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Jo Gartner: Was wäre gewesen, wenn….

Jo Gartner: Was wäre gewesen, wenn…. Foto: © getty

Er war der neunte Österreicher in der Formel 1, als er am 6. Mai 1984 in Imola im Osella-Alfa debütierte. Seine Grand-Prix-Karriere blieb auf eine reduzierte Saison, acht Rennen und eine Sternstunde in Monza beschränkt. Danach Sportwagen und das abrupte Ende am 1. Juni 1986 in Le Mans: Jo Gartner wäre am 24. Jänner 70 Jahre alt geworden, wenn… ja, wenn…

Als Niki Lauda 1979 in Montréal seinen Blitzrücktritt verkündet hatte, begann bald die Suche nach dem nächsten Österreicher für die Formel 1. Das ging so weit, dass es im März 1980 auf dem Österreichring einen Vergleichstest für vier Kandidaten gab, und Helmut Marko war der "Referee": Markus Höttinger, Jo Gartner, Thomas Kloss und Lauda-Cousin Thomas waren dabei.

Höttinger und Gartner erwiesen sich als die talentiertesten, doch der erst 23-jährige Niederösterreicher verunglückte wenige Wochen später im Formel-2-Rennen in Hockenheim tödlich. Gartner übernahm daraufhin Höttingers BMW M1 in der Procar-Serie (im Rahmen der F1).

Leidenschaft zum Motorsport früh entdeckt

Gartners Jugend war schon geprägt von Rennleidenschaft. Als HTL-Absolvent werkte er bei Kurt "Master" Bergmann als Ingenieur und bekam erste Fahrgelegenheiten: Formel Super V, Formel 3, Formel 2 – als er von Arturo Merzario 1982 ins Team geholt wurde, erhoffte sich der Wiener den Durchbruch. Es wurde eine weitere Saison zum Abhaken.

 

Darauf stellte er mit Hilfe heimischer Sponsoren (Tabakwerke, Maschinenfabrik Emco etc.) 1983 sein eigenes Team mit Partner Fritz Glatz (der stets unter verschiedenen Pseudonymen antrat) auf die Beine. Der Sieg im Stadtrennen in Pau brachte Gartner mehr Schlagzeilen in England und Frankreich als in Österreich.

Gartner gelang es vier Monate früher als Gerhard Berger, in die Formel 1 zu kommen. In der zweiten Saisonhälfte 1984 waren mit Lauda auf dem Weg zum dritten WM-Titel, Gartner und seit dem Österreich-GP Gerhard Berger drei Österreicher im Feld – und in Monza alle in den Punkträngen. Sieger Lauda (McLaren), 5. Gartner, 6. Berger im ATS, die beiden letzteren aber ohne Punkte, weil sie nicht die gesamte Saison bestritten hatten.

Herbst und Winter brachten ein Fernduell der beiden Jungen um einen Platz für 1985 bei Arrows. Berger behielt dank seiner BMW-Verbindung die Oberhand, Gartner blieb über. Und wechselte zu den Sportwagen, wo er auf Anhieb Spitzenleistungen bot. Vierter in Le Mans 1985 im Porsche 962 von John Fitzpatrick. 1986 die Sternstunde im März in den Zwölf Stunden von Sebring mit Hans-Joachim Stuck und Teamchef Bob Akin im Porsche 962.

"Der hat die Kuh fliegen lassen!"

Stuck erinnert sich daran, als wäre es gestern gewesen: "Der Jo war im Training mit Rennreifen fast gleich schnell wie ich mit Qualifiers, obwohl er erstmals in Sebring fuhr. Der hat die Kuh fliegen lassen, mein lieber Mann!" Das Finale in diesem Rennen blieb Stuck unauslöschlich in Erinnerung: "Wir führten, ich saß am Steuer, fuhr wegen Vibrationen in die Box, als mir in der Boxengasse ein Rad wegflog. Dann fuhr Jo den Schlussturn. Zwei Runden vor der Zielflagge löste sich auch bei ihm das linke Vorderrad. Er kam in die Box, fuhr wieder raus, und wieder flog das Rad weg – er fuhr den Schlussumlauf auf drei Rädern ins Ziel und so auch noch die Auslaufrunde bis zum Podium. Die Zuschauer tobten, waren völlig aus dem Häuschen – so etwas hatten die noch nie gesehen."

Gartner war im Frühsommer 1986 bereits auf dem Sprung ins Porsche-Werkteam für 1987 und später. Er hätte auf der Langstrecke wohl noch einiges gewonnen, Rennen und Titel.

Doch in den Nachtstunden des 1. Juni 1986 war – vermutlich nach einem Bruch der Hinterradaufhängung des Kremer-Porsche 962 - alles vorbei. In dem bei 320 km/h ausbrechenden Boliden hatte der Wiener keine Überlebenschance. Er wurde nur 32 Jahre alt.

Vergessen ist er für seine Geschwister, seine Lebensgefährtin und seine Freunde nicht. Und das soll auch so bleiben.


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