news

Was passiert, wenn der "Co" übernimmt?

Was passiert, wenn der "Co" übernimmt? Foto: © LAOLA1

Von der Auftaktrunde der win2day Basketball Superliga habe ich - was eher die Ausnahme bleiben wird - bis auf die letzten Minuten des Supercup-Spiels nur die Live-Stats verfolgt. Der Grund: Ein Urlaub in Kolumbien. Am Wochenende befand ich mich gerade an der Karibikküste in einem Ort, der noch vor weniger als 20 Jahren Schauplatz von Terror durch Paramilitärs, Guerrillas und Drogenkartellen gewesen war. Mittlerweile unterläuft das wundervolle Land einen Wandel und ist in weiten Teilen für Touristen entspannt zu bereisen, auch wenn es natürlich noch viele Probleme zu lösen gilt.

"Der Rückhalt der Führungsspieler kann vor allem jungen Trainern das Leben deutlich leichter machen."

Hubert Schmidt
Beneidenswertes Timeout: Schmidt verfolgte die erste BSL-Runde vom Karibik-Strand aus

Von einem großen Wandel war beim Supercup noch nichts zu sehen: Wie schon in der jüngeren Vergangenheit setzte sich Gmunden knapp gegen den BC Vienna durch. Besonders freue ich mich für den gesundheitlich schwer geprüften Swans-Coach Anton Mirolybov, den ich seit dem FIBA Europe Coaching Certificate gut kenne. Das Premierenwochenende lässt jedenfalls eine spannende Saison erwarten.

Eine Besonderheit ereignete sich in St. Pölten: Kapfenbergs Neo-Coach Antonio Herrera musste erkrankt passen, für ihn sprang mit Klym Artamonov ein Liga-Neuling ein, der im Frühjahr noch als Spieler aktiv gewesen war. Anlass genug, sich dieser Situation genauer zu widmen – was passiert, wenn ein Assistant Coach übernehmen muss?

Grundsätzlich ist - neben Erfahrung und Know How des „Co“ - sicherlich die Enge der Zusammenarbeit zwischen Head und Assistant Coach der Schlüssel zu einem problemlosen Einspringen. Ich persönlich finde, dass die Qualität der Arbeit und des Auftretens des Staffs allgemein stark davon abhängt, wie gut der Chef seine Assistenten und Spezialisten einbindet (und bis zu einem gewissen Maß auch ausbildet).

Klym Artamonov kam unverhofft früh zu seinem Head-Coach-Debüt
GEPA

Es ist mittlerweile schon recht lange her, aber mir ist noch immer ein Facebook-Kommentar über einen vielfachen österreichischen Meister-Trainer in schlechter Erinnerung, der hämisch in etwa so lautete: "Assistant Coach flüstert Head Coach ein und der sagt es dann den Spielern 1-zu-1 weiter, in Wahrheit coacht ja der Co-Trainer."

Ich habe den Kommentar damals als absurd empfunden und tue es immer noch. Warum sollte ein Trainer nicht versuchen, das Wissen und Können seines Assistant maximal zu nutzen? Alles andere wäre doch dumm.

Es ist auch nicht damit getan, den Assistenten einfach machen zu lassen, im Gegenteil: Sich abzustimmen, sich mit den Inputs der anderen Staff-Mitglieder auseinanderzusetzen, ist deutlich mehr Arbeit und Aufwand, als alles im Alleingang zu machen. Rückblickend habe auch ich aus meinen Assistants in jenen Saisonen zu wenig herausgeholt, in denen ich nicht genug Zeit gefunden habe, mich mit ihnen abzustimmen und die Saison und die Trainings detailliert gemeinsam zu planen.

Nach diesem kleinen Exkurs zurück zum eigentlichen Thema: Welche Auswirkungen hat der Ausfall eines Head Coaches? Für diesen selbst ist es nie ein Vergnügen. Auch wenn das Team stabil ist, man volles Vertrauen in seinen Assistant Coach hat und man für eine Krankheit oder einen familiären Notfall nichts kann – irgendwie fühlt man sich trotzdem insgeheim schuldig, dem Team nicht wie gewohnt helfen zu können. Bei einem Sieg ist man stolz und freut sich, aber nicht dabei gewesen zu sein, ist auch in diesem Falle nicht angenehm.

Für den Co-Trainer ist es oft eine gute Gelegenheit, sich selbst in einer neuen Rolle zu beweisen oder einfach Erfahrung zu sammeln. Natürlich kann es auch überwältigend sein, wenn gerade eine Schnittpartie ansteht oder im Team Turbulenzen herrschen. Für ganz entscheidend in dieser Situation halte ich die (Vorab-)Kommunikation des Assistant Coaches mit den routinierten Aktiven. Der Rückhalt der Führungsspieler kann vor allem jungen Trainern das Leben deutlich leichter machen.

Umgekehrt ist diese Kommunikation auch für die Spieler wichtig: Wenn man sich schon im Vorhinein eventuelle (und ganz normale) Defizite des Assistant Coaches bewusst macht und anspricht (z.B. mangelnde Abgeklärtheit oder Autorität), kann man dann im Spiel sicherlich gemeinsam viel souveräner damit umgehen. Manch ein Spieler, der sich unter dem Head Coach vielleicht auf irgendeine Art eingeengt fühlt, kann solche Matches durchaus auch als eine gute Chance wahrnehmen.

Welchen Einfluss hat ein Ausfall auf Gegner und Schiedsrichter? Ich denke, auf den Gegner praktisch keinen. Am ehesten fühlt man sich vielleicht gewarnt, weil man erwartet, dass sich eine Mannschaft ohne ihren Head Coach besonders reinhauen wird. Was die Refs betrifft, kann ich nur mutmaßen: Wahrscheinlich tut es allen gut, ab und zu jemanden an der Seitenlinie zu sehen, mit dem man bei „Null“ beginnt und mit dem man keine etwaigen Diskussionen aus den vergangenen Runden mitschleppt, und sei es nur unbewusst.

Dennoch wünsche ich natürlich allen Head Coaches der BSL, dass sie künftig ausnahmslos bei allen Spielen dabei sein können!

Kommentare