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Bernd Freimüller scoutet die EBEL-Zubringerliga

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Andrew Sarauer, Michael Boivin, Michael Ouzas, Brant Harris, Angelo Miceli – die Liste der Spieler, die direkt aus der ECHL in die EBEL kamen und dort oft über Jahre überzeugten, könnte noch viel länger ausfallen.

Umgekehrt stehen auch unzählige Namen wie Dave Makowski, Jesse Mychan, Matt Neal oder der (Noch)-Linzer Mark Naclerio, deren Beiträge überschaubar und/oder kurzfristig blieben.

Ein Blick auf eine wichtige Zubringerliga für unser Eishockey nach Besuchen zweier Spiele in Fort Wayne und Cincinnati:

Welche Rolle hat die ECHL im nordamerikanischen Eishockey?

Sie wurde im Jahre 1988 gegründet und ist, seit ich mich erinnern kann, die dritte Kraft im nordamerikanischen Ligengefüge, zumindest seitdem es die IHL nicht mehr gibt. Wer heute noch von der East Coast Hockey League spricht, weist sich als Oldtimer aus – diesen Namen gibt es seit 2003 nicht mehr, die vier Buchstaben stehen seitdem für sich alleine als Markenname und nicht als Abkürzung.

Wo sind die Teams angesiedelt?

Der Namenswechsel 2003 wurde vor allem deswegen vorgenommen, weil die Liga schon längst nicht mehr nur an der Ostküste vertreten war. Man muss kein Kenner der amerikanischen Geographie sein, um bei Namen wie Idaho, Colorado, Kansas City, Cincinnati oder Orlando zu erkennen, dass sich die ECHL fast über den ganzen Kontinent erstreckt. Immerhin gibt es seit dieser Saison kein Team mehr in Alaska – die Aces zogen sich (zumindest vorläufig) zurück, was in dieser Liga ein durchaus gängiger Weg ist. Für nächste Saison etwa steht schon fest, dass Quad City den Weg allen Fleisches geht, Colorado in die AHL übersiedelt und mit Portland (Maine) ein neues Team dazukommt. Apropos Portland: Wie Manchester, Worcester und Adirondack handelt es sich hier um ein ehemaliges AHL-Team im Osten, wodurch die ECHL in den letzten beiden Jahren wieder zu ihren Wurzeln zurückkehrte, im Gegensatz dazu aber ihre Präsenz in Kalifornien verlor. Das stete Kommen und Gehen von Teams gehört schon seit Gründung zum Erscheinungsbild dieser Liga…

Wie kann man den Modus und der Spielplan dieser Liga erklären?

In zwei Worten: Gar nicht. Vier Divisions in zwei Conferences, so weit gehen die Parallelen zur NHL und AHL ja noch. Doch während in der NHL vorgegeben ist, wer wie oft gegen wen spielt und sich auch in der AHL noch ein gewisses Muster erahnen lässt, gilt in der ECHL: "Erlaubt ist, was gefällt". Es gibt Teams mit 20 Spielen innerhalb der Division, andere wieder mit knapp 60 von insgesamt 72. Natürlich sollen so viele regionale Spiele wie möglich absolviert werden, allerdings sind einige Gegenden überbesiedelt, andere wiederum lassen sich nur schwer zusammenfassen. Im Gegensatz zur AHL gibt es darüber hinaus (von der Liga nach Gutdünken vorgegeben) auch Spiele außerhalb der eigenen Konferenz. Diese wären dann noch am ehesten mit dem Flugzeug zu bestreiten, ansonsten ist der Bus das Hauptverkehrsmittel – Cincinnatis längste Reise mit der "Iron Lung" beträgt etwa 20 Stunden!

Wo kommen die Spieler her und was verdienen sie?

Bis auf Norfolk sind alle Teams mit NHL- und AHL-Teams "affiliated", sprich verbandelt, aber nicht in deren Besitz. Spieler, die von diesen Teams in die ECHL geschickt werden, bekommen eine "Mitgift" von bis zu 525 Dollar, alles darüber wird gegen die wöchentliche Salary Cap von 12.800 Dollar angerechnet. Dies muss bis zur Obergrenze von 20 Spielern reichen, die Untergrenze liegt bei 9.700 Dollar. Rookies bekommen mindestens 460, etablierte Spieler 500 Dollar pro Woche, Spitzenverdiener liegen bei knapp 1.000 Dollar. Im Gegensatz zur NHL wird dieses Gehalt auch in den Playoffs ausbezahlt und die Unterbringung kann vom Team gestellt werden. Umgekehrt sind die Verträge nicht garantiert und können von beiden Seiten jederzeit gekündigt werden. Daher etwa konnte ein Spieler wie Angelo Miceli Atlanta während der Saison Richtung Bozen verlassen, ohne dass die Gladiators ein Einspruchsrecht hatten.

"Drei-Wege-Verträge" (NHL/AHL/ECHL) gibt es schon seit langem nicht mehr – wenn ein NHL-Team also einen Spieler zwei Stufen nach unten schicken will, muss dieser zustimmen und ihm ist sein AHL-Gehalt garantiert. Vor allem bei Torhütern, die oft im AHL-Team nur dritter Mann sind, geschieht das aber häufiger. Die ECHL ist auch keine Sackgasse: Mehr als 600 NHL-Cracks verdingten sich im Laufe ihrer Karriere in diese Liga, darunter auch der deutsche Stanley-Cup-Sieger Tom Kühnhackl.

Wie scoutet man die ECHL und welches Niveau haben die Spiele?

Einen guten Blick in die Liga mit wenig Reisestrapazen erhält man im Osten (Manchester, Providence, Worcester, Reading) oder wie von mir bevorzugt im Midwesten. Die Fahrt zwischen Fort Wayne und Cincinnati dauerte nur drei Stunden – ein Katzensprung in den USA. Ebenfalls in der Gegend und von Chicago aus anzusteuern: Toledo, Kalamazoo, Indianapolis (dort war ich vor drei Jahren) und heuer noch Quad City (Moline). Das garantiert auf jeden Fall Spiele am Wochenende, für mich waren diesmal Matches am Mittwoch und Donnerstag wichtig.

Umrahmt von neun AHL-Spielen stachen die Unterschiede natürlich noch mehr ins Auge als ohnehin schon: Das Tempo ist auch hier hoch, allerdings weit weniger zielgerichtet, die Laufwege sind mitunter schwer zu erahnen. Das kann durchaus amüsant sein, die Spieler sind noch weit weniger zu Tode gecoacht als in der NHL oder auch in der AHL. Es geht oft munter rauf und runter, der Puck flippert hin und her. Ist die Liga physisch? Ja und nein – natürlich gibt es mehr Checks als in Europa, aber wer sich hier Slapshot-Hockey erwartet, befindet sich am falschen Dampfer. Auch bei Fights hieß es (wie fast immer in der AHL) für mich Fehlanzeige.

Gibt es hier viele Anwärter für DEL- oder EBEL-Jobs und zahlt sich das Scouten hier überhaupt aus?

Für mich gilt ein Grundsatz für ECHL-Spieler: Je älter, desto schriller schellen die Alarmglocken. Es gibt schon Gründe, warum langjährige ECHLer nicht in der AHL Fuß gefasst haben. Denn es handelt sich um eine Liga, wo Spieler aufgrund nur einer Stärke (z. B. Goalgetter-Qualitäten oder harter Schuss von der blauen Linie) länger überleben können, in der AHL dagegen werden für die wenigen nicht von NHL-Prospects belegten Spieler eher Cracks mit ausgewogenen Fähigkeiten gesucht.

Nur als Beispiel: Beim angekündigten Transfer von Matt Register nach Villach im letzten Sommer war ich von Haus aus skeptisch. Mit 27 Jahren hatte er genau sechs AHL-Spiele in seiner Vita stehen und bei seinem Kurzgastspiel bei Fehervar vor Jahren sah ich einen unaustrainierten und mit läuferischen Defiziten aufwartenden Defender. Seine Powerplay-Fähigkeiten und sein Schuss sind unbestritten, auch heuer führt er die Verteidiger-Scorerliste wieder an. Aber seine Schwächen halten ihn von der AHL zurück und die Tatsache, dass er Villach erst zu-, dann wieder absagte, zeugt auch nicht gerade von einem gestandenen Charakter.

Selbst bei einem Spieler wie Jack Combs, der nach langen Jahren in der ECHL auch in der DEL verlässlich seine Tore macht, fallen neben seinen Stärken auch seine Schwächen (Eislaufen, Defensivverhalten) ins Auge. Das bedeutet für ihn bereits das dritte DEL-Team in drei Jahren, Teams wissen bei ihm mittlerweile, was sie bekommen und was nicht.

Zu einer jüngeren Altersgruppe gehört etwa ein Spieler wie Phil Lane, mit 32 Toren Dritter der Torschützenliste. Zwar hat er die Grenze von 260 Profispielen, bei der er als "Veteran" gilt, noch nicht erreicht, trotzdem hat der 25-jährige im Sommer keinen AHL-Vertrag mehr bekommen und spielt nun in Atlanta. Als unbestrittener Goalgetter würde er sicher von vielen EBEL-Teams Angebote bekommen, wenn er auf den Markt kommt, was im Sommer durchaus passieren könnte. Für seine Stärken und Schwächen genügte mir ein Spiel. Weniger klug wurde ich bei Fort Wayne aus Liga-Topscorer Shawn Szydlowski, der allerdings schon 27 Jahre alt ist.

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