Mit dem Abgang von Stober bleiben im Thiem-Team abseits der Familie angeführt von Vater und Coach Wolfgang Thiem nicht mehr viele langjährige Weggefährten übrig. Coach Nicolas Massu, der seit 2019 mit Thiem arbeitet, ist mittlerweile das längst dienende dauerhafte Team-Mitglied.
Die langwierige und etwas unschöne Trennung von Langzeit-Coach Günter Bresnik ist noch in guter Erinnerung, das Engagement von Tennis-Legende Thomas Muster entwickelte sich zum Intermezzo.
Die Zusammenarbeit mit dem chilenischen Fitness-Coach Duglas Cordero kam aufgrund der Corona-Krise ins Stocken - der Südamerikaner war zuletzt bei den US Open an der Seite der Überraschungs-Finalistin Leylah Fernandez zu sehen. Zudem kam es im Frühjahr auch zum Ende der Zusammenarbeit mit Manager Herwig Straka.
Straka befürwortet Engagement von Blanco
Seit Anfang Juni, also kurz vor der verhängnisvollen Verletzung auf Mallorca, wird Thiem von Galo Blanco im Namen der Firma Kosmos gemanagt.
Zumindest bei der Trennung von Straka habe es aber kein böses Blut gegeben. Ganz im Gegenteil: Der Steirer, unter anderem auch Turnierdirektor der Erste Bank Open, findet die Entscheidung Thiems, sich in die Hände von Blanco zu geben, gut. Das erklärt Manager Straka im Gespräch mit LAOLA1 folgendermaßen: "Ich kenne Galo sehr gut. Er ist sicher ein sehr guter Mann. Ich stehe auch oft in Kontakt mit ihm, da er ja auch für Kosmos beim Davis Cup mitarbeitet und wir Veranstalter des Davis-Cup-Finales in Innsbruck sind."
"Am Anfang war ja gar nicht klar, ob überhaupt ein neuer Manager kommt, als ich aber gehört habe, dass es Galo wird, habe ich gleich gesagt, dass es für Dominic die beste Entscheidung ist", hat Straka nur lobende Worte für den 44-jährigen Spanier Blanco, der selbst einmal die Nummer 40 der Tennis-Welt war, übrig.
Thiem machte bereits gute Erfahrungen mit Blanco
Blanco agierte 2018 bereits als Touring-Coach von Thiem, ehe ihn der Ruf von Kosmos ereilte, wo er an der großen Davis-Cup-Reform mitarbeiten durfte.
Die schon gemachten Erfahrungen mit Blanco waren für Thiem schließlich ausschlaggebend, wie er bereits Ende August gegenüber LAOLA1 erklärte: “Es haben sich neben Kosmos viele andere Management-Firmen gemeldet. Galo war auf jeden Fall der springende Punkt, weil die Arbeit 2018 damals einfach richtig gut funktioniert hat. Als ich gehört habe, dass da eine Zusammenarbeit zustande kommen könnte, habe ich eigentlich null gezögert. Er hat mich ja damals ja auch quasi wegen Kosmos verlassen. Jetzt ist er wieder zurück."
Und auch die Zusammenarbeit mit Kosmos laufe ganz hervorragend: "Ich war schon ein paar Mal dort und es taugt mir. Ich fühle mich super aufgehoben und jetzt liegt es an mir. Die haben ihren Job super gemacht, haben sich allerdings auch einen schlechten Zeitpunkt ausgesucht, um mit mir zusammenzuarbeiten", scherzt Thiem mit Hinweis auf seine kurz danach erlittene Handgelenksverletzung.
Melzer: "Galo ist extrem professionell"
Die guten Erfahrungen mit Blanco kann übrigens auch Jürgen Melzer bestätigen. Der ÖTV-Sportdirektor wurde von Blanco 2013 bis 2014 als Trainer betreut. "Ich hatte Galo als Trainer und Dominic hat ihn jetzt als Manager. Das sind natürlich zwei völlig verschiedene Paar Schuhe", meint Melzer im Gespräch mit LAOLA1. "Aber Galo ist extrem professionell und plant alles super durch. Er ist beispielsweise immer pünktlich. Alle Sachen, die man als Manager benötigt, bringt er auf jeden Fall mit."
"Er hat durch seine Nähe zu den spanischen Top-Spielern auch sehr viel Erfahrung – da bekommt man einfach sehr, sehr viel mit. Deshalb glaube ich, dass das ein sehr, sehr guter Mann ist", ist auch der ehemalige Weltranglisten-Achte aus Deutsch-Wagram vom Spanier überzeugt.
Jez Green als neuer Athletik-Trainer
Schon im August sorgte Blanco für den ersten personellen Input: Nach einer dreiwöchigen Testphase wurde Jez Green als neuer Athletik- und Konditionstrainer von Thiem präsentiert.
Der 49-jährige Brite arbeitete von 2006 bis 2015 mit dem ehemaligen Weltranglisten-Ersten Andy Murray zusammen und war seither als Sportwissenschafter für den US-Tennis-Verband USTA tätig. Zudem betreute er den deutschen Olympiasieger Alex Zverev.
"Die Testphase ist mega gelaufen", erzählte Thiem im Gespräch mit LAOLA1 über die neue Zusammenarbeit mit Green. "Ich war wieder richtig fit. Es hat alles gepasst. Jez ist ein super Mann, der nie frei war, sonst hätte ich ihn vielleicht schon früher geholt, jetzt haben wir das probiert und es hat super funktioniert."
Entgegen früherer Medienberichte soll Thiem allerdings auch weiterhin auf die Dienste des österreichischen Fitnesstrainers Mike Reinprecht zurückgreifen, der schon vor Jahren von Bresnik ins Team geholt wurde und früher meistens bei den Saisonvorbereitungen für den Konditionsaufbau verantwortlich war. "Er ist neben Jez Green weiter im Team dabei und immer auf Abruf bereit, wenn ich ihn brauche", so Thiem, der sich von Green neue Inputs erhofft.
Auch Melzer befürwortet das Engagement eines derartigen Klasse-Manns: "Ich habe das auch nur aus den Medien gelesen, aber wenn er den jetzt wirklich als Zusatz-Kondi-Coach geholt hat, dann ist das sicher eine tolle Sache. Einen Mann wie Jez Green im Team zu haben, schadet sicher nie. Er hat extrem viel Erfahrung."
Melzer nach Team-Umbau zum Career High
Grundsätzlich sieht Melzer auch im Umbau des Betreuer-Teams einige Chancen: "Wenn ein neuer Mann kommt, werden einfach auch neue Sache gemacht. Da werden neue Impulse und Reize gesetzt, die dich weiterbringen können", sagt Melzer, der aber natürlich auch festhält, dass es dafür keine Garantien geben kann. "Das heißt nicht, dass es immer funktioniert, aber in diesem Fall bin ich mir auf alle Fälle sicher, dass er weiß, was er tut."
Im Rückblick auf seine eigene Tennis-Karriere habe es sich für Melzer damals auf jeden Fall rentiert, als er im Alter von 26 Jahren ebenfalls sein komplettes Team auswechselte. "Bei mir hat es sich extrem ausgezahlt, als ich mich dazu entschieden habe, Joki (Anm.: Nyström, Coach) und Jan (Velthuis, Physio) ins Team zu holen und danach auch noch Ronnie (Leitgeb) als meinen Manager zu engagieren. Danach sind meine größten Erfolge gekommen. Wenn es aber so einfach wäre, dass man mit jedem Teamwechsel so etwas machen kann… So ist es ja auch nicht. Bei mir hat es aber sicher super funktioniert", erklärt der ehemalige French-Open-Halbfinalist rückblickend.
Auch Straka kann die Änderungen im Team durchaus nachvollziehen: "Ich stehe mit Dominic meistens per SMS oder Nachrichten in Kontakt. Es ist seine Entscheidung und jede Pause hat natürlich das Potenzial, dass man Änderungen an seinem Team vornimmt. Jetzt sind halt Leute, die schon lange dabei waren, nicht mehr dabei. Das ist sein gutes Recht. Die Bestätigung wird es erst im Nachhinein geben."
Hoffen auf baldige Rückkehr auf die ATP-Tour
Bleibt nur mehr die Frage zu beantworten, wann Thiem wieder auf die Tour zurückkehren wird können. Am 4. Oktober wird sich der Lichtenwörther einem Belastungstest unterziehen. Besteht er diesen, würde Thiem ab November wieder mit dem Training beginnen, um bei den Australian Open Mitte Jänner sein Comeback geben zu können. Klappt es nicht, müsste sich Thiem einer Operation unterziehen. Dann könnte er erst ab Februar oder März 2022 wieder mit dem Training beginnen.
Straka: "Ich kann nur hoffen, dass der Heilungsprozess bei Dominic möglichst schnell abgeschlossen ist. Es wird sicher noch lange brauchen, bis er wieder in Höchstform spielt. Selbst nach der Heilung wird es noch Monate dauern, bis er wieder dorthin kommt, wo er vorher war. Je früher die Heilung, desto besser natürlich für uns alle."
Wie heikel das Thema Handgelenk sein kann, weiß auch Melzer nur zu gut aus eigener Erfahrung. "Ich hatte etwas anderes am Handgelenk: Bei mir ist damals die Daumenstrecksehne abgerissen. Mohamed Khalifa hat das zum Glück für mich erledigt. Eine Handgelenksverletzung ist für einen Tennisspieler einfach immer schlecht. In diesem Gelenk ist einfach so wenig Platz, dass du die ganze Zeit Probleme hast, wenn da irgendwas nicht mehr zu 100 Prozent funktioniert."
Melzer wünscht seinem niederösterreichischen Landsmann nur das Allerbeste: "Ich hoffe für Dominic, dass das für ihn ohne Operation über die Bühne gehen kann. Das Handgelenk ist bei einem Tennis-Spieler in Dauerbeanspruchung, deshalb wäre es schön für ihn, wenn er das ohne OP schaffen kann."
Thiem gibt sich in jedem Fall positiv und zeigt sich angesichts der letzten erfolgreichen Jahre auch demütig: "Ich habe meinem Körper in den letzten Jahren eh alles abverlangt und er hat mich nie wirklich im Stich gelassen. Ich habe voll trainiert und nie irgendwas gehabt. Jetzt habe ich halt das erste Mal Pech mit einer Verletzung.“
Und abschließend betont die aktuelle Nummer acht der Tenniswelt: "Ich sehe es ein bisserl als Halbzeit meiner Karriere. De letzten sechs Jahre waren unglaublich, besser als ich es mir je erträumt habe. Jetzt erlebe ich ein mieses Jahr, aber ich hoffe, dass noch sechs, sieben gute Jahre folgen werden."