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Die (vermeintliche) Auswärtsschwäche des ÖFB-Teams

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Ein Thema hören die ÖFB-Verantwortlichen nicht so gerne: Die Auswärtsschwäche. Oder die vermeintliche Auswärtsschwäche. Je nach Betrachtungsweise.

Das derzeitige Killerargument: Nordirland.

"Das Pflichtspiel in Nordirland haben wir, auch wenn es spät war, gewonnen", erinnert Sportdirektor Peter Schöttel an den 2:1-Erfolg in Belfast im vergangenen November.

Den Einwand, dass es in dieser Nations-League-Partie für beide Teams im Prinzip um nichts mehr ging, weist er zurück. Man solle die Siege nicht immer kleinreden: "Es ist schon so, dass beide Teams gewinnen wollten und das ist uns gelungen."

Auch Teamchef Franco Foda verweist bei der Frage, was ihn zuversichtlich stimmt, dass sich Österreich diesmal in Nordmazedonien (20:45 Uhr im LIVE-Ticker) auswärts besser schlägt als in Bosnien-Herzegowina oder Israel, auf dieses Match:

"Weil wir es in Nordirland schon gezeigt haben. Man mus bedenken, dass Nordirland in der EM-Qualifikation schon neun Punkte geholt hat. Alle haben gesagt, wir waren in einer leichten Nations-League-Gruppe. Aber anscheinend war sie doch nicht so leicht."

"Man darf sie nicht in einen Spielrausch kommen lassen und wir müssen unerbittlich marschieren und dagegen ankämpfen. Ich glaube, es wird nicht unbedingt ein Leckerbissen, sondern eine Partie auf Messers Schneide."

Stefan Lainer

ÖFB auswärts zumindest anfällig

Sieht man von der in der Fremde makellosen Qualifikation für die EURO 2016 ab, ist das Auswärts-Thema eines, das den ÖFB schon seit langer, langer Zeit begleitet.

Sicherlich präsentierte sich die Bilanz zwischenzeitlich auch schon wesentlich schlechter. Aber gerade in richtungsweisenden Auswärtsspielen oder gar Schnittpartien offenbart sich Österreich seit der EURO 2016 in fremden Gefilden zumindest anfällig.

In der verpassten Qualifikation für die WM 2018 verlor man in Serbien und Wales, beim 1:1 in Irland gab man kurz vor Schluss die Führung aus der Hand. Das war noch unter Marcel Koller.

Unter Anleitung von Foda verpatzte man den Nations-League-Auftakt in Bosnien-Herzegowina mit einer 0:1-Niederlage, das 2:4 in Israel gehört ohnehin zu den meist diskutierten Fußball-Spielen mit rot-weiß-roter Beteiligung in den vergangenen Jahren - beide Pleiten ließen das ÖFB-Team jeweils früh im Bewerb mit dem Rücken zur Wand stehen.

Die übrigen Auswärtsspiele unter Foda: In aller Freundschaft siegte man in Luxemburg 4:0 und verlor in Dänemark 0:2. Dazu kommt besagter Sieg in Nordirland.

Wohl kein Hexenkessel

Nun also Nordmazedonien. Mit einem Hexenkessel sollte das Nationalteam nicht konfrontiert sein. 35.000 Zuschauer fasst die Arena Todor Proeski, erwartet werden nach dem 0:1 gegen Polen am Freitag nur 10.000 bis 15.000 Fans. Bei dieser Begegnung fanden 24.000 Zuschauer den Weg ins Stadion.

"Nordmazedonien hat ein schönes, neues Stadion, also wird es kein so enger, kleiner Platz mit ganz leidenschaftlichen Fans, so wie es früher in Ex-Jugoslawien öfters der Fall war. Wenn wir uns etwas zutrauen, gehen wir einfach davon aus, dass wir fußballerisch besser sind. So viel Selbstverständnis müssen wir haben", meint Schöttel und baut auf eine andere Herangehensweise als in den Negativbeispielen:

"Ich hoffe, dass wir die Lehren aus dem Bosnien-Spiel gezogen haben. Da waren wir phasenweise ein bisschen zu passiv. Wichtig ist, dass gegen Slowenien gewonnen wurde, denn jetzt haben wir mehr Selbstvertrauen. Für die Spieler war es schon schwierig vor dem Spiel, wenn du zwei Monate hörst, wie schlecht du bist und wie schwierig alles ist."

Das Wissen um die eigene Stärke wird genauso entscheidend, wie den Gegner nicht zu unterschätzen.

Lainers Erinnerungen

"Logisch, dass bei Länderspielen der Heim- und Auswärtsfaktor schon noch einmal eine entscheidende Rolle spielt. Es wird ein schwieriges Spiel, aber trotzdem müssen wir das gute Gefühl vom Sieg mitnehmen und einfach alles abrufen. Dann glaube ich, haben wir die Qualität, dass wir dort bestehen können. Aber wir müssen 100 Prozent abrufen, denn sonst kann es dort auch mal in die Hose gehen", warnt Stefan Lainer.

Die Salzburg-Fraktion kennt das Stadion in Skopje bereits: "In der Champions-League-Qualifikation haben wir im selben Stadion gespielt, der eine oder andere mazedonische Nationalspieler war dabei. Da hat man schon gemerkt: Wenn man sie lässt, agieren sie spielfreudig, und auf einmal, wenn sie einen Gusto kriegen, können sie richtig gut Fußball spielen. Dazu darf es nicht kommen und das liegt natürlich an uns."

Einen 1:0-Last-Minute-Erfolg feierten die "Bullen" damals in Skopje gegen Shkendija Tetovo, das Heimspiel hatten sie zuvor mit 3:0 für sich entschieden. Wichtig sei laut Lainer, dass die Nordmazedonier erst gar keinen Gusto bekommen:

"Wir müssen ihnen die Lust nehmen. Man muss sie stören, man darf sie nicht in einen Spielrausch kommen lassen und wir müssen unerbittlich marschieren und dagegen ankämpfen. Ich glaube, es wird nicht unbedingt ein Leckerbissen, sondern eine Partie auf Messers Schneide. Im Endeffekt wird der gewinnen, der den Sieg mehr erzwingen will."

Foda warnt vor Schlüsselspielern

Wie schnell man trotz Führung und vermeintlich souveräner Kontrolle über das Spiel untergehen kann, wenn man diese Vorsätze nicht erfüllt, erlebte die ÖFB-Elf in Israel.

Seither predigt Foda bei jeder Gelegenheit wohl nicht umsonst Fokus über 90 Minuten: "In Israel haben wir relativ früh geführt, waren überlegen - es ging vielleicht zu einfach. Du darfst nie nachlässig werden."

In Skopje wartet so gesehen der nächste Mentalitätstest. Der Teamchef beschreibt Nordmazedonien als sehr kompakte Mannschaft, die jedoch auch aggressiv nach vorne verteidigt.

Zudem würden gefährliche Spieler warten: Goran Pandev hat mit Inter Champions League gespielt. Dazu haben sie junge Spieler, die teils schon bei der U21-Europameisterschaft waren. Mit Enis Bardhi und Eljif Elmas haben sie zwei junge Spieler im Mittelfeld, die extrem guten Speed haben, gut nach vorne spielen. Elmas spielt bei Fenerbahce. Mit Ezgjan Alioski von Leeds United haben sie auf der linken Seite einen guten Spieler. Also sie haben schon Qualität."

Fodas Erkenntnis: "Es gibt ohnehin kein Fallobst mehr heutzutage."

Das trifft auf Nordmazedonien bestimmt zu - und bis zum nachhaltigen Beweis, dass Österreich in der Fremde die Kurve gekratzt hat, gilt es auswärts erst recht keinen Gegner zu unterschätzen. Der erste Schritt dafür kann und soll in Skopje getan werden.

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