Kroatien vor Herkulesaufgabe: "WM noch längst nicht vorbei"
Weil seinen Vorderleuten wenig Brillantes einfiel, musste es am Ende Goalie Dominik Livakovic richten. "Besser ist es, das vorher zu lösen. Das Elfmeterschießen ist immer riskant", erinnerte der Elfmeter-Held nach dem so knapp gewonnenen WM-Achtelfinale gegen Japan. Zwar kann der Vizeweltmeister 2018 spätestens seit Montag auf einen mit Selbstvertrauen vollgepumpten Schlussmann bauen. Doch die kommende Hürde scheint nach den bisherigen Vorstellungen schwer überwindbar.
Kroatien will sich vor dem Duell mit Rekordmeister Brasilien am Freitag (16.00 Uhr) aber nicht kleiner machen, als es ist. "Es ist kein 50:50-Spiel, aber wir sind auch keine Außenseiter. Wir werden versuchen, gut zu sein", sagte Teamchef Zlatko Dalic nach dem 3:1 im Elfmeterschießen nach 1:1 über 120 Minuten gegen Japan.
Dalic ehrfürchtig: "Qualität und Kaderbreite erschreckend"
Aber auch der Trainer räumte ein: "Realistisch gesehen ist Brasilien die stärkste Nationalmannschaft bei dieser Weltmeisterschaft. Wenn man sich die Auswahl an Spielern, die Qualität, die Breite im Kader und die Marktwerte der Spieler ansieht, ist das erschreckend." Furcht ist laut Dalic aber ein schlechter Ratgeber. "Wir müssen mit viel Vertrauen und Selbstvertrauen ins Spiel gehen, Spaß am Fußball haben."
Den verkörperten am Montag vor allem Brasilien. Kroatiens gewohnt edles Ballbesitzspiel ist bei dieser WM zu statisch - und ohne große Durchschlagskraft. Es scheint sich zu bewahrheiten, was viele vor der Endrunde befürchtet hatten: Dem Vizeweltmeister von 2018 fehlt nach dem Abgang von Mario Mandzukic ein Mittelstürmer, der aus allen Lagen trifft.
Wiederholt sich die Geschichte?
Auch Luka Modric war gegen Japan kein Faktor und wurde nach 98 Minuten ausgewechselt. Doch gleichsam können Parallelen zum Erfolgslauf von vier Jahren gezogen werden. Auch damals waren im Achtel- und Viertelfinale zunächst zwei erfolgreiche Elfmeterschießen gegen Dänemark und Russland notwendig, ehe es nach Verlängerung gegen England ins Endspiel ging. Erst dort setzte es ein 2:4 gegen Frankreich.
Auch vor vier Jahren gegen die Dänen hielt die damalige kroatische Nummer eins Danijel Subasic drei Elfmeter. Außer den beiden Kroaten schaffte dies in der WM-Historie zuvor überhaupt nur der Portugiese Ricardo 2006 gegen England. "Wir haben die Tradition von vor vier Jahren fortgesetzt", konnte der frenetisch gefeierte Livakovic behaupten. "Alle unsere Probleme hat Livakovic gelöst", sagte Dalic über den Goalie von Dinamo Zagreb. "Wir hatten einen fantastischen Tormann."
Schon in der Vorrunde hatte Kroatien ein einziges gutes Spiel gegen Außenseiter Kanada (4:1) zum Weiterkommen gereicht. Mit zwei torlosen Unentschieden gegen Marokko und vor allem Belgien hatte sich das Dalic-Team weitergezittert - auch diesmal war viel Glück im Spiel.
Natürlich trägt der Trainer unverändert Zweckoptimismus vor sich her. "Wir sind auf dem nötigen Level, um wieder weit zu kommen", sagte Dalic. "Für uns ist diese WM noch längst nicht vorbei."