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WSC-Trainer Weinstabl: Derby of Love statt FAK-Job

LAOLA1 Foto: ©

Wiener Sportclub gegen Vienna - das "Derby of Love".

Das kleine Wiener Derby genießt Kultstatus in der Regionalliga Ost. 6.500 Zuschauer pilgern am Freitag nach Dornbach, um in ganz spezieller Atmosphäre und freundschaftlichem Ambiente das Duell zwischen dem Tabellen-Dritten und -Ersten zu feiern.

Beim WSC an der Seitenlinie steht LAOLA1-Experte Robert Weinstabl - noch immer. Denn trotz Angeboten der Austria und aus der 2. Liga sowie der bestandenen UEFA-Pro-Lizenz sieht er seine Mission in Wien-Hernals noch nicht erfüllt.

Wie er eine Mannschaft motivieren kann, stellte er im irren Kabinenpredigt-Video unter Beweis. Im "Derby of Love" bedarf es hierfür nicht vieler Worte. "Für mich als Trainer ist es das wohl leichteste Spiel des Jahres, weil ich keinen einzigen Spieler motivieren muss. Im Gegenteil, ich muss vielleicht ein bisschen Emotion und Druck herausnehmen, damit wir klar im Kopf sind. Die Mischung aus Vorfreude und Ansprannung wird es letztlich ausmachen", brennt Robert Weinstabl auf das Duell mit der Vienna.

Im LAOLA1-Interview erklärt er darüber hinaus seinen emotionalen Ausbruch bei der Kabinenpredigt, spricht über die Beweggründe für seine Austria-Absage, sich öffenende Türen durch die UEFA-Pro-Lizenz sowie sein "Vermächtnis" und Zukunftsvisionen samt neuem Stadion und Aufstiegs-Ziel beim WSC.

LAOLA1: Gratulation zur UEFA-Pro-Lizenz! Steht man da gleich mit noch breiterer Brust an der Seitenlinie?

Robert Weinstabl: Was sich in den letzten 14 Monaten enorm erweitert hat, ist der Horizont, weil man unglaublich viele Inputs von der Ausbildung mitbekommt. Uns sind unglaublich viele Details in allen Bereichen aufgezeigt worden und es wird bei dieser Ausbildung extrem auf dich als Trainer eingegangen. Du lernst bis ins Detail deine Persönlichkeit aber auch deine taktischen Stärken und Schwächen kennen. Es ist ein Rundum-Paket. Viel davon kannst man im täglichen Tun bei einem Regionalliga-Klub gar nicht umsetzen, aber einiges versuche ich schon anzuwenden.


VIDEO - Gänsehaut! Irre Weinstabl-Kabinenpredigt beim WSC:
(Quelle: Filmprojekt "Come On, Sportclub")


LAOLA1: Die Pro-Lizenz war seit Beginn deiner Trainerkarriere mit 24 Jahren das große Ziel. Mit welchem Thema hast du dich bei deiner Abschlussarbeit beschäftigt?

Weinstabl: "Die soziale Kompetenz eines Trainers – der Fußball im Wandel der Zeit." Ich bin explizit auf die Thematik eingegangen, wie sich die Spieler-Generation von früher zu heute verändert hat und wie ich als Trainer damit umgehen muss. Dafür habe ich mich mit den unterschiedlichsten Trainerbildern beschäftigt – von Happel, Beckenbauer, Magath bis hin zu Nagelsmann, Tuchel, Guardiola oder Klopp. Was mich am meisten interessiert hat, war, dass es auch ältere Trainer gab, die es geschafft haben, sich an die jüngere Spieler-Generation anzupassen. Da war vor allem die Biografie von Carlo Ancelotti sehr interessant. Ein sehr spannendes Thema, wo ich vor allem in puncto Sozial- aber auch Selbstkompetenz sehr viel für mich mitgenommen habe.

LAOLA1: Mit der UEFA-Pro-Lizenz stehen dir nun alle Türen offen. Ist das schlecht für den Sportclub? Denn die Entwicklung der letzten Monate und Jahre kann sich sehen lassen.

Weinstabl: Der Sportclub muss sich überhaupt keine Gedanken machen. Ich lebe im Hier und Jetzt und bin sehr froh, dass ich diese 14 sehr intensiven Monate mit der Pro-Lizenz abgeschlossen habe – denn das war echt Hardcore. Ich versuche einfach beim WSC einen guten Job zu machen, das gelingt mir mit einer tollen Mannschaft auch. Über alles andere mache ich mir keine Gedanken, denn das wird dann ohnehin die Zukunft zeigen.

LAOLA1: Im Sommer gab es bereits konkrete Gespräche mit der Austria, BW Linz und Amstetten. Warum hast du dich noch nicht darauf eingelassen – vor allem nicht auf die Austria, die trotz der schwierigen Situation schmackhaft klingt?

Weinstabl: Da gebe ich dir hundertprozentig recht, aber es wäre die Position des Akademieleiters gewesen. Es war eine sehr wertschätzende Anfrage von Manuel Ortlechner, aber ich will mich noch nicht tagtäglich mit Administrativem oder dem Führen von Trainern beschäftigen – ich will selbst Trainer sein, am Platz stehen, Verantwortung übernehmen und eine Mannschaft entwickeln. Über die Anfragen von Amstetten und BW Linz habe ich mich sehr gefreut, jedoch fühle ich mich beim WSC sehr wohl, genieße eine super Zusammenarbeit mit meinem Sektionsleiter David Krapf-Günter, welcher mir enorm viele Freitheit gibt und habe das Gefühl hier steht noch ein sehr interessanter Weg vor uns.

LAOLA1: Du bist in deine dritte Saison als WSC-Trainer gestartet, so viel Kontinuität gab es zuletzt nicht oft. Welche Mission hast du mit dem Sportclub? Wann würdest du gehen und sagen: So kann ich den WSC hinterlassen und ich mache den nächsten Schritt?

Weinstabl: Wenn ich den WSC heute verlassen würde, glaube ich schon, dass man meine Handschrift sehen würde, weil wir im Umfeld sehr viel entwickelt haben, von den einzelnen Analysetools, über die Erweiterung der medizinischen Abteilung bis hin zur allgemeinen professionelleren Arbeit rund um die Mannschaft. Ich bin auch stolz drauf, dass wir in den letzten Jahren WSC-Nachwuchsspieler zu Stammspielern in der Regionalliga wie zum Beispiel Philip Buzuk oder Nenad Vasiljevic entwickeln konnten. Vor allem haben wir aber auch im Positions- und Ballbesitzspiel eine richtig gute Entwicklung genommen. Für viele zählen in der RLO nur Ergebnisse, aber mir ist auch wichtig, dass ich im Spiel Prinzipien sehe, die wir uns im täglichen Training erarbeiten. Der Kader ist richtig gut. Für mich ist es aber auch ein sehr gutes Gefühl, dass ich keinen Scherbenhaufen hinterlasse, sondern etwas aufbauen durfte. Zur Mission: Ich gehe davon aus, dass wir im nächsten Jahr mit dem Stadionprojekt beginnen und dann muss es 2022/23 unser klares Ziel sein, um den Aufstieg zu spielen und die Lizenz für die 2. Liga zu beantragen. Das ist mein großer Wunsch, mein Ziel, weil die Fans hier in Hernals etwas Besonderes sind und der Klub in die 2. Liga gehört. Das war auch mein Hintergedanke, als die Angebote im Sommer gekommen sind. Ich habe das Gefühl gehabt: Ich bin beim Wr. Sportclub, mit dem was wir machen und erreichen wollen, noch nicht fertig.

LAOLA1: Wie ist denn der Status quo der Stadionpläne? Nach dem Abriss der Kainzgassen-Tribüne hat es gehakt, ist nichts mehr weitergegangen. Hält der Plan noch?

Weinstabl: Da bin ich der falsche Ansprechpartner, ich konzentriere mich rein auf die sportliche Situation und schaue in der Hinsicht nicht links und rechts. Mein letzter Wissensstand ist, dass wir 2021/22 mit dem Bau beginnen, das soll dann in sechs Monaten fertig sein und im Frühjahr 2022/23 sollen wir schon im neuen Stadion spielen.

LAOLA1: Der WSC geht mit sehr guter Form – etwa mit einem 8:1 gegen Wr. Viktoria oder 6:0 gegen Mauerwerk wurden Glanzlichter gesetzt - ins Derby of Love vor 6.500 Fans gegen die Vienna. Wie groß ist das Feuer, das vor deinem ersten Pflichtspiel-Derby in dir brennt?

Weinstabl: Ich befasse mich schon länger mit der Regionalliga, da bekommt man die Derbys of Love mit. Wie ich zu Beginn bei einem kleinen Verein wie Sollenau Trainer war, habe ich mir schon gedacht, dass es ein Highlight wäre, so ein Derby zu coachen. Dementsprechend ist die Vorfreude groß. Besonders merke ich es, weil mich täglich zehn Leute anrufen, ob es noch Karten gibt (lacht). Für mich ändert sich vom Ablauf nicht viel, ich versuche die Mannschaft auf jedes Spiel gut einzustellen. Aber man spürt bei den Spielern, dass ein besonderes Spiel vor der Tür steht – das kann niemand bei uns leugnen.

LAOLA1: Noch dazu ist WSC-Vienna das Duell Dritter gegen Erster, wenn Stripfing mitspielt könnte sogar die Tabellenführung winken. Wie groß ist die Motivation gerade in diesem Spiel alles zu zerreißen und die zweifelsohne vorhandene Euphorie noch zu steigern?

Weinstabl: Das spürt man im Training, jeder redet darüber. Es war uns auch wichtig, dass wir die drei Punkte aus Neusiedl mitnehmen, weil das Derby aufgrund der Tabellenkonstellation zusätzlich an Brisanz gewinnt. Für mich als Trainer ist es das wohl leichteste Spiel des Jahres, weil ich keinen einzigen Spieler motivieren muss. Im Gegenteil, ich muss vielleicht ein bisschen Emotion und Druck herausnehmen, damit wir klar im Kopf sind. Die Mischung aus Vorfreude und Ansprannung wird es letztlich ausmachen.

LAOLA1: Apropos Motivation: Ein Video einer deiner Kabinenansprachen, das Gänsehaut verursacht, hat die Runde gemacht – weißt du, worauf ich anspiele? Und hat es die Uhr überlebt?

Weinstabl: Ich weiß es genau! Es ist ganz interessant, weil das Video eigentlich nur internen Zwecken dienen soll. Aber man sieht, wie schnell etwas über Social Media nach außen dringt. Es war vor dem Spiel gegen Mannsdorf, wo ich einfach das Bedürfnis hatte, die Mannschaft ein bisschen wachzurütteln. Das kannst du natürlich nicht jede Woche bringen. In der Hinsicht hat der Zeitpunkt ganz gut gepasst. Wenn es beim einen oder anderen Gänsehaut-Feeling erzeugt hat, dann finde ich es positiv und freue mich darüber.

LAOLA1: Du zerreißt bei der Kabinenpredigt dein Leiberl, hast Tränen in den Augen – wie oft kommt so ein emotionaler Ausbruch vor, wenn man es gezielt einsetzen muss?

Weinstabl: Tränen waren nicht dabei. Aber Spaß beiseite - es muss einfach zur Situation passen. Im Video ist es sehr emotional zur Sache gegangen, in der Regel versuche ich, es analytischer zu betrachten und ruhig zu bleiben – so habe ich mich selbst in den letzten Jahren auch weiterentwickelt. Aber da hat es einfach gepasst, da hat es sein müssen, da habe ich das Bedürfnis danach gehabt. Ich bin eben so, wie ich bin, und versuche mich da auch nicht zu verstellen. Ich glaube, die Mannschaft hat auch begriffen, worum es geht und ist dann auch mit einem 1:0-Sieg gegen Mannsdorf gut in die Meisterschaft gestartet. Ein Startup-Unternehmen begleitet uns eineinhalb Jahre und schickt uns immer wieder Auszüge zur Motivation. Also wäre es bei der Veröffentlichung sowieso viral gegangen.

LAOLA1: Du sprichst 24 Stunden Arbeit für den Verein, Video-Analysen an – viele werden das als übertrieben für die Regionalliga ansehen. Aber zeigt genau das, wie du tickst, wie sehr du das lebst und ernst nimmst – egal bei welchem Verein?

Weinstabl: Grundsätzlich von meinem Zugang zum Fußball, auch von meiner Einstellung her, war ich beim Nachwuchs oder bei der 1B-Mannschaft in Sollenau nicht anders. Ich versuche immer mit den vorhandenen Möglichkeiten, meinen Spielern das Maximum zu bieten. Im Lockdown standen wir zum Beispiel teilweise von 8 bis 20 Uhr auf dem Platz und haben mit den Jungs individuell gearbeitet. Ich versuche den Job 24/7 auszuleben. Zudem sehe ich mich als Vorbild für meine Spieler und für mein Umfeld. Ich möchte alle, vom Platzwart bis zum Zeugwart mitreißen. Das sind letzlich auch kleine Mosaiksteinchen, die zum Erfolg beitragen. 

LAOLA1: Den Zusammenhalt forcierst du auch mit ausgefallenen Aktionen, läufst auf die Friedhofstribüne, um zusammen mit den Fans den eigenen Spielern zuzujubeln oder stimmst am Spielfeld "Top of the League" an – wie wichtig ist es dir, deine Emotionen rauszulassen, die Fans mitzunehmen und damit noch mehr Zusammenhalt zu symbolisieren?

Weinstabl: Es ist ganz wichtig, dass der Funke auch auf die Fans überspringt. Eigentlich wird mir vorgeworfen, dass ich ein eher distanzierter Typ bin – das wird aber falsch interpretiert. Ich denke mir nur, dass die Fans nicht wegen mir, sondern wegen der Mannschaft ins Stadion kommen, die Jungs sollen auch im Vordergrund stehen. Wenn wir Spiele verlieren oder es nicht so gut läuft, ist es dann ohnehin meine Aufgabe, mich vor die Mannschaft zu stellen. Mir ist es manchmal sogar unangenehm, wenn ich vor die Fans muss. Wie ich auf die Tribüne gelaufen bin – das war eben nach dem 1:0 gegen Mannsdorf, nach einer schwierigen Phase, und der genannten Kabinenansprache. Ich wollte damit signalisieren, dass ich ein Fan meiner Mannschaft bin. Ich glaube, es ist sehr entscheidend, dass man diese Gemeinschaft zwischen Verein, Fans und Mannschaft spürt. Was die Fans beim Sportclub für eine Bedeutung haben, brauche ich keinem erzählen. Das ist außergewöhnlich und kitzelt bei den Spielern in jedem Spiel noch das eine oder andere Prozent heraus.

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