Sie haben härter gekämpft und gearbeitet als wir. Das ist nicht zu akzeptieren!
Zwar habe die einwöchige Pause nach coronabedingten Spielabsagen der Dornbirn Bulldogs und des VSV "nicht geholfen", aber sein Team müsse "selbst klug genug sein und erkennen, dass wir zu Beginn etwas 'eingerostet' sein werden. Dementsprechend sollten wir uns etwas intelligenter verhalten."
Doch gerade im ersten Drittel waren die Donaustädter den "Bullen" hoffnungslos unterlegen. Magere zwei Torschüsse standen für die Capitals zu Buche, Salzburg offenbarte hingegen im vierten und letzten Grunddurchgangs-Duell sein wahres Potenzial.
Mit aggressivem Pressing wurden die Caps im Spielaufbau tief in die eigene Zone gezwungen, speziell in den ersten 20 Spielminuten fand der zweifache Meister kaum Lösungen, um sich aus den Fängen der Mozartstädter zu befreien. Eine doppelte Überzahl wurde kläglich vergeben, stattdessen hätte Ex-Caps-Angreifer Peter Schneider beinahe einen Shorthander erzielt.
Der ICE-Dominator von der Salzach wusste, wie er den Wienern wehtun kann. Dass der Führungstreffer aber in einem Powerplay fiel, kam dann doch etwas überraschend, zählen die Special Teams doch zu den Trümpfen der Mannschaft von Dave Barr.
Nur neun Sekunden benötigte T.J. Brennan nach einem Stockschlag von Luke Moncada, um sein 20. Saisontor zu markieren - es sollte nicht das letzte des Defenders an diesem Abend sein. Bei diesem Treffer zeigte sich schnell, dass das Team aus Wien-Kagran immer einen Schritt hinterher ist.
"In der ersten Pause hat man mich bestimmt in der gesamten Halle gehört", meinte Barr und deutete an, dass seine Pausenansprache wohl etwas lauter ausfiel. Zurecht, denn seine Cracks mussten wachgerüttelt werden, ansonsten drohte im weiteren Spielverlauf ein Debakel.
"Einige Spieler sind die ganze Zeit nur herumgestanden"
Im zweiten Spielabschnitt stellte sich jedoch kaum Besserung ein, ganz im Gegenteil: Die Capitals verteilten sogar Geschenke.
Nach einem Zweikampf an der Bande spielte James Sheppard, einer der konstantesten Spieler in dieser Saison, die Scheibe genau auf den Schläger von Ty Loney, der seinem ehemaligen Teamkollegen Bernhard Starkbaum mit einem ansatzlosen Schuss keine Abwehrchance ließ.
Und es kam noch dicker: Nach einem gewonnenen Bully schnürte Loney nur 114 Sekunden später seinen Doppelpack. Ein Tor, welches Salzburg in dieser Saison bereits in mehrfacher Ausführung erzielte und dementsprechend auch zu verhindern gewesen wäre.
Aber, und das war nicht nur in dieser Situation auffällig: "Einige Spieler sind die ganze Zeit nur herumgestanden", kritisierte Barr. "Wir bauen darauf, dass jeder den Unterschied ausmachen kann, nicht nur drei oder vier Spieler. Jeder muss seinen Beitrag zum Spiel liefern, das war heute aber nicht der Fall. Das hat sich auch auf dem Eis gezeigt."
Dabei geht es auch um die richtige Einstellung, die jeder "selbst kontrollieren kann. Sie haben härter gekämpft und gearbeitet als wir. Das ist nicht zu akzeptieren!"
"Geben Tore her, die wir mit Fehler selbst verschulden"
Nach dem 0:3 zeigten die Wiener zumindest eine erste Reaktion, stellte Joel Lowry nach perfektem Zuspiel von Nicolai Meyer auf 1:3. Der dänische Peking-Rückkehrer war bei seinem ersten Spiel seit Olympia zwar stets bemüht, zumeist fehlte aber die Abstimmung mit seinen Linemates, wodurch er viele Fehlpässe produzierte. Zudem wusste Salzburg, ihm mit harten Checks die Lust am Spiel zu nehmen. Immer wieder fuhr der Flügelstürmer mit hängendem Kopf zur Bank zurück.
Im zweiten Salzburger Powerplay des Abends netzte Brennan zum zweiten Mal ein, allerdings auch begünstigt durch ein zaghaftes Stellungsspiel der Caps. Denn im Gegensatz zum Bullen-Penaltykilling wurde jegliche Aggressivität im Unterzahlspiel der Hauptstädter vermisst.
"Wir geben zwei Tore in Unterzahl her, die wir mit Fehler selbst verschulden", war Barr sauer. Zwar sorgte Sheppard mit seinem Tor zum 2:4 wieder für einen kleinen Hoffnungsschimmer, im Schlussabschnitt war jedoch kaum noch etwas möglich.
So durfte RB-Youngster Luca Auer nach fatalem Schnitzer von Anton Karlsson über seinen ersten Treffer in der bet-at-home ICE Hockey League jubeln. Das 3:5 von Joel Lowry kurz vor Spielende in Überzahl diente lediglich der Ergebniskosmetik.
Barr brachte daraufhin einen treffenden Vergleich: "Wenn wir mit großem Vorsprung an der Spitze wären, würde ich das nächste Spiel trotzdem sehr ernst nehmen. Gehst du jemals in ein Spiel und sagst: 'Mir ist es egal, wie es ausgeht?' Nein, natürlich nicht."
Gegner Red Bull Salzburg verdeutlichte diese These mit einer perfekten Arbeitseinstellung - ganz im Gegensatz zu den Capitals. Das stieß Barr wiederholt sauer auf: "Es gibt immer Kleinigkeiten, die wir besser machen müssen. Aber heute ist es zum ersten Mal in dieser Saison der Fall, dass ein Team härter als wir gearbeitet hat - und das deutlich."
Niederlagen können sich die Capitals "nicht leisten"
Keine idealen Voraussetzungen für die verbleibenden Grunddurchgangs-Spiele in Ljubljana (Donnerstag, 19:45 Uhr), Pustertal (Freitag, 19:15 Uhr) und erneut gegen Ljubljana (Sonntag, 17:30 Uhr) - allesamt direkte Konkurrenten um ein fixes Playoff-Ticket.
"Natürlich werden das schwierige Spiele werden", betonte Barr, "ich kann mich auch nicht an leichte Spiele erinnern." Man wisse, dass es wichtig ist, in diesen Spielen Punkte zu sammeln. Eingeschlossen jenem gegen Salzburg, das in die Hose ging.
"Heute konnten wir keine holen. Wir müssen aus diesem Spiel unsere Lehren ziehen, das habe ich den Spielern auch mitgeteilt", hoffte der Head Coach auf Besserung in den kommenden Begegnungen. Denn: Niederlagen tun in dieser Phase der Saison "wirklich weh, das können wir uns nicht leisten", wusste der Kanadier.
In Ljubljana soll daher ein Sieg her, um das direkte Playoff-Ticket so gut wie sicher in der Tasche zu haben. An ein Verpassen der Top-6 glaubt in Wien ohnedies niemand, wie die Verpflichtung von Simeon Schwinger aus Dornbirn beweist (Alle Infos >>>).
Der 24-jährige Österreicher und zwölffache Nationalspieler soll das Spiel der Capitals weiter beleben - nach dem Spiel gegen Salzburg ein bitter nötiger Schritt.