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Capitals: "Diese Verunsicherung ist ein Schneeball-Effekt"

Capitals: "Diese Verunsicherung ist ein Schneeball-Effekt" Foto: © GEPA

Nach acht Niederlagen am Stück war die Erwartungshaltung für den Klassiker gegen den KAC nahe der Nullgrenze.

Und schon früh wurde klar, dass die längste Pleitenserie in der Geschichte der Vienna Capitals um ein weiteres Spiel ausgedehnt wird.

Am Ende haben die Wiener in der ersten Partie seit der Beurlaubung von Headcoach Marc Habscheid zwar nur mit 2:5 verloren, wären die Klagenfurter mit ihren Chancen jedoch effizienter umgegangen und hätte sich im Schlussabschnitt nicht der Schlendrian eingeschlichen, wäre das Ergebnis deutlich höher ausgefallen.

Stattdessen konnten die Donaustädter etwas Hoffnung aus dieser Partie schöpfen, nach einem zwischenzeitlichen 0:5 wurden im letzten Drittel noch zwei Tore erzielt und dieses damit für sich entschieden. Ein kleiner, aber womöglich wichtiger Etappenerfolg auf dem Weg aus der Krise.

"Du brauchst diese kleinen, positiven Erlebnisse", weiß Christian Dolezal. Der Interims-Headcoach betont selbst, dass man nur von Wechsel zu Wechsel denken dürfe. Es darf etwa nicht selbstverständlich sein, "wenn du einen Schuss blockst. Sowas muss dir und der Bank Momentum geben."

Kein Vorwurf an Lorenz Widhalm

Das Momentum war an diesem Abend allerdings zumeist auf Seiten der Gäste, die von hunderten Anhängern angepeitscht wurden. Besonders im ersten Drittel durfte der KAC schalten und walten, wie er wollte - die Folge waren Treffer von Johannes Bischofberger, Manuel Ganahl und Matt Fraser.

0:3 nach 20 Minuten also, damit war auch der Arbeitstag des 20-jährigen Schlussmanns Lorenz Widhalm schon wieder beendet. War es ein Fehler, den Torhüter von Anfang an zu bringen? Dolezal verneint und betont: "Das würde ich nochmal so machen, aber du musst so einen jungen Spieler irgendwann schützen."

Es gehe dabei auch darum, der Mannschaft nochmal einen Push zu geben - ein altbewährtes Mittel im Eishockey. Dolezal vertraut allen drei Torhütern, wobei Sebastian Wraneschitz aktuell verletzt ist. "Sonst hätte er heute wohl den Start bekommen", so Dolezal.

"Man sieht teilweise bei gestandenen Spielern, wie nervös sie mit und ohne dem Puck sind."

Interims-Coach Christian Dolezal

Für Widhalm sei es hingegen eine große Chance gewesen. Der 37-Jährige bereut "überhaupt nicht", auf den Jung-Goalie gesetzt zu haben. "Es ist auch nicht einfach, gegen Klagenfurt und vor so vielen Leuten zu spielen", meint er und hält fest: "Ihn trifft (an der Niederlage, Anm.) überhaupt keine Schuld."

Stattdessen sei die "Fünfer-Truppe" vor ihm gefordert, "die am Eis zusammenhalten muss, genauso die Kabine. Es wird uns keiner alleine aus der Krise schießen, wir schaffen das nur gemeinsam."

"Diese Verunsicherung ist einfach ein Schneeball-Effekt"

Was macht es aber so schwierig, wieder auf den Erfolgspfad zurückzukehren? Dolezal erläutert: "Diese Verunsicherung ist einfach ein Schneeball-Effekt. Die Jungen muss man schützen, die können nichts dafür. Aber man sieht teilweise bei gestandenen Spielern, wie nervös sie mit und ohne dem Puck sind."

Routiniers a la Mario Fischer, Nico Brunner und Niki Hartl würden zwar wissen, was zu machen ist - agieren aber zu zögerlich. "Das passiert, wenn du in so eine Serie reinrutscht", hat Dolezal Verständnis.

In solchen Phasen hinterfrage der Spieler zwei-, dreimal, ob die Dinge, die er macht, auch so stimmen würden. "Es spielt sich so viel im Kopf ab", sagt Dolezal, dem es weh tut, "das zu sehen."

Teilweise verteile die Mannschaft einfache Geschenke an den Gegner, die dieser dann auch noch bestraft. "Es ist nicht so, dass du sagst: 'Boah, alle Tore waren unglaublich herausgespielt'", bezieht sich der Interims-Trainer auf das KAC-Spiel. Doch es ist ein eigentlich Ebenbild der gesamten Saison, stellt auch Dolezal fest.

"Dafür sind die Gegner in der Liga für uns aktuell zu gut"

Nicht nur defensiv, sondern auch offensiv gibt es einige Kleinigkeiten, die ihn immer noch ärgern würden. Wie zum Beispiel, dass probiert werde, vor dem Tor und rundherum schöne Spielzüge zu kreieren, "statt dass wir einfach hinsnapen, zum Tor gehen und die Drecksarbeit machen", so Dolezal.

Denn nur so komme man aus der Krise. "Wir werden nicht durch den allerschönsten Spielstil rauskommen, dafür sind die Gegner in der Liga für uns aktuell auch zu gut", konsterniert der frühere Caps-Spieler.

Stattdessen müsse das eigene Spiel so simpel wie möglich gehalten werden, daran müsse täglich gearbeitet werden. Das ist zugleich auch eine Schwierigkeit, mit dem das Trainerteam noch konfrontiert ist: "Was sind diese simplen Sachen? Es ist unsere Aufgabe, mit den Spielern gemeinsam da rauszukommen."

Dolezal betont: "Ich alleine schaffe das nicht, ich bin kein Wunderwuzzi. Sie müssen das auch leben und so machen wollen - da reden wir von Schüsse blocken, die Scheibe nach Norden chippen und nicht so viel die Seiten wechseln oder die Scheibe umdrehen."

Die Mannschaft probiere auch, das Spiel einfach zu gestalten. Phasenweise hat es gegen den KAC schon gut geklappt, "phasenweise eher nicht so", sagt der Wiener.

Es gehe außerdem darum, dass der Funke zu den Fans überspringt. Dolezal: "Unser Kapitän (Mario Fischer, Anm.) hat gleich am Anfang einen super Hit gehabt, da müssen alle mitgehen. Dann kommen wir auch wieder zum Leben."

Es braucht Emotionen und Leidenschaft - über 60 Minuten

Stattdessen resultieren aus ein, zwei Stellungsfehlern sofort Gegentore, vor allem das 0:4 im Mittelabschnitt durch Fraser ärgerte den Coach "fürchterlich".

Dem Treffer ging nämlich ein Turnover in der offensiven Zone voraus, danach fühlte sich kein Wiener für den Kanadier zuständig - und der Scharfschütze bedankte sich artig.

Es sind Szenen, die es in dieser noch nicht allzu alten Spielzeit bereits zuhauf gibt. Bestimmt spielt das Verletzten-Lazarett, das am Mittwoch durch Hampus Eriksson erweitert wurde, eine Rolle. Es dürfe aber keine Ausrede sein, stellt der Trainer klar. "Wen interessieren unsere Ausfälle? Das interessiert die Gegner nicht, die Zuschauer nicht."

Stattdessen "müssen wir Emotionen und Leidenschaft für das Spiel zeigen. Wenn wir die Partie verlieren, dann verlieren wir sie eben, aber wir müssen zumindest diese Tugenden aufs Eis bringen. Ich glaube, unsere Burschen können das und wir haben das am Ende auch gezeigt."

Aber man brauche diese Energie von der ersten Sekunde an. Doch auch das sei Teil der Verunsicherung, "du beginnst dann mit angezogener Handbremse."

Letzten Endes glaubt Dolezal daran, "dass man aus so einer Situation gestärkt herauskommt." Doch er weiß selbst: "Man muss erst mal herauskommen."

Die Chancen, dass dies bereits am Freitag im Auswärtsspiel gegen Liga-Krösus Red Bull Salzburg geschieht, sind jedoch äußerst gering.


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