Beide Seiten schweigen sich aus, Liga-Geschäftsführer Christian Feichtinger gab sich in seinen Aussagen eher schmallippig, der ÖEHV lehnte überhaupt jede Form der Stellungnahme ab. Die Rahmenbedingungen und Verhandlungsgrundlagen liegen aber auf der Hand.
Was ist der Kooperationsvertrag überhaupt?
Das Äquivalent zum "Game Plan" bei TV-Übertragungen – jeder redet davon ("Da ist der Game Plan voll aufgegangen", "Jetzt muss der Game Plan aber geändert werden") ohne diesen Terminus je mit Leben oder Erklärungen zu füllen.
Es geht dabei lapidar gesagt um die Zusammenarbeit zwischen dem Verband und der ICE in schriftlicher Form. Wie in anderen Ländern hat sich die Profiliga schon vor langem rechtlich, wirtschaftlich und organisatorisch vom Verband losgelöst und verwaltet sich seit der Saison 2005/06 selbst.
Wenn die Liga selbständig ist – wozu dann ein solches Abkommen?
Nichts wäre der Liga lieber als eine völlige Trennung in Profi- (ICE) und Amateursport (ÖEHV). Nur: Das lässt der internationale Eishockeyverband nicht zu. Deren Ansprechpartner sind immer Verbände, nie Ligen.
Als Beispiel: Die KHL setzt sich aus Teams aus sechs Ländern zusammen, ist natürlich mehr als nur eine Nummer größer als die ICE. Als Repräsentant und Administrator muss aber der russische Eishockey-Verband auftreten.
Es geht vor allem um die Administration: Der Verband stellt im Verbund mit der IIHF die internationalen Transferkarten aus (zumindest für die österreichischen Teams als auch für den Grenzgänger Orli Znojmo) und ist natürlich auch für das Meldewesen der österreichischen Cracks zuständig. Referees müssen ebenfalls bei einem Verband gemeldet sein, Schiedsrichter können nicht nur als freie Dienstnehmer einer Liga agieren.
Eine "Wilde Liga" würde also schon daran scheitern, Spieler und Referees bereitzustellen. Gegenüber der Champions League oder der "European Hockey Clubs Alliance" (Zusammenschluss der europäischen Profiteams) ist die ICE als Rechtskörper voll anerkannt, gegenüber der IIHF braucht es aber einen Trägerverband. Eine Zusammenarbeit zwischen den Profiligen und den jeweiligen Verbänden ist also unerlässlich, wie eng oder lose diese ist, ist der IIHF wiederum völlig egal.
Kooperations- oder Lizenzvertrag?
(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt.)
Die Verhandlungen waren immer schon von Geheimhaltung und Verzögerung geprägt, die Option für eine weitere Zusammenarbeit lief aber im letzten Sommer endgültig aus. Kurios in den letzten Jahren: Klaus Mittendorfer saß als ÖEHV-Präsident und Vertreter des Ligasponsors "Erste Bank" quasi auf beiden Seiten des Verhandlungstisches.
Dazu kam noch ein nebulöses „Austrian Hockey Board“ (später selig entschlafen), aus dem irgendwann weißer Rauch und der fürchterliche Marketing-Sprech "Die Liga bekennt sich zum Nationalteam" aufstieg. Die oftmals angekündigte Legionärsreduzierung wurde nie angegangen bzw. zurückgenommen, man hangelte sich so von Verlängerung zu Verlängerung.
Von einer Kooperation kann also nur sehr bedingt die Rede sein, es handelt sich in der Realität mehr um einen Lizenzvertrag. Der ÖEHV ließ sich seine Rolle als Bindeglied zur IIHF finanziell abgelten, hielt sich aber sonst aus der Ligagebarung völlig fern.
Wie langsam die Sache von statten geht, lässt sich auch aus einer ÖEHV-Presseaussendung vom September 2020 ersehen. Da wird Präsident Klaus Hartmann bezüglich des Kooperationsvertrags zitiert: "Noch vor Ende des Jahres sollten wir wissen, wohin wir uns bewegen."
Jetzt schreiben wir fast Juni 2021 und die erste Verhandlungsrunde steht erst an. Der ÖEHV kann noch mit keinen Ligageldern planen, die ICE steht noch ohne Regeln für die nächste Saison da.
Der ÖEHV braucht das Geld der Liga
Wie gesagt: Ein Verband muss als Liga-Feigenblatt fungieren, daran führt kein Weg vorbei. Natürlich hat sich das der ÖEHV bisher gut abgelten lassen, obwohl der Betrag (kolportierte 400.000 Euro pro Saison) nicht als absolut anzusehen war. Schließlich sponserte die Erste Bank sowohl die Liga als auch den Verband, Geld hat ja kein Mascherl und die Abstellungsgebühren für die Nationalspieler mussten auch abgerechnet werden. Trotzdem gutes Geld für einen reinen Administrativstatus.
Selbst in einem funzeligen Licht könnte der ÖEHV derzeit nicht mit Krösus verwechselt werden, die Lizenzgebühr ist ein wichtiger Faktor für die angespannten Finanzen. Daher zur Klarstellung das Alternativszenario: Der Verband führt wie in alten Zeiten die Liga selbst. Dann könnten sie sich zwar die Regeln geben, die sie möchten, wären aber für den Spielbetrieb, Sponsor- und TV-Verhandlungen etc. selbst verantwortlich.
Für die jetzige Führungsetage, die sich vor allem dem Frauen-, Para- und Amateureishockey verpflichtet sieht, noch unvorstellbarer als zuvor und wäre im europäischen Eishockey auch ein Unikum. Die höchste überregionale Männerliga, die der Verband vor und während der Ära Hartmann ausgerichtet hat, war die U16-Meisterschaft!
Der Rest segelt schon lange unter dem Schirm der ICE bzw. der Firma von Geschäftsführer Christian Feichtinger. Auch die Administration der AlpsHL wird dem Verband gegenüber finanziell abgegolten. Vier Ligen (zu diesen beiden Erwachsenenligen noch die U18 und U20-Meisterschaften) wieder im Schoße des Verbandes? Daran denkt wohl niemand ernsthaft…
Den österreichischen und dazu noch den ausländischen Profiteams (nächste Saison sechs von 14) Vorgaben bezüglich der Legionärszahlen zu machen, ist zwar ein Wunschtraum, entspringt aber einer Zeit, als der Präsident und sein Sekretär (mehr gab es früher bei Verbänden nicht) die Richtung vorgaben und die Vereine kuschten. Diese Denkweise kommt ungefähr aus der Zeit des Schwarz-Weiß-Fernsehens.
Schon der Wunsch, dass die VEU Feldkirch als neuntes österreichisches Team doch in die Liga aufgenommen würde, blieb unerfüllt. Die Überlegung, wonach Doppelstaatsbürger in der ICE kontingentiert werden sollten, stünde sogar im Widerspruch zu den ÖEHV-Meldevorschriften, kann daher nur als feindlicher Akt angesehen werden.
Umgekehrt sitzen die ÖEHV-Funktionäre noch verstärkt einem Irrglauben auf: Mit einer Legionärsreduzierung würde das österreichische Eishockey unvermeidlich prosperieren, die Nachwuchsprobleme wären damit unter den Teppich gekehrt.
Über eine solche Reduzierung wird auch in Deutschland seit langem diskutiert, wovon sich deren Nationalteam bei den Erfolgen der letzten Jahre seltsamerweise nie beeindrucken ließ. DEB und DEL verließen nicht nur in dieser Frage ihren jahrelangen Konfrontationskurs, die Zusammenarbeit in letzter Zeit könnte hierzulande als Vorbild dienen.
Löst ein anderer Verband den ÖEHV ab?
Ein Verband muss die Liga administrieren, Betonung auf "ein". Der slowenische oder italienische Verband würde sich sicher selbst bei einer reduzierten Morgengabe die Finger lecken, der ÖEHV würde finanziell durch die Finger schauen.
Der könnte wiederum damit kontern, den österreichischen Teams nicht die Freigabe für eine internationale Liga zu erteilen, die könnten wiederum wie Znojmo Postkastenadressen gründen. Auch die Refs könnten aus anderen Ländern kommen, respektive sich bei diesen Verbänden anmelden. Es wäre ein Hin und Her, für das niemand Zeit oder Appetit haben sollte, mit Drohgebärden kommt keine Seite ihrem Ziel näher und die Uhr bis zur nächsten Saison tickt laut und deutlich.
Knapp zwei Monate vor Trainingsbeginn wissen die Teams nicht über die Legionärs- und Punktezahlen für die nächste Saison Bescheid, der Verband steht umgekehrt ohne eine fixe Zusage für einen großen Brocken des Budgets da. Auch wenn es wieder auf eine Zweckehe hinausläuft – die funktionieren oft besser als Liebesehen…