am Ende zum Gewinn werden lässt.

"Sollte bei einem unserer Leistungsträger etwas passieren, haben wir im Hintergrund super Arbeit geleistet und sind vorbereitet", verspricht jedenfalls auch Schicker.

Eine tolle Mittelachse mit extrem hungrigen alten Spielern

Der Sportchef wusste auch in der jüngeren Vergangenheit im Fall eines Abgangs zu reagieren - so etwa auch im vergangenen Sommer, als man nach dem Wechsel von Rasmus Höjlund zu Atalanta Bergamo mit Emanuel Emegha, Albian Ajeti und eben Böving nachgerüstet hat.

Gleichzeitig ist nach wie vor der Transfer-Sommer 2020, als man Stützen wie Jon Gorenc Stankovic oder Gregory Wüthrich verpflichtet hat, eine wichtige Basis. Womit wir bei der Konstanz wären.

"Wir haben auf der einen Seite eine tolle Mittelachse mit extrem hungrigen alten Spielern, die immer nach oben schauen und nie zufrieden sind", verdeutlicht Schicker und meint bestimmt auch Kräfte wie Kapitän Stefan Hierländer oder Otar Kiteishvili, der inzwischen auch schon seit bald fünf Jahren für Sturm kickt.

"Auf der anderen Seite dann die Spieler mit hohem Potenzial, die über kurz oder lang ihren Weg gehen und die wir nicht ewig bei Sturm Graz sehen werden. Diese Mischung macht es aus und es macht mich stolz, denn da haben wir, was die Zusammenstellung angeht, sicher viel richtig gemacht", so der 36-Jährige.

Den Cupsieg in den Kopf gesetzt

Dieser Mix hätte durchaus auch im Cup-Finale eine Rolle gespielt: "Wenn du die Automatismen, die wir gegen und mit dem Ball haben, siehst, ist es kein Zufall, dass du Rapid zweite Halbzeit an die Wand spielst. Das muss man ganz klar so sagen, denn wenn es 4:0 oder 5:0 ausgeht, kann auch keiner etwas sagen."

Dazu kommt als ein entscheidendes Puzzleteil dieses Titelgewinns die mentale Herangehensweise. Denn Sturm hat von Beginn der Saison an kein Geheimnis daraus gemacht, dass man den Cup gewinnen möchte und eben nicht auf das angesichts der Salzburger Dominanz in Fußball-Österreich oft verbreitete Understatement gesetzt.

"In der Vorsaison haben wir als Ziel definiert, dass wir im Cup so weit wie möglich kommen möchten und sind zu Hause gegen Ried ausgeschieden. Heuer ist im ganzen Jahr 'Cupsieg' ganz oben gestanden. Ich denke, das macht schon auch etwas mit dem Kopf. Wir haben uns das von Anfang in die Köpfe gesetzt, am Ende gelingt es auch."

Der Geschäftsführer Sport erzählt, dass er im Winter-Trainingslager viele Einzelgespräche geführt habe: "Ich habe bei allen Spielern bemerkt, dass sie es wirklich im Kopf drinnen haben. Oft redet man so dahin, aber das konnte man wirklich spüren. Deshalb hatte ich immer ein gutes Gefühl, dass wir es schaffen."

Nur nicht zurücklehnen!

Dieser Erfolg darf nun gefeiert werden. Neben Ilzer ist auch Schicker jemand, der dies nicht bremst, sondern durchaus forciert. Die Anmerkung, dass er nicht nur Bierduschen kassieren, sondern auch verteilen kann, sei erlaubt, dies hat er in der Mixed Zone gegenüber einigen Reportern bewiesen.

Bei allem Spaß erinnert er gleichzeitig: "Dieser Cupsieg bedeutet für den Verein und für mich irrsinnig viel. Trotzdem darf man sich jetzt nicht zurücklehnen. Wir feiern zwei Tage, aber ab Mittwoch geht wieder das Tagesgeschäft los."

Letztlich kommt Schicker eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, den Erfolg auf möglichst konstante Beine zu stellen. Dass genau in Situationen wie diesen nicht immer die glücklichsten Entscheidungen getroffen werden, weiß man bei Sturm nicht erst seit 2018, das war einst auch schon nach dem Meistertitel 2011 so.

Präsident Christian Jauk hofft jedenfalls, dass der Verein gelernt hat, weiß jedoch auch: "In der Phase des Erfolgs ist die Wahrscheinlichkeit, dass du Fehler machst, natürlich größer, als wenn du unten bist."


@laola1 Jakob Jantscher hat nach dem gestrigen Cupsieg seine Qualitäten als Stimmungsmacher unter Beweis gestellt. 😂📢 #laola1 #l1 #wirlebensport #umfrage #fürdich #sturmgraz #jakobjantscher #jantscher #öfbcup #sturm ♬ Originalton - Laola1.at das Sportportal

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