Frustrierte Belgien-Stars sticheln gegen eigene Mitspieler
Nach der 0:2-Schockpleite gegen Marokko herrschen bei Belgien Fassungslosigkeit und Bitterkeit vor.
Im zweiten Gruppenspiel wollte man sich für den Glanzlos-Sieg gegen Kanada mit einer attraktiven und dem in der Mannschaft vorhandenen Talent gerecht werdenden Leistung bei den Unterstützern revanchieren - doch es sollte völlig anders kommen.
Sang- und klanglos ließen die "Roten Teufel" jeglichen Spielwitz und Mut vermissen und verloren leistungsgerecht gegen willensstarke Marokkaner. Ganz Belgien steht unter Schock, vergangene Nacht sollen in der Hauptstadt Brüssel bereits Randale ausgebrochen sein.
Das der ewige Geheimfavorit Belgien rund um die goldene Generation des 12-Millionen Einwohner Landes bereits in der Gruppenphase so farb- und ideenlos auftritt hätten wohl nur die Allerwenigsten für möglich gewartet.
Frustrierte Offensiv-Stars hacken auf Team-Oldies hin
Dass auch mannschaftsintern beim Drittplatzierten der WM 2018 nicht alles im Reinen sein dürfte, ist nicht nur auf dem Spielfeld ersichtlich.
Bereits im Vorfeld der Blamage gegen Marokko stichelte Offensiv-Virtuose Kevin De Bruyne in Richtung seiner Teamkollegen: "Wir sind zu alt. Ich denke unsere Chance (zu gewinnen) war 2018.", gab sich der Manchester City-Star gnadenlos offen. "Wir haben ein gutes Team, aber es wird älter. Wir haben Schlüsselspieler verloren. Es kommen gute neue Spieler ins Team, aber sie sind nicht auf dem Niveau von anderen Spielern 2018. Ich sehe uns eher als Aussenseiter."
Damit spricht der Spielmacher seinen Mitspielern eigentlich die Qualität ab, um um den WM-Titel ein Wörtchen mitreden zu können.
Auch Real Madrid-Flügelstürmer Eden Hazard, schlägt in eine ähnliche Kerbe - "größere Chancen" auf einen WM-Titel hätte man in Russland gehabt, und fügte außerdem hinzu: "Wir haben nicht die schnellsten drei Innenverteidiger der Welt, aber das wissen sie."
Vertonghen stichelt zurück
Nach der herben Pleite gegen Marokko holte Abwehr-Altstar Jan Vertonghen zum Rundumschlag aus: "Wir haben nicht viel zusammengebracht. Ich denke insgesamt waren wir gut, wir haben nicht viel hergeschenkt, bloß zweimal ein identisches Tor. Es gibt viele Dinge die mir durch den Kopf gehen, die ich besser nicht sage, zumindest nicht außerhalb der Kabine."
Eine Retourkutsche gegen die Offensiv-Akteure der Belgier kann sich der Anderlecht-Abwehrchef in weiterer Folge nicht verkneifen: "Ich glaub wir haben überhaupt keine Chancen kreiert. Ich denke wir haben schlecht attackiert weil wir auch vorne zu alt sind," und nimmt damit ganz bewusst Stellung zu den Aussagen seiner Kollegen.
Belgien-Coach Martinez: "Hat etwas mit Mentalität zu tun"
Teamchef Roberto Martinez analysierte die Situation seiner Mannschaft nach Spielende schonungslos: "Das ist schwer zu akzeptieren. So ein Auftreten bin ich von meinem Team nicht gewohnt. Die letzten Jahre waren wir wesentlich selbstbewusster"
Auch er kreidet im mentalen Bereich Probleme an: "Das hat etwas mit Mentalität zu tun. Es sah so aus, als hätten wir Angst zu verlieren. Das kenne ich so nicht."
Durch den schmeichelhaften Auftaktsieg haben es die Belgier immerhin noch in der eigenen Hand, das erste Vorrunden-Aus seit 24 Jahren zu verhindern. "Wir sind in einer Situation, in der wir nichts mehr zu verlieren haben. Wir müssen einfach gegen Kroatien gewinnen. Dann sind wir fürs Achtelfinale qualifiziert", sagte Martínez. Zweifel an einem Sieg gegen den Vize-Weltmeister sind nach den bisherigen Leistungen aber angebracht.