Werner Kogler: Bis zum jetzigen Zeitpunkt der Pandemie ist der Vereinssport ganz gut drübergekommen. Wir haben da auch ordentlich angetaucht, zusätzlich Mittel aquiriert. Im Vergleich zu anderen Ressorts durchaus erfolgreich, es standen immer genug Mittel zur Verfügung und das werden sie auch weiterhin. "Alles, was es braucht", war da immer mein Zugang – nicht so sehr: "Koste es, was es wolle". Im NPO-Fonds für die Breitensportvereine, wo auch Kunst und Kultur, aber auch Feuerwehren und kirchliche Organisationen bedient wurden, haben wir immer darauf geschaut, dass es im Vergleich zur Wirtschaft zu keiner Schlechterstellung kommt. Das hat nach Überwindung einiger Anfangshürden beim damaligen Finanzminister (Anm. Gernot Blümel) letztlich gut geklappt - am Ende waren die Kriterien großzügiger als im Wirtschaftsförderungsfonds. Und das ist auch gut so, denn NPO, steht ja für Non-Profit, für Gemeinnützigkeit, es werden also keine Gewinne erzielt. Mit Stand Ende 2021 war der Sport mit 6.600 begünstigten Vereinen und rund 150 Mio. Unterstützungsleistung der größte Nutznießer in diesem NPO-Fonds. Da hat der Breitensport natürlich schon stark profitiert, gerade wo in Österreich so viel über die Vereine organisiert ist.
LAOLA1: Da geht es nur um den Breitensport?
Kogler: Ja. Wenn es um die Bekämpfung der Pandemie bei den Profivereinen geht, haben wir den Sportligenfonds. Eine Einrichtung, für die sich auch immer wieder andere Länder interessieren, weil sie wissen wollen, wie wir das machen. In der Schweiz zum Beispiel, wo ähnlich hohe Beträge ausgeschüttet wurden, müssen die Profivereine das Geld - zumindest in der Theorie - wieder zurückzahlen. Im Sportligenfonds konnten aufgrund der relevanten Kriterien aber nur Männerligen berücksichtigt werden, daher haben wir jetzt mit "Dream Teams" ein – pandemieunabhängiges – Kraftpaket für acht Frauenligen geschnürt, damit die Kluft zu den Männerligen verkleinert wird. Die Auszahlungen sind diese Woche angelaufen (Informationen des Sportministeriums).
LAOLA1: Das Sportministerium schüttet nun an acht Frauenligen jährlich rund 1,5 Mio. Euro an Förderung aus und hilft auf diese Weise 66 Vereinen. Erschreckend eigentlich, dass sich deren Budget damit um durchschnittlich fast 30 Prozent steigern lässt, oder?
Kogler: Ja leider, daran sieht man, mit welch geringen Mitteln Frauen in ihren Ligen auskommen müssen. Da sehen wir auch wie groß die Lücke ist, die es zu schließen gilt. Die plus 30 Prozent beim Budget sind der Durchschnitt. Bei den einzelnen Vereinen streut es zwischen plus 15 und plus 50 Prozent. In absoluten Zahlen sind die Unterschiede natürlich groß, weil wir bei der Dotation der Ligen auch internationale Erfolge, bisherige Budgets etc. berücksichtigt haben. Wir wollen das Projekt jedenfalls fortführen und darauf schauen, ob wir die Mittel vielleicht noch erweitern können. Und ja, das Geld dazu ist da. Warum? Weil wir Schwerpunkte setzen. Einer davon ist eben die Geschlechtergerechtigkeit – wobei das derzeit eh noch übertrieben ist. Aber mehr Schritte in Richtung Gleichberechtigung auch im Sport ist eines unserer Hauptanliegen.
LAOLA1: Apropos Schwerpunkt: Kritik an den Förderungen kommt vom Behindertensport oder vom Radsportverband, die ihre Leistungen bei Olympia und den Paralympics in Tokio 2021 nicht richtig gewürdigt sehen. Was antworten sie Handbiker Walter Ablinger, der Olympia-Gold holte und dem ÖRV, der neben etlichen Paralympics-Medaillen sogar mit Olympiasiegerin Anna Kiesenhofer im Straßenrennen für eine echte Sensation sorgte?
Kogler: Da handelt es sich um ein Missverständnis, weil man nur die alte Förderschiene betrachtet hat. Und dort ist tatsächlich alles gleich geblieben. Hinzu kommen aber, das wurde auch schon im Rahmen des Budgets kommuniziert, 500.000 Euro für die inkludierenden Fachverbände und den Behindertensportverband, um die Trainingsbedingungen unser Paralympics weiter zu verbessern. Aber auch bei der athletenspezifischen Förderung, also jenen Mitteln, die den Athletinnen und Athleten direkt zufließen, wurde kräftig aufgestockt, sogar um 135 Prozent. Paralympics-Medaillengewinner erhalten nun wie auch Olympia-Medaillengewinner einen Fixbetrag von 75.000 Euro. Aber wir haben auch noch Schwerpunkte im Behinderten-Breitensport. Dazu haben wir einen Topf geschaffen, mit welchem wir 2022 die innovativsten Inklusionsprojekte mit 650.000 Euro fördern. Ein weitere Initiative sind die Informations- und Bewegungs-Coaches, die Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen ansprechen und versuchen, sie für Bewegung zu motivieren und gleichzeitig ein entsprechendes Angebot zu legen. In der Rehabilitation etwa oder in der Schule. Ich finde diese Programme sehr innovativ, und man kann schon mit verhältnismäßig überschaubaren Mitteln viel zur Steigerung der Lebensqualität dieser Menschen beitragen. Das sind einige positive Beispiele, wo das Sportministerium hilft und 2022 in Summe 2,5 Mio. Euro ausgeben wird. Wenn man sich das anschaut, ist das eine Vervielfachung der Mittel im Vergleich zu 2019. Im Behinderten-Spitzensport allein beträgt die Steigerung von 2021 auf 2022 satte 85 Prozent.
LAOLA1: Sie sind nun bereits knapp zwei Jahre im Amt. Für einen Sportminister in Österreich eigentlich eine lange Zeit. Wie wichtig ist angesichts der komplexen, um nicht zu sagen komplizierten, Strukturen im heimischen Sport, eine gewisse Kontinuität?
Kogler: Die Frage hat eine schlaue Intention und liefert die halbe Antwort schon mit. Die Strukturen im heimischen Sportwesen im Allgemeinen, aber im Förderwesen besonders, sind, nicht zuletzt durch den Föderalismus, komplex. Diplomatisch formuliert. Da braucht es schon eine gewisse Zeit, um einmal mit den Gegebenheiten vertraut zu werden. Wenn man mit dem Anspruch gewisser Änderungs- oder Verbesserungsmaßnahmen antritt, muss man erst recht wissen, wie es jetzt ist und wo die Barrieren bisher gewesen sind. So betrachtet – ja, wir haben in wenigen Ministerien so eine kurze Halbwertszeit von Ministerinnen und Ministern wie im Sportbereich. Insofern halten wir uns eh nicht so schlecht, der zweite Jahrestag naht. Für den Sport ist das nicht unwichtig. Aber auch für den Rest der Republik ist Stabilität von Vorteil – gerade in der aktuell schwierigen Zeit, die uns noch eine Weile begleiten wird. Dass wir für Stabilität stehen, halte ich mir in der Vizekanzlerschaft und als Mitglied des grünen Regierungsteams zugute. Und ja, wenn es für den Sport gut ist, dann - umso besser.
LAOLA1: Ist der Sport beim Vizekanzler - gemeinsam mit Kunst, Kultur und öffentlicher Dienst - gut aufgehoben? Er marschierte ja zuletzt immer wieder von Ressort zu Ressort.
Kogler: Gute Frage, ich finde es einmal gut, dass es das Verteidigungs- und Innen-Ministerium gibt, die großzügige Möglichkeiten bieten, damit Sportlerinnen und Sportler bei allem Streben nach Top-Leistungen im Spitzensport, auch mit beiden Beinen im Leben stehen können. Man müsste es erfinden, wenn es das nicht schon gäbe. Da ist auch die Zusammenarbeit sehr gut, egal ob mit Kollegin Klaudia Tanner oder zuletzt mit Karl Nehammer, mit dem neuen Innenminister wird das auf dieser Ebene auch funktionieren. Zu unserer Rolle im Vizekanzleramt: Ich glaube, dass der Sport sowieso etwas Querschnittiges ist und meiner Meinung nach auch in mehreren Ressorts verankert sein sollte, speziell im Bildungsressort. Hier im Ressort ist es so, dass wir im Bereich Kunst und Kultur ein eigenes Staatssekretariat eingerichtet haben. Das wäre sonst auch nicht bewältigbar, weil meine Hauptarbeit ja natürlich in der Regierungskoordinierung und der Vizekanzlerschaft liegt. Die Kombination aus Sport und Kunst bzw. Kultur hat sich in der Pandemiebekämpfung bewährt, weil man gemeinsam an einem Strang gezogen hat, die Maßnahmen immer vergleichbar halten konnte.
LAOLA1: Ist der Aufwand für das Sport-Ressort in Prozenten festzumachen?
Kogler: Schwierig, die meiste Zeit - das muss man ehrlich sagen – erfordert die Regierungskoordinierung. Aber: Das Ganze hat einen gewissen Vorteil, und das ist kein grünes Phänomen: Wenn der Sport bei der Vizekanzlerschaft ist, wird er von vielen beobachtet und auch für die Politik interessant. Und das hat den Effekt, dass man aus dieser Rolle heraus ein besonderer Fürsprecher für den Sport sein kann. Und gerade gemeinsam mit dem neuen Finanzminister (Anm.: ÖTV-Präsident Magnus Brunner), der ja sehr sportaffin ist, erwarte ich mir da doch einiges.
LAOLA1: Aber auch Sie gelten als sehr sportaffin. Stimmt das?
Kogler: Ja, das stimmt. Bei mir im Büro laufen – so es die Zeit erlaubt - regelmäßig Sport-Live-Übertragungen. Das ist eigentlich der Hauptgrund, warum ich einen TV-Schirm in meinem Büro habe. Am Fußball beispielsweise bin ich sehr interessiert. So habe ich – und wir verschweigen das auch nicht – regelmäßig Kontakt mit Christian Jauk, weil wir uns seit vielen Jahren von Sturm Graz her kennen. Ich habe auch gute Kontakte zu vielen weiteren Funktionären in verschiedensten Ligen. Und so gesehen ist es auch kein Zufall, dass der Sportligen-Fonds so aussieht wie er aussieht. Wir nehmen auch Kritik auf und drehen an den notwendigen Schrauben.
LAOLA1: Wann und wo waren sie das letzte Mal bei einem Live-Sport-Event?
Kogler: Das war am 7. September bei der Niederlage des ÖFB-Teams gegen Schottland im Happel-Stadion. Seither musste ich viele Besuche von Events absagen, die ich fix eingeplant hatte: den Davis-Cup in Innsbruck oder den Biathlon-Weltcup in Hochfilzen. Meistens war die Pandemie der Spielverderber.
Das Gespräch führte Peter Rietzler