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Der neue Superman der NFL

LAOLA1 Foto: ©

Es gefällt nicht jedem, wenn Cam Newton Spaß hat.

Und der 26-Jährige hat viel Spaß. Vor allem in dieser Saison. Bei 17 Siegen hat man einfach auch viel Spaß.

Er wirft, er läuft, er tanzt, er dabbt, er macht den Superman. In dieser Saison ist er der Superman der NFL.

Und spätestens in dieser Spielzeit hat Cam Newton unterstrichen, dass er das für längere Zeit sein kann.

„Er wird über Jahre das Gesicht der NFL sein.“

Das sagte diese Woche nicht irgendjemand, sondern Peyton Manning.

Die Quarterback-Legende, Newtons großer Kontrahent am Sonntag in Super Bowl 50 im Levi’s Stadium zu Santa Clara.



Der MVP in spe

„Er hatte ein unglaubliches Jahr“, so der 39-Jährige, der sich ganz sicher ist: „Ich habe keinen Zweifel darüber, dass er am Samstag als Most Valuable Player (MVP) ausgezeichnet wird.“

Wer auch sonst? Niemand traute den Panthers auch nur annähernd diese Saison zu. Schon gar nicht, nachdem sich Top-Receiver Kelvin Benjamin in der Vorbereitung im August das Kreuzband riss.

Die unlogische Antwort: 15-1.

Dank Cam Newton, der gefährlichsten Zweiweg-Waffe in der NFL. 35 Touchdown-Pässe durch die Luft, zehn Touchdowns am Boden. Keiner konnte in der Regular Season 2015 mehr verzeichnen.

Seine Wide Receiver? Keine Kaliber wie Demaryius Thomas oder Emmanuel Sanders wie bei Denver, sondern an für sich biederer Durchschnitt a la Ted Ginn Jr., Jerricho Cotchery, Devin Funchess oder Corey Brown.  

Mike Shula, Sohn von Trainer-Legende Don Shula (Perfect Season mit den Miami Dolphins 1972), machte einen außergewöhnlich guten Job. Doch Newton hat diese Offense am Feld getragen.

Sie alle profitierten von Newton, auch Running Back Jonathan Stewart mit 989 Yards in 13 Partien.

SeasonPassing YardsRushing YardsPassing TDsRushing TDs
201140517062114
20123869741198
20133379585246
20143127539185
201538376363510

Mannings Lob

Und Newton bewies 2015 auch die nötige Reife. 35:7 lagen die Panthers etwa bei den New York Giants in Woche 14 bereits voran, wie so oft kam der Gegner noch einmal gegen Carolina heran – glich sogar auf 35:35 aus.

Newton übernahm 1:40 Minuten vor Schluss und führte seine Offense zum 38:35. Wie ein MVP das eben so macht.

„Er war diese Saison ein großartiger Passer, ein großartiger Läufer, ein großartiger Anführer. Du stehst nicht bei 17-1, wenn du nicht großartig bist. Und das war er dieses Jahr ohne Zweifel.“

Nein, Peyton Manning hatte noch nicht genug: „Was er in dieser kurzen Zeit als NFL-Quarterback gemacht hat, ist einfach nur großartig. Er ist großartig. Das ist das beste Wort, was mir zu ihm einfällt.“

Am Sonntag werden sich erstmals in der Super-Bowl-Geschichte zwei Quarterbacks, die im Draft an Nummer 1 gezogen wurden, gegenüberstehen. Manning war 1998 dran, Newton 13 Jahre später.

2011 war jene Saison, als Manning verletzt zusah und so Newtons Rookie-Rekorde ganz genau verfolgen konnte.

Er war etwa der erste Rookie-Quarterback, der über 4000 Yards warf. Er war auch der erste QB, der in seinem ersten Spiel mehr als 400 Yards warf. Kurzum, Newton ließ den Kritikern keine Chance.

Doch Newton, der als Auburn-Quarterback 2010 die Heisman Trophy als bester College-Spieler einsackte, lernte in den folgenden Jahren auch, dass es nicht immer wie am Schnürchen läuft.

Kein NFL-Spieler polarisiert mehr

Das Selbstbewusstsein verlor er dadurch aber nie, deswegen polarisiert Newton wie aktuell kein anderer Spieler.

Unter anderem auch wegen solcher Sätze: „Ich bin ein afro-amerikanischer Quarterback, den die Leute fürchten, weil sie so einen noch nicht gesehen haben und nicht mit jemandem vergleichen können.“

Die Nummer 1 auf dem Trikot sagt zudem vieles aus, in seiner jungen NFL-Karriere war schnell der Superman-Jubel-Move sein Markenzeichen. Nicht jeder sah diesen Jubel gerne in seiner Endzone.

Newton steigerte sich 2015. Der „Dab“ war da.  Newton stammt aus Atlanta, dort wo „Dabbin“ im Kreise der Hip Hopper seinen Ursprung hat. Der Spielmacher brachte es in die NFL-Arenen.

Auch das mochte und mag nicht jeder. Die völlig trockene Antwort auf die Kritiker, die ihm nicht erlauben würden, in ihrer Endzone zu tanzen: „Wenn ihr es nicht mögt, lasst mich nicht rein.“



Newton, das gesamte Paket

Newton passt, läuft, springt, lacht, tanzt, schenkt Kindern nach einem Touchdown den Ball. Wer will das nicht sehen? So sieht es auch Manning.

„Das eine ist, ich erlaufe keine Touchdowns. Aber falls ich einen erlaufen sollte, dann werde ich in der Endzone auch so jubeln. Das versichere ich“, scherzt der Altmeister, um gleich wieder ernst zu werden.

„Ich denke, seine Leidenschaft, sein Enthusiasmus für das Spiel, das ist toll. Ich denke, das ist gut für American Football“, sagt der 39-Jährige, für den es am Sonntag sein allerletztes Spiel sein könnte.

Nicht für Newton, egal, ob als Super-Bowl-Sieger oder nicht. Doch diese Spielzeit unterstrich, dass mit dem Jungvater, Sohnemann Chosen kam im Dezember zur Welt, tatsächlich über Jahre ganz oben zu rechnen ist.



Und das ist nicht selbstverständlich. In vielerlei Hinsicht. Denn die Karriere hätte etwa vor einem Jahr zu Ende sein können.

Am 9. Dezember 2014 überschlug sich Newtons Auto, der Star zog sich glücklicherweise nur zwei Brüche zu und verpasste eine von zwei Partien in seiner fünfjährigen NFL-Karriere.

Nun steht er in der Super Bowl und könnte als erster Quarterback überhaupt über Heisman Trophy, nationale College-Meisterschaft, MVP-Titel und die Lombardi-Trophy jubeln.

Das gefällt wohl nicht jedem, aber Cam Newton hätte seinen Spaß daran. Wie kein anderer in der NFL.

 

Bernhard Kastler

 

 

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