"Da muss ich mich wohl selbst nehmen, aber für bessere Spieler hat einfach das Geld gefehlt. Deshalb haben wir das genommen, was wir kriegen konnten."
Mit dieser Aussage sorgte Johann Stöttinger, Obmann des Vereins aus Oberösterreich, im "LT1"-Interview nach der 0:6-Pleite seiner Kicker bei der Union Gurten im August 2021 für Aufsehen.
Auf Nachfrage, wer denn für den Kader zuständig gewesen sei, antwortete der jahrelange Klubkrösus (lotste in der Vergangenheit u.a. als Trainer Christian Mayrleb an die Traun) lapidar: "Da muss ich mich wohl selbst nehmen, aber für bessere Spieler hat einfach das Geld gefehlt. Deshalb haben wir das genommen, was wir kriegen konnten." Den Rundumschlag beendet er mit dem ernüchternden Fazit: "So wird es nicht weitergehen."
(Text wird unter VIDEO fortgesetzt)
Das kuriose Interview im VIDEO:
"So kann es nicht mehr weitergehen."
Der Kader besteht mittlerweile aus einigen Spaniern. Auch der Trainer mit dem klingenden Namen Luis Pombo Pereira Leite stammt als Portugiese von der iberischen Halbinsel. Zufall? Wohl kaum.
Schon seit einigen Jahren heuern immer wieder Kicker aus dem Süden in Stadl-Paura an. Mal mit mehr (u.a. Marco Siverio Toro, aktuell beim SV Horn in der 2. Liga, oder Jefte Betancor, Legionär des Jahres in Rumäniens 1. Liga), mal mit weniger Erfolg.
Generell liest sich das Kaderblatt recht vielfältig. Spieler aus Brasilien, Marokko, Äquatorialguinea oder Nigeria stehen aktuell beim Tabellenletzten unter Vertrag. Ebenfalls auffallend: Nur vier Kicker mit österreichischer Staatsbürgerschaft spielten im Herbst der Saison 2021/22 für den ATSV.
Und auch das hat seine Gründe…
Fehlende Gehaltszahlungen
Nur vier Jahre liegt es zurück, als der Klub mit dem Stadion einen Steinwurf von der Traun entfernt die Regionalliga Mitte mit unbekümmerten Auftritten aufmischte. Bekannte Namen wie Florian Maier (Ex-Kapitän Blau-Weiß Linz), Daniel Raischl (ehemals Liefering, FAC) oder David Poljanec (u.a. Paderborn, Blau-Weiß Linz, Kapfenberg) bildeten mit Akteuren aus der näheren Umgebung eine vielversprechende Mischung.
An der Seitenlinie agierte mit Markus Waldl ein Trainer, der aktuell mit Hertha Wels um den Aufstieg in die zweithöchste Fußballliga Österreichs spielt (überwintert als Dritter nur einen Punkt hinter Tabellenführer SK Sturm Graz II).
Lange lief damals alles nach Plan, der Verein flog förmlich von (Überraschungs)-Erfolg zu Erfolg, beendete die Saison 2018/19 mit 51 Punkten auf dem fünften Tabellenrang.
Doch schon während der Saison kam es immer wieder zu Unstimmigkeiten. Monatelang sollen die Spieler das vereinbarte Gehalt nicht erhalten haben. Streiks der Mannschaft und unzählige Berichte in den oberösterreichischen Medien sollten folgen. Das Ergebnis: Geld sahen viele Spieler überhaupt keines, andere wählten den Weg vor die Gerichtsbarkeit.
Der endete mit einem Urteil zugunsten der Spieler und der Klub dachte sich wohl frei nach dem bekannten Spruch: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.
Südkorea-Abenteuer mit "Goob’ne"
Die Sponsorensuche gestaltete sich für den finanziell angeschlagenen Klub schwierig, ehe man zum Jahreswechsel 2019/2020 im Fernen Osten fündig wurde.
"Der ATSV Stadl-Paura kann nun seinen neuen Hauptsponsor aus Südkorea präsentieren. Dabei handelt es sich um die landesweit größte Fastfood-Kette 'Goob’ne', die ihren zahlreichen Gästen Hühnerfleisch serviert. Der Kontakt kam durch den neuen sportlichen Leiter des ATSV, Herrn Vladan Sumarevic zustande, der ausgezeichnete Kontakte in Südkorea hat", hieß es in der damaligen Aussendung des Klubs.
Wie passend, dass der Verantwortliche aus Südkorea parallel eine Spielerberatungsagentur betrieb und einige seiner Kicker nach Oberösterreich lotste. "In Europa Fuß zu fassen und in weiterer Folge expandieren", lautete das damalige Ziel des Partners, auch eine mögliche Akademie wurde kolportiert.
Mit Beginn der Coronapandemie wurden die Vorhaben schnell verworfen, der Sponsoringvertrag endete deutlich früher als erwartet, auch die finanziellen Probleme waren durch den Deal nie gelöst worden. Trotzdem blieb Stadl-Paura nach der Meisterschaftsannullierung in der Liga.
Es folgten ein Totalumbruch im Sommer und ein Anruf der Staatsanwaltschaft.
Transfers en masse – Abstieg wohl unvermeidlich
Mittlerweile in weiten Teilen des Landes (verständlicherweise) mit dem Etikett "Chaosklub" versehen, gestaltete sich die Suche nach Spielern, Trainern und Sponsoren dementsprechend schwierig. Heimische Akteure mit Regionalliga-Erfahrung wollten das Risiko Stadl-Paura nicht mehr eingehen, so mussten die meist billigeren "Notnägel" aus dem Ausland herhalten.
Als die "Oberösterreichischen Nachrichten" dann im Jänner 2021 auch noch von einer möglichen Verwicklung in Spielmanipulation berichteten (es gilt die Unschuldsvermutung), hielt sich die Verwunderung in Grenzen.
Ein Urteil der ermittelnden Behörden steht hier aber auch im Jänner 2022 noch aus. Für Obmann Stöttinger sei der Verein "schuldlos".
Sportlich stehen die "Stadlinger" nach einem weiteren transferreichen Sommer nun erneut mit dem Rücken zur Wand. Fünf Punkte beeinhaltet das mager gefüllte Konto zur Winterpause, ein Umschwung erscheint aufgrund der zahlreichen Begleitumstände nahezu unmöglich.
Zu verfahren scheint der Karren, das Bild in der Öffentlichkeit ist dementsprechend beschädigt. Helfen könnte wohl nur ein kompletter Re-Start. Selbst der nächste Corona-bedingte Saison-Abbruch (Omikron?) inklusive Klassenerhalt wäre wahrscheinlich nur das (kurzfristige) Fortführen der lebenserhaltenden Maßnahmen.
Selbst für Stöttinger wäre mittlerweile der Abstieg kein "Malheur" mehr, denn schon im August formulierte er treffend: "So kann es nicht mehr weitergehen."