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Grazer Derby-Comeback: Zurück in die Zukunft

LAOLA1 Foto: ©

Exakt 2140 Tage ist es her, dass in Graz das letzte Mal ein Stadtderby zwischen dem GAK und SK Sturm Graz im Erwachsenenfußball stattgefunden hat.

Mit einem 1:1 trennten sich die Rotjacken und die Amateure der „Blackies“ damals am 9. Spieltag der Regionalliga-Mitte-Saison 2012/13 und standen sich seither nicht mehr gegenüber. Am Freitag um 19:02 Uhr - die besondere Uhrzeit verweist auf das Gründungsdatum des Grazer Athletik Klubs - in der Merkur-Arena in Liebenau ist es nun wieder soweit.

Entsprechend vorfreudig ist man im Lager der Roten, sich endlich wieder wettbewerbsmäßig mit dem Erzfeind messen zu können. „Es ist ein besonderes Spiel für uns. Auch wenn es nur ein kleines Derby ist, beziehungsweise es manche gar nicht als Derby sehen, ist es für uns schon ein großer Schritt“, beschreibt GAK-Obmann Harald Rannegger im Gespräch mit LAOLA1 seine Gedanken zu einem der größten Highlights seit der Neugründung 2013.

Die Rückkehr nach Liebenau

Für den GAK 1902 ist es in mehrfacher Hinsicht ein Schritt zurück in die Zukunft. Man steht nicht nur endlich wieder dem SK Sturm – wenn auch nur der zweiten Mannschaft – in einem Bewerbsspiel gegenüber, man kehrt auch zum ersten Mal seit der über sechs Jahren wieder in die nunmehrige Merkur-Arena nach Liebenau zurück.

„Nach rund 120 bis 130 Spielen in Weinzödl kehren wir nach Liebenau zurück. Das ist nichts Dauerhaftes, aber einmal etwas ganz anderes.“

Während beim „alten“ GAK auch nach dem konkursbedingten Zwangsabstieg in die Regionalliga kein Zweifel daran bestand, in Graz‘ größtem Stadion zu spielen, bauten sich die roten Teufel nach der Neugründung ihre Heimat im Trainingszentrum in Graz-Weinzödl Schritt für Schritt auf. Diesen Heimvorteil gibt man nur ungern auf, kam aber bei diesem speziellen Spiel nicht darum herum.

Fanclubs lassen sich „Derby nicht diktieren“

„Dieses eine Mal war es alternativlos. Gratkorn hat keine Bewilligung für mehr Zuseher und bei uns ist es einfach zu eng. Wir könnten die Fangruppen nicht richtig trennen und daher war es auch der Polizei lieber, dass wir ,auswandern‘“, stellt Rannegger klar.

Zu unklar waren die Prognosen, welche fantechnische Dimension das Derby-Comeback annehmen würde. Mittlerweile ist klar, dass der Ansturm wohl geringer sein wird, als man zunächst vermuten durfte.


Das nächste Ziel des GAK: Die Fußball TOTAL Highlightshow der 2. Liga

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)


Dies liegt hauptsächlich daran, dass sich der harte Kern des Sturm-Anhangs früh dazu bekannte, sich dieses „Derby nicht diktieren“ zu lassen und dem Spiel nicht beizuwohnen. In einer offiziellen Stellungnahme distanzierte man sich von der Derby-Propaganda des GAK und forderte die schwarz-weißen Fans dazu auf, dem „finanziell offenbar klammen Verein“ keine Eintrittsgelder durch den Besuch zukommen zu lassen.

Rannegger: „Das ist ein Schwachsinn“

Eine Denkweise, die dem GAK-Obmann zu kleinkariert ist und die er so deshalb nicht stehen lassen möchte: „Das ist ein Schwachsinn und ein ganz schwaches Argument. Das hat nichts mit Fansein bzw. zu seiner Mannschaft stehen zu tun, sondern ist eine engstirnige Rivalität. Das hat nichts von einer sportlichen Rivalität.“

Zudem bedenke man im Lager der Schwarz-Weißen zum einen nicht, dass solch große Spiele und die damit einhergehende und ungewohnte Drucksituation gerade auch für den Nachwuchs des Bundesligisten „enorm wichtig sind“, und zum anderen, dass sich im Frühjahr der Spieß umdreht und Sturm von den GAK-Fans profitiert.

Kommunikative Eiszeit in Graz

Eine Möglichkeit über die Sachlage noch vor dem Derby sachlich zu debattieren, bestand nicht. Seit der Neugründung herrscht zwischen den beiden Rivalen Funkstille, kommuniziert wird wenn nur über öffentliche Stellungnahmen, wie nach den Fan-Krawallen der beiden Kontrahenten im vergangenen November. LAOLA1 berichtete: GAK-Fans attackieren Sturm-Anhänger, Offener Brief des GAK, Antwort des SK Sturm.

Eine Besserung der Lage in naher Zukunft sei nicht in Sicht. Ob es irgendwann zu einer Aussprache oder Annäherung kommen wird? „Das hängt von den handelnden Personen ab. Wer weiß, ob das noch ich sein werde. Aber wir schauen jetzt auf uns. Uns steht es nicht zu, über andere zu urteilen“, setzt Rannegger vorerst einen Schlussstrich darunter.

Bedauern über ausbleibenden Support

Auch auf der Gegenseite trifft man auf diese reservierte Haltung zu dieser Thematik. Der Trainer der Sturm Amateure, Thomas Hösele, will aufgrund seiner rot-weißen Vergangenheit (Leiter der Akademie, sportlicher Leiter der Kampfmannschaft) „keine zusätzliche Brisanz hineinlegen“.

Allerdings bedauert der 49-Jährige sehr wohl, dass die eingefleischten Schwarz-Weißen lediglich durch Fernbleiben und nicht durch stimmgewaltigen Support glänzen. „Jegliche Unterstützung für unsere Jungs wäre natürlich gut. Aber das kann ich nicht beeinflussen, das ist die Entscheidung jedes Einzelnen“, so die diplomatische Sichtweise Höseles.

Dennoch rechne er damit, dass „der eine oder andere Sturm-Sympathisant auf jeden Fall da sein wird“.

Haupttribüne soll im Winter ausgebaut werden

Diese werden jedoch mit einem Platz in den Sektoren 14 bis 27 Vorlieb nehmen müssen, die für dieses Match angemietet wurden. Die Nordkurve, Heimat der Sturm-Fanclubs, wird am Freitag geschlossen bleiben. Man wäre beim GAK 1902 laut Rannegger dazu bereit gewesen, über eine Öffnung zu reden. Da die Absage der Sturm-Fans jedoch relativ bald kam, erübrigte sich dieses Thema für die Rotjacken.

Rannegger ist dennoch zuversichtlich, dass die 4000er-Marke fallen wird. „Bei 3.500 sind wir finanziell leicht pari, wenn mehr kommen, dann haben wir Zusatzeinnahmen.“

An diese Zahlen will man in naher Zukunft auch in der eigentlichen Heimstätte (momentanes Fassungsvermögen 2.500 Personen) des GAK herankommen. In der Winterpause soll der Bau der neuen Haupttribüne vonstattengehen, die Sitzplatz-Kapazität auf dieser Seite von 240 auf 1.000 bis 1.200 erhöht werden. Außerdem ist geplant, die Fanclub-Tribüne auf der Nordseite zu überdachen, um den Hartgesottenen trockene Fußballfeste zu ermöglichen. Die hierfür notwendigen 800.000 Euro von der Stadt Graz wurden bereits bewilligt, rund 300.000 schießt der Verein noch aus eigener Tasche hinzu.

„Das wäre ein Wahnsinn“

Das Geld zu sparen und ob des rasanten Aufstiegs abzuwarten, ob in ein, zwei Jahren eine Rückkehr nach Liebenau nicht ohnehin unausweichlich ist, daran dachte man beim GAK laut seinem Obmann nicht. „Die 2. Liga wäre für uns auch noch in Weinzödl machbar. Das ist unser gewohntes Umfeld, dort kennt man sich und von dem her wäre es ein Wahnsinn, das aufzugeben.“

Außerdem wisse man noch gar nicht, ob ein wirklicher Profibetrieb in nächster Zukunft budgettechnisch zu stemmen wäre und man nicht ohnehin eine Weile in der Regionalliga bzw. 2. Liga verweilen müsste. Für Zweitere wird man aber, Stand jetzt, zumindest einen Lizenzantrag für die kommende Saison stellen.

Können die Rotjacken die Performance der ersten beiden Pflichtspiele – 6:0 im ÖFB-Cup gegen Mannsdorf-Großenzersdorf, 3:0 in der Regionalliga gegen Bad Gleichenberg – über die gesamte Saison bestätigen, dann dürfte dieser Lizenzantrag auch wirkend werden.

Routine gegen jugendliche Unbekümmertheit

Dementsprechend klarer dürften die Vorzeichen im Gegensatz zu vergangenen Duellen und zur eigentlichen Bilanz – drei Siege GAK, vier Siege Sturm II, vier Unentschieden – diesmal sein.

Das liegt nicht nur am eben schon erwähnt starken Saisonstart der Roten, während die „Blackies“ gegen Stadl-Paura mit 1:2 den Kürzeren zogen, sondern vor allem am Blick auf den Kader.

In der Startelf von Sturm standen vergangene Woche insgesamt acht Spieler, die nach dem 1.1.1999 geboren wurden, plus Kapitän Fabian Wetl, der Jahrgang 1998 ist. Lediglich Fabian Schubert und Routinier Martin Ehrenreich, der als einziger bereits Derbyluft in der Regionalliga schnuppern durfte, treiben den Altersschnitt ein wenig nach oben.

Der Stadtrivale aus dem Norden von Graz kann hingegen auf einen viel größeren Erfahrungspool zurückgreifen. „Der GAK ist eine sehr routinierte Mannschaft, die einige Spieler in ihren Reihen haben, die bereits Bundesligaerfahrung vorweisen können. Sie sind eine kompakte, sehr homogene Truppe mit viel individueller Klasse“, weiß Hösele um die Gefährlichkeit der roten Teufel. So waren u.a. Marco Perchtold (SKN St. Pölten) oder auch Dieter Elsneg (SV Ried) bereits in Österreichs höchster Liga tätig.

Was können die jungen Sturm-Kicker dem entgegensetzen? „Die Erfahrung des GAK gilt es für uns zu kompensieren. Fast alle meiner Jungs spielen das erste Mal in so einem großen Stadion und vor so vielen Leuten. Diese Erfahrung gilt es in positive Anspannung zu wandeln und dann am Platz die richtigen Entscheidungen zu treffen.“

Damit das Grazer Derby-Comeback nach 2140 langen Tagen auch hält, was es im Vorfeld verspricht.



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