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Der schwere Abschied von der Gießkanne

LAOLA1 Foto: ©

Trial and Error.

Das ist nicht nur die bekannteste, sondern vielerorts auch die beliebteste Lernmethode.

Von entscheidender Bedeutung ist freilich, aus dem Error die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Im Sportministerium und dem Bundessportförderungsfonds (BSFF) hat man das in Bezug auf das Verbandsranking nun versucht.

Im Vorjahr flog der Versuch, 10 Prozent (4 Mio. Euro) der Spitzensportförderung anhand des Leistungsprinzips auf die 25 erfolgreichsten Verbände aufzuteilen, den Verantwortlichen medial um die Ohren.

Ein für die Herren-WM qualifizierter Handball-Bund, der als 37. fernab jeglicher Bonifikation hinter Bahnengolf, Frisbee oder Curling lag, war das Hammer- Argument der Kritiker-Riege.

Dem hatte sich auch selbst Sportminister Gerald Klug nicht entziehen können, weshalb er die Vorstellung des neuen Berechnungsmodelles vor ausgewählten Medienvertretern am Mittwoch mit den Worten einleitete: „Die Auswahl der Kriterien und die Art der Kommunikation haben 2015 im Vorjahr für Unruhe gesorgt.“ Er selbst habe vor einem Jahr Anregungen zur Überarbeitung eingebracht. Die seien nun umgesetzt worden.

Und so funktioniert die neue Bewertung:

Als Reaktion auf den Hauptkritikpunkt, Äpfel mit Birnen verglichen zu haben, gibt es heuer drei Gruppierungen, auf welche die 60 Fachverbände aufgeteilt werden.

  1. Olympische Sportarten und Verbände (Einzelsportarten und Zweier-Teams)
  2. Nicht Olympisch (unterteilt in Nicht-olympische Disziplinen in olympischen Sportarten sowie nicht-olympische Verbände)
  3. Olympische und nicht-olympische Mannschaftssportarten

Für jeden Verband werden Punkte errechnet.

„Dadurch kann sich jeder mit seinem eigenen Abschneiden aus dem Vorjahr vergleichen“, erklärt Thomas Wörz, Vorsitzender des Spitzensport-Beirats im BSFF.

Vereinfacht lautet die Berechnungsformel:

Erfolg eines Verbandes    x   nationale und internationale Bedeutung der Sportart   =   Punktezahl

Die Faktoren setzen sich aus diversen Unter-Parametern zusammen. Ist eine Sportart bei Olympia vertreten, stellt dies beispielsweise einen Extra-Bonus dar. Berechnungszeitraum sind die Jahre 2013, 2014.

Die markantesten Veränderungen zum letztjährigen Modell:

+ Erfolge und Bemühungen in nicht-olympischen Disziplinen olympischer Sportarten werden berücksichtigt. (z. B.: Berglauf in der Leichtathletik)

+ Bei nicht-olympischen Disziplinen zählen nun die Ergebnisse bei World Games.

- Die Medienpräsenz ist kein Parameter mehr. 2014 war dafür ausschließlich die Sendezeit im ORF herangezogen worden. „Entweder müssten wir alle Medienberichte miteinbeziehen und auch überwachen, was kaum realisierbar ist, oder gar keine“, begründet Wörz.

- In Österreich durchgeführte Großveranstaltungen werden nicht mehr berücksichtigt. Wörz: „Da dies nicht alleine in der Hand der Verbände liegt.“


Dieses Jahr werden 2,4 Millionen Euro auf die besten Verbände der 1. Gruppe sowie jeweils 800.000 Euro auf die beiden weiteren Gruppen wie folgt verteilt (Spalte zwei und drei bekommen gemeinsam 800.000):
Olympische SportartenNicht-olymp. DisziplinenNicht-olymp. VerbändeMannschafts-Sportarten
1. SkiBogensport*WettkletternFußball
2. TischtennisPferdesport*Eis- u. StocksportLandhockey
3. JudoRadsport*KarateEishockey
4. SegelnTurnen*BillardHandball
5. RodelnLeichtathletik*TanzsportAmerican Football
6. Triathlon
7. Kanu
8. Schießen
9. Bob u. Skeleton
10. Schwimmen
11. Tennis
12. Rudern
13. Beachvolleyball*
14. Eisschnelllauf
15. Ringen

*Tauchen Verbände aufgrund ihrer einzelnen Disziplinen in verschiedenen Gruppen auf, werden sie dort geführt, wo sie am besten platziert sind.


Gewinner und Verlierer

Zurück zu „Trial and Error“: Um den neuerlichen Griff auf die heiße Herdplatte zu vermeiden, gingen die Verantwortlichen vor allem in der Kommunikation merklich behutsamer vor. Anstatt des obigen Rankings wird nach außen hin nur der Verband samt jeweiliger Erfolgs-Förderung publiziert. (Anm.: Als Service für den Leser entschied sich die Redaktion dennoch für eine Darstellung in Form einer Rangliste)

Auf eine Veröffentlichung einer bis zum letzten Platz durchnummerierten Liste wurde vom BSFF völlig verzichtet, schließlich machte dies die Schieflage des Bewertungssystems im Vorjahr erst so richtig augenscheinlich.

Doch es liegt in der Natur der Sache, dass es bei einer Erfolgsbewertung Gewinner und Verlierer gibt. Wie die Tabelle unten zeigt, profitiert von den neuen Berechnungen sowie dem fortgeschrittenem Bewertungszeitraum am meisten Triathlon (+157.300 Euro), Landhockey (+145.600) sowie Eis- und Stocksport (+106.700). Dabei war Triathlon bislang nicht einmal unter den 25 prämierten Sportarten. Genauso wie Handball (+106.200), was ÖHB-Generalsekretär Martin Hausleitner an der Heranziehung der Europarangliste festmacht: „Im Vorjahr hatten wir bei den bewerteten Resultaten eine Null stehen.“

Auffällig: Bogensport, das sich bei der ersten Bewertung noch den letzten Platz geteilt hatte, bekommt heuer 75.600 Euro.

Die größten Einbußen verzeichnen Volleyball (ÖVV/-307.000), Wettklettern (216.200) und der ohnehin medial geprügelte Schwimm-Verband (-214.300). ÖVV-Präsident Peter Kleinmann zeigt sich über den Rückfall erstaunt: „Die neue Situation ist für uns schlecht und zu einem gewissen Grad auch bedrohlich. Aber bevor ich nicht die genauen Zahlen sowie Hintergründe kenne, sage ich nicht mehr dazu.“

Fazit

Das Erfolgs-Förderung präsentiert sich im zweiten Jahr merklich ausgereifter. Die Kritik des Vorjahres hat für den nötigen Reformwillen auf allen Ebenen gesorgt. „Subjektive Unzufriedenheit wird es dennoch geben“, weiß Football-Präsident Michael Eschlböck, Mitglied der BSFF-Konferenz, dass man es nicht jedem recht machen wird können.

Kritik schallt aus dem Vorjahr ohnehin noch nach. LAOLA1-Recherchen ergaben, dass Gewinne und Verluste des Premieren-Rankings mittels Zu- bzw. Absagen bei der projektbezogenen Förderung ausgeglichen wurden. Mehrere Verbands-Funktionäre berichten unabhängig voneinander, dass sie trotz zu erwartender Auswirkungen des Verbandsrankings 2015 ein nur marginal verändertes Budget hatten. Es steht der Vorwurf im Raum, dass die erfolgsbezogene Förderung in seiner ersten Auflage nur eine Mogelpackung gewesen sei.

Wörz bestreitet, dass es einen Zusammenhang zwischen Erfolgsranking und anderen Förderungen gebe.

Weiters führt die Zeit in Anspruch nehmende Überarbeitung des Bewertungssystems bei den Verbänden zu Verzögerungen bei der Budget-Erstellung. Stand heute wissen die Verbände zwar nun endlich, mit welchen Summen aus der Erfolgsförderung zu rechnen ist, aber noch nicht für welche Zwecke sie diese Mittel verwenden können.

Alles in allem ist es nur der zweite Schritt, auf dem weiten Weg zu der von Klug geforderten Professionalisierung der Sportförderung. Mit kleineren und größeren Errors.

Reinhold Pühringer

Verband20162015Differenz
Ski465.000429.300+35.700
Fußball305.200279.300+25.900
Tischtennis246.400143.300+103.100
Judo195.100183.300+11.800
Segeln177.800228.700-50.900
Landhockey168.90023.300+145.600
Rodeln168.300306.700-138.400
Triathlon157.3000+157.300
Wettklettern149.100365.300-216.200
Kanu149.000253.300-104.300
Eishockey139.10045.400+93.700
Schießen136.60055.400+81.200
Bob und Skeleton128.600205.300-76.700
Eis- und Stocksport122.00015.300+106.700
Schwimmen121.000335.300-214.300
Tennis111.700162.700-51.000
Rudern103.200108.700-5.500
Handball106.2000+106.200
Karate99.1000+99.100
Volleyball/Beachvolleyball96.000396.700-307.000
Eisschnelllauf88.00018.700+69.300
Billard81.1000+81.100
American Football77.20079.300-2.100
Bogensport75.6000+75.600
Ringen72.4000+72.400
Pferdesport63.1000+63.100
Radsport55.10066.700-11.600
Tanzsport53.0000+53.000
Turnen48.3000+48.300
Leichtathletik40.600125.300-84.700
Aus der Bewertung rausgefallen
Kick- und Thaiboxen093.300-93.300
Golf036.700-36.700
Wasserski und Wakeboard029.300-29.300
Orientierungslauf013.400-13.400

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