"Irgendwann findest du dich dann halt ideologisch"
"Für mich wäre ein Investor ein absolutes No-Go, aber ich weiß, dass mein Verein nicht davor gefeit ist, in dieses Fahrwasser zu kippen"
"Ein bisschen mehr Risikobereitschaft macht aufgrund der finanziellen Basis schon Sinn"
LAOLA1: Wie ist die Stimmungslage bei euren Vereinen vor dem Cup-Finale?
Maximilian: Die erste Halbzeit gegen den LASK war ein harter Tiefschlag. Umso schöner, dass am Mittwoch gegen Salzburg wieder die Konstanz da war. Das war ein sehr gutes Spiel gegen einen Gegner, der mit dem SK Sturm vergleichbar ist. Es war eine gute Generalprobe. Ich bin voller Vorfreude.
Jürgen: Für beide Vereine gilt: Die Mittwochsspiele waren Motivations-Booster. Generell besteht ein bisschen Sorge, weil für Sturm diese Favoritenrolle nichts ist, das wir schon über Jahrzehnte hinweg leben. Aber die Papierform ist im Moment so: Wenn die Spiele gegen Rapid normal runterlaufen, gewinnen wir von zehn Spielen sechs oder sieben. Die Stabilität der Mannschaft gibt mir Hoffnung. Ich erwarte, dass wir gewinnen.
LAOLA1: Ihr freut euch also schon.
Jürgen: Das ist ein Cup-Finale, das die Liga auch mal verdient. Es ist an der Zeit, dass es dieses Duell mal vor dieser Kulisse und in diesem Rahmen gibt. Das wird ein großes Ding!
Maximilian: Wenn man an das letztjährige Cup-Finale zurückdenkt, als in diesem Stadion 6.000 Leute waren, bei der Pokal-Übergabe sowieso nur mehr 3.000… Das ist ein absolutes Armutszeugnis für den österreichischen Fußball. Diesmal wird das Spiel eine riesige Werbung für den österreichischen Fußball. Die Fan-Bilder werden in ganz Europa zu sehen sein. Da reisen 30.000 Leute nach Klagenfurt. Da darf es keine Probleme geben.
Jürgen: Raufen tun wir ja eh nicht mehr. (grinst)
Maximilian: Das ist bei diesen beiden Fanszenen schon länger nicht mehr vorgekommen.
LAOLA1: Wie seht ihr das Verhältnis der beiden Fanszenen?
Jürgen: Wir sind "partners in crime" mit dem, wofür die beiden Fanszenen stehen und was sie wollen – Mitgliederverein, etc. Es sind halt auch die einzigen zwei in der Liga, die das mit einer gewissen Manpower ausgestattet auch jedes Wochenende vorführen, was eine Fanszene leisten kann und soll. Irgendwann findest du dich dann halt ideologisch.
Maximilian: Ich würde nicht sagen, dass es keine Rivalitäten gibt, aber es gibt Respekt von beiden Seiten. Ich sehe das positiv. Es ist nicht das Hochrisiko-Spiel, das die eine oder andere Zeitung herbeizuschreiben probiert.
LAOLA1: Ist es für euch okay, in Klagenfurt zu spielen?
Jürgen: Alles andere hätte für uns ein Auswärts-Feeling. Wenn du den Cup in Österreich aufwerten willst, brauchst du einen Cup-Final-Standort, den du beibehältst.
Maximilian: Das ist völlig in Ordnung. Ich denke, die beiden Gegentribünen werden interessante Bilder bieten.
LAOLA1: Wer braucht den Titel eigentlich dringender?
Maximilian: Da möchte ich mich anmelden!
Jürgen: Wenn man den ersten Titel seit 2008 feiern kann, ist es für den Verein wahrscheinlich relativ wichtig. Wenn ich aber auf die gesamte Vereinshistorie zurückblicke, brauchen wir viel dringender noch ein paar Titel.
LAOLA1: Habt ihr Erinnerungen an den letzten Cup-Sieg des SK Rapid 1995?
Jürgen: Peter Guggi! Der ist lustigerweise Autoverkäufer in Graz-Liebenau.
Maximilian: Es wäre mir sehr recht, wenn man ihn künftig medial nicht mehr so oft strapazieren muss. Ich bin 1989 geboren, habe das schon mitbekommen. Ich hatte dann auch VHS-Kassetten darüber und auch vom Finale des Cups der Cupsieger in der Saison darauf.
LAOLA1: Sturm ist 2018 zum bisher letzten Mal Cupsieger geworden. Damals ging es gegen Salzburg. Ist das Cup-Finale diesmal eine emotionalere Sache?
Jürgen: Das ist schwer zu vergleichen. 2018 ist der emotionalste Titel meiner Sturm-Fan-Karriere. Ich schätze das höher ein als die Meistertitel, weil es eben gegen diesen Gegner war. Beim Meistertitel 2011 waren wir irgendwie der Einäugige unter den Blinden. Aber natürlich war das nicht uncool.
LAOLA1: Wie seht ihr das Thema Stadion, das aktuell ja nur noch in Graz eines ist?
Jürgen: Das ist der Nachteil, den Sturm noch einige Zeit mit sich tragen muss. Wir haben kein Allianz-Stadion, das uns gewisse finanzielle Einnahmen ermöglicht, die wir brauchen, um Schritt halten zu können. Wir können nicht planen, dass wir jedes Mal einen Höjlund verkaufen, um das auszugleichen.
Maximilian: In Graz hat schon eine sehr, sehr starke Entwicklung stattgefunden. Man muss aber auch sagen, dass bei Rapid einiges der Transfereinnahmen in den letzten Jahren nicht ins Spielermaterial reinvestiert werden konnte. Der Verein hat viele Millionen in das Stadion und das Trainingszentrum investiert. Dieses "Steine statt Beine" hat uns sportlich wehgetan. Aber es wurde ein sehr gutes Fundament geschaffen.
Jürgen: Das Trainingszentrum ist fast genauso wichtig wie das Stadion. Sturm kann mit der Akademie nicht reüssieren, weil die infrastrukturellen Rahmenbedingungen nicht da sind. Wir kriegen einfach nichts von der Stadt Graz, da sind wir im Nachteil.
LAOLA1: Es läuft wahrscheinlich darauf hinaus, dass in Österreich die 50+1-Regel bald fällt. Das macht die österreichischen Klubs für Investoren attraktiver. Was glaubt ihr, macht das mit eurem Verein?
Maximilian: Für uns ändert das nichts. Wir sind selbstbestimmt und haben eine demokratische Basis. Schaut euch Hertha BSC an, da haut einer 100 Millionen am Tisch und dann gehen die am Ende vielleicht doch in die 2. Liga runter. Ich halte nichts von dieser Idealisierung, dass ein Investor die einzige Möglichkeit ist, um in der heutigen Zeit noch konkurrenzfähig zu sein. Was man verkauft hat, ist in der Regel für immer weg.
Jürgen: Das sind schöne Worte, aber man muss aufpassen, was man sagt. Bei Sturms aktueller Vereinsführung mache ich mir auch keine Sorgen. Aber die Vereinsführung kann wechseln. Es gibt in Graz jetzt schon Stimmen, die sagen: "Wenn wir in Graz nichts von der Politik bekommen, muss uns halt der Investor aus Amerika das Stadion hinbauen." Ich bin froh, dass es im Moment so ist, wie es ist. Aber ich bin lange genug auf der Welt, um vorsichtig zu sein, Sachen als für ewig in Stein gemeißelt zu betrachten. Für mich wäre ein Investor ein absolutes No-Go, aber ich weiß, dass mein Verein nicht davor gefeit ist, in dieses Fahrwasser zu kippen.
Maximilian: Wenn es eine Präsidentschaftsliste gibt, die diesen Weg im Programm hat, und die dann eine Mehrheit bekommt, ist das nicht unmöglich. Es besteht also nicht null Gefahr. Aber es kann nicht passieren, ohne dass sich die Mitglieder mit einer Entscheidung für eine Liste dazu bekennen.
LAOLA1: Es wird erstmals seit 2018 wieder einen neuen Titelträger im Cup geben, auch die Meisterschaft ist spannend wie schon lange nicht mehr zu diesem Zeitpunkt. Kann es eine Kehrseite der Medaille sein, dass der eine oder andere Verein erkennt, dass es doch möglich ist, Titel zu holen, und sich deshalb im Sommer am Transfermarkt finanziell übernimmt?
Jürgen: Diese Sorge haben ich bei uns nicht. Das sind alles gebrannte Kinder, die schon dabei waren, als das zum letzten Mal so war.
LAOLA1: Bei Rapid wird von "in Vorleistung gehen" gesprochen.
Maximilian: Richtig. Rapid hat in den letzten Jahren eher geringes Risiko genommen. Ein bisschen mehr Risikobereitschaft macht aufgrund der finanziellen Basis schon Sinn. Wenn ich auf einer Scoutingliste einen Topkandidaten und dann noch Option 2 und 3 habe, dann muss ich mich schon im Juni mit dem Topkandidaten auseinandersetzen, Ende August gibt es den höchstwahrscheinlich nicht mehr auf der Liste und ich bin bei Option 3, 4 oder 5. Das ist Rapid in den letzten Jahren oft passiert.
LAOLA1: Wenn ihr euch vom jeweils anderen Team einen Spieler für das Cup-Finale ausborgen könntet, welcher wäre das?
Jürgen: Guido Burgstaller. Ich würde ihn auf die Tribüne setzen.
Maximilian: Eigentlich will ich keinen.
LAOLA1: Wo liegen die Schlüsselduelle? Was wird am Sonntag entscheidend sein?
Maximilian: Ich fange mit unserer offenkundigsten Schwäche an. Das ist unser zentrales Mittelfeld. Da gibt es nicht DEN Denker und Lenker. Und die Pressingresistenz der Spieler ist nicht so gut und hoch, wie man das fordern müsste – das gilt auch für die Innenverteidigung. Aber wir haben mit Guido Burgstaller einen absoluten Top-Stürmer.
Jürgen: Wenn Burgstaller einen Monster-Tag hat, ist er auch für unsere Innenverteidigung nicht zu halten. In der Zentrale sind wir eindeutig im Vorteil, wenn Jon Gorenc Stankovic einen einigermaßen normalen Tag hat. Wichtig ist auch, dass Gregory Wüthrich wieder fit ist – er ist der absolute Boss in der Innenverteidigung, vor allem in Schnittpartien.
LAOLA1: Wie ist es um euer Nervenkostüm bei Elfmeterschießen bestellt?
Jürgen: Ich hasse Elfmeterschießen. Gegen Salzburg war das eine sehr unangenehme halbe Stunde.
Maximilian: Ja, fürchterlich. So ein Spiel ist von der Emotionalität her sowieso schon unglaublich…
Jürgen: Und es ist ein absolut unwürdiges Ende für so ein Spiel.
LAOLA1: Wie geht’s am Sonntag aus?
Jürgen: Wir gewinnen 2:0. Emegha und Hierländer treffen.
Maximilian: 1:0 für Rapid durch ein Burgstaller-Tor.