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Die entscheidenden Faktoren für Super Bowl 50

LAOLA1 Foto: ©


Peter Altmann berichtet von Super Bowl 50 aus San Francisco 


Das goldenen Super-Bowl-Jubiläum im Golden State Kalifornien. Der Oldie but Goldie Peyton Manning fordert den neuen Golden Boy der NFL Cam Newton.

Bei der 50. Auflage des Spiels aller Football-Spiele erstrahlt wirklich alles in Gold.

Dabei geht es eigentlich um ein Stück Silber. Sterlingsilber, um genau zu sein. Die Vince-Lombardi-Trophy, um die sich unter dem Strich alles in der NFL-Welt dreht.

In der Nacht auf Montag bietet in sich in Santa Clara den Denver Broncos und den Carolina Panthers die Chance, den Lebenstraum eines jeden Football-Profis wahr werden zu lassen.

Es ist ein Endspiel, das viele Aspekte bietet. LAOLA1 fasst die wichtigsten Faktoren samt Beobachtungen aus der Super-Bowl-Woche vor Ort zusammen:

DER FAKTOR GENERATIONENDUELL

Immer wieder gibt es sie, diese Kreuzungen in der Sportgeschichte, wenn eine legendäre Generation von aufstrebenden Nachfolgern abgelöst wird. Dieser Showdown könnte ein Paradebeispiel dafür sein. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass Peyton Manning – für viele der beste Spielmacher aller Zeiten - einmal in einer Super Bowl der Quarterback sein würde, auf dem weniger Verantwortung lastet? Oder anders gefragt: Wer hätte im Dezember gedacht, dass der Altmeister noch jemals ein NFL-Spiel bestreiten würde? Dinge ändern sich. Auch und gerade in der NFL.

Man sollte den Faktor, dass es Mannings letztes Karriere-Spiel sein könnte, nicht unterschätzen. Ausgangspositionen, die in hollywoodreifen Happy Ends enden können, setzen oft ungeahnte Kräfte frei – man frage nur nach bei Peytons Boss John Elway. Mannings Mitspieler wurden in dieser Woche nicht müde zu betonen, wie gerne sie ihrem Leader zum potenziellen Abschied einen zweiten Ring an den Finger stecken möchten. „I’m never counting out the sheriff“, warnt der frühere Star-Tight-End und heutige CBS-Experte Tony Gonzalez davor, den 39-Jährigen zu früh abzuschreiben. Und ja, nach all den – bis auf einen – vergeblichen Anläufen während der Blüte seiner Schaffenskraft hätte ein Ritt in den Sonnenuntergang mit der Lombardi-Trophy im Arm nun in der biederen Game-Manager-Phase seiner Karriere definitiv Charme.

So viel zur emotionalen Komponente. Rational betrachtet hat in dieser Saison die Ära des frischgebackenen MVPs Cam Newton begonnen. Erlebte die Football-Welt vor zwei Wochen mit dem 17. Kapitel von Manning gegen Tom Brady noch einmal eine nostalgische Zeitreise durch das bisherige NFL-Jahrtausend, ist auch hier die Zeit für die Ablöse gekommen. „Das neue Peyton vs. Tom ist Cam Newton gegen Russell Wilson“, hat für Gonzalez längst die Epoche eines neuen Klassikers begonnen – und Carolina gegen Seattle mit diesen beiden extramobilen und erfolgsverwöhnten Jungstars auf der QB-Position hat in der Tat alle Zutaten für eine Delikatesse, die auf Jahre hinaus schmeckt. Dies haben schon die bisherigen Duelle bewiesen.


In Super Bowl 50 lautet die Frage, welches filmreife Skript sich am Ende durchsetzen wird. Der vielumjubelte Abgang des alternden Helden von der Bühne oder der erste Auftritt des neuen Superhelden auf selbiger. „SuperCam“ ist fraglos gekommen, um zu bleiben, und mit seinem extrovertierten und durchaus auch polarisierenden Charakter fraglos ein Segen für die Liga.

An Charisma mangelt es wahrlich nicht. Mich persönlich hat in dieser Woche ein eher unscheinbarer Moment beeindruckt - und zwar die Souveränität, mit welcher der 26-Jährige bei einem Medientermin die Frage, welche Symbolkraft es hätte, als schwarzer QB die Super Bowl zu gewinnen, im Keim erstickte. Vor nicht allzu langer Zeit wäre diese potenzielle historische Komponente vor dem Endspiel sehr wohl noch ein bestimmendes Thema gewesen. Auch hier dreht sich – Gott sei Dank – das Rad der Zeit weiter. „Mit dem Thema schwarzer Quarterback möchte ich nicht einmal in Berührung kommen. Dieses Spiel ist größer als die Frage nach schwarz, weiß oder meinetwegen grün. Mit diesem Label limitieren wir uns doch alle nur selbst“, entgegnete der Panthers-QB. Cam Newton ist Cam Newton – egal welche Hautfarbe.

Und Cam Newton ist einzigartig. Kaum ein Satz fiel in der Bay Area in den vergangenen Tagen öfter. Diese Mischung aus (mittlerweile) präzisem Wurfarm, wuchtiger Laufstärke und Schnelligkeit gibt es in der NFL so nicht – zumindest nicht bei einem Athleten dieser Größe und dieses Gewichts. Dazu kommt das beinahe schon überbordende Selbstvertrauen, das sich im Laufe dieser famosen Saison aufgebaut hat. Newton fühlt sich wohl im System von Offensive Coordinator Mike Shula und demonstriert dies in einer verblüffenden Regelmäßigkeit. Gonzalez: „Man kann Cam nicht stoppen. Das geht nicht. Die einzige Chance, die ein Gegner hat, ist, ihn zu limitieren.“

 

 

DER FAKTOR SUPER-BOWL-WOCHE

Eine Super-Bowl-Woche ist anders. Komplett anders. Selbst bei LAOLA1. Gratulation aus San Francisco an die Kollegen Bernhard Kastler und Karl Huber für das in meinen Augen wirklich gelungene Debüt einer Studio-Sendung zur NFL – besagtes Video findet ihr im Player über diesem Absatz. Das „Big Game“ macht es möglich. Das wahre „Special“ findet jedoch am Sonntagabend statt. Hat im Fußball der Cup eigene Gesetze, hat es im Football dieses nicht mit normalen Maßstäben zu messende Spiel.

Newton liebt die Bühne der Öffentlichkeit, aber ist er auch der Main Stage gewachsen? Bekommt irgendein anderer Spieler auf dem Centercourt dieser Sportart das Zitterhändchen? Oder wächst gar jemand, mit dem niemand rechnet, über sich hinaus? Kommt von irgendwo ein Helmet-Catch daher? Oder ein völlig verhunzter Goalline-Call?

Die Wahrheit ist: Eine Super Bowl ist und bleibt schwer vorhersehbar, und genau das macht sie so reizvoll und spannend. Sie ist kein Football-Spiel wie jedes andere. Die Mehrheit sieht vor diesem Kräftemessen in den Panthers den Favoriten, und ich schließe mich dem vollinhaltlich an. Das Hirn diktiert, dass Carolina unter dem Strich über mehr Stärken verfügt als Denver. Aber wie oft waren all diese Prognosen dann, als es darauf ankam, bereits Schall und Rauch? Oft genug. Wer hätte etwa 2008 damit gerechnet, dass die New York Giants den New England Patriots die Perfect Season verderben? In einer Super Bowl ist das Ergebnis der Rechnung 1 plus 1 eben manchmal 3. Sie ist nicht berechenbar.

Auch, weil niemand wirklich den Faktor Super-Bowl-Woche seriös einberechnen kann. Jeder Spieler verarbeitet den Trubel anders. „Wir versuchen, in unserer Routine zu bleiben“, ist die von Generationen an Super-Bowl-Coaches am öftesten verwendete Floskel. Ein logisches Vorhaben, das jedoch so gut wie unmöglich umzusetzen ist. Unzählige Medientermine hier, Ablenkungen dort und über allem schwebt dieser unermessliche Druck, in genau dieser einen Begegnung ja nicht versagen zu dürfen – wer diese mentalen Strapazen noch nicht miterlebt hat, kann nicht mitreden.



Diesbezüglich hat etwa Manning einen Vorteil gegenüber Newton. Es ist seine vierte Super Bowl, während Newton seine Premiere feiert. Entsprechend routiniert manövrierte sich Nummer 18 durch das mediale Geplänkel. „All diese manchmal dummen Fragen sind doch in Wahrheit ein Problem, das man haben möchte. Denn es heißt, dass du bei der Super Bowl bist“, bringt es Peytons Bruder Eli aus eigener Erfahrung auf den Punkt. In der Manning-Familie regiert eben der nüchterne Zugang.

Newton indes wirkte bisweilen genervt, wenn er so manche Frage zum x-ten Mal beantworten musste. Und ganz so einfach, wie es in der Theorie klingen mag, ist der Termin-Marathon in der Praxis nicht. Dies veranschaulicht etwa eine Episode, die Kurt Warner zum Besten gab.

Der frühere Star-Quarterback spielte in drei Super Bowls – die erste gewann er als Hauptdarsteller der „Greatest Show on Turf“ mit den St. Louis Rams, die beiden weiteren verlor er. Dennoch denkt er heute etwas ärgerlich an den Triumph zurück: „Wenn ich etwas in meiner Karriere ändern würde, wäre es die Woche vor meiner ersten Super Bowl. Ich war nur gestresst. Am Freitag zwei Tage vor dem Spiel war ich wegen der vielen Medientermine bereits so fertig, dass ich mir nur noch gewünscht habe, dass endlich der Kickoff stattfindet. Ich konnte es überhaupt nicht genießen, und das ist schade. Ich habe erst später gelernt, dass man einfach die normalen Dinge wie zu Hause tun sollte. Ich hätte auch in dieser Woche versuchen sollen, beispielsweise ein normaler Ehemann und Familienvater zu sein, oder mal essen zu gehen.“



Das gegenseitige Vertrauen ist dennoch riesig. Für Kubiak waren die Jahre als Elways Backup eine Art Vorbereitung auf die Coaching-Karriere – ein Job, den er immer anstrebte. Anders ist es kaum zu erklären, dass zwei Positions-Rivalen derart gute Freunde werden können. Nachdem Kubiak 1995 als Quarterback-Coach bei den San Francisco 49ers seine erste Super Bowl gewann, war er Elways Offensive Coordinator bei seinen beiden Super-Bowl-Triumphen mit Denver zum Karriere-Ausklang. Nachdem Kubiak bei seiner ersten Head-Coach-Station ins Houston ein starkes Team aufbaute, der große Wurf jedoch nie gelang, zog er nun gleich in seiner ersten Saison bei den Broncos in die Super Bowl ein. „Ich habe ein gutes Team übernommen“, sagt der 54-Jährige, „deshalb habe ich als erste Maßnahme nach meinem Amtsantritt gleich jeden Spieler kontaktiert und ihm gesagt, wie sehr ich es respektiere, was er in der Vergangenheit geleistet hat.“ Auch in einem gemachten Nest muss man es sich erst bequem machen, beziehungsweise dieses weiter verbessern. Denn Kubiaks offensive Ausrichtung, die auf starkem Laufspiel beruht, half Manning in dieser Phase seiner Karriere definitiv.

Für Rivera schließt sich eher geographisch der Kreis. Er wuchs unweit von San Francisco auf und spielte für Cal in Berkeley College-Football. Seine mexikanischen Wurzeln bringen die vielen Spanisch sprechenden Reporter vor dieser Super Bowl in Verzückung. Nach dem mehr als holprigen Start seiner Amtszeit in Carolina ist es indessen alles andere als eine Selbstverständlichkeit, dass der 54-Jährige noch im Amt ist.

Doch genau wie die Verantwortlichen in Charlotte auf Kontinuität setzten, setzte Rivera trotz anfänglicher Misserfolge innerhalb seines Trainerstabs auf selbige. Gemeinsam entwickelte man offensiv ein System, das zum wichtigsten Puzzlestein, Cam Newton, passt, und defensiv ein atypisches, aber umso effektiveres. Gerade die Verteidigung ist dem früheren Linebacker ein großes Anliegen. Stück für Stück formierte er um Ausnahmekönner wie Luke Kuechly, Thomas Davis, Kawann Short oder Star Lotulelei eine vor allem in der Mitte unfassbar starke Defense, wo der allgemeine Trend eigentlich eher den Fokus auf starke Pass Rusher von der Seite vorsieht.



Das Problem: Newton ist nicht Brady, zumindest von der Mobilität her. Außerdem verfügt er um eine wesentlich bessere O-Line, als sie die Patriots derzeit zu bieten haben. Im bisherigen Playoff-Verlauf legte Carolina gegen Seattle und Arizona – zwei Teams mit ebenfalls starken Defenses – atemberaubende Blitzstarts hin. Genau dies gilt es aus Denvers Sicht zu verhindern. Je länger die Defense der Broncos das Spiel offen gestaltet, je mehr Turnover sie vielleicht generieren kann, je mehr Zeit auf der anderen Seite Denvers Offense (Laufspiel!) von der Uhr nimmt und Newton somit an der Seitenlinie hält, desto größer die Chancen auf einen heroischen Abschied von Peyton Manning. Ein knappes Spiel kommt zumeist dem Außenseiter zu Gute, Mannings Erfahrung könnte in solch einer Situation zum Trumpf werden. Aber würde es jemanden wundern, wenn Carolina schon zur Pause mit drei Touchdowns führt? Nach den jüngsten Eindrücken wohl kaum.

Das Schöne: Man weiß es nicht. Niemand tut das. Alles kann passieren! In diesem Sinne: Viel Spaß bei einer hoffentlich spannenden Super Bowl 50! Lassen wir uns gemeinsam überraschen.


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