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Der Zustand der Minnesota Wild: Warum Rossi warten muss

Der Zustand der Minnesota Wild: Warum Rossi warten muss Foto: © getty

Noch befinden sich die Minnesota Wild im Rennen um die Playoff-Plätze der NHL, doch der Trend geht seit längerer Zeit nach unten.

Vor dem LAOLA1-LIVE-Spiel gegen die Nashville Predators (Sonntag, ab 20:00 Uhr im LIVE-Stream>>>) wirft LAOLA1-Scout Bernd Freimüller einen Blick auf die letzten Wochen einer Organisation, der vor allem das Toreschießen nicht mehr leichtfällt:

Die Wild-Torflaute

Sah es in den ersten Saisonspielen noch so aus, als ob die Defensive und die Goalies zu einem Problem werden könnten, änderte sich das schnell und zuletzt auch dramatisch: Vor allem bei numerischem Gleichstand herrscht derzeit tote Hose – in den letzten 14 Spielen gelangen nur 13 Treffer bei "Even Strength". Insgesamt liegen die Wild in dieser Statistik ligaweit an 28. Stelle, letzte Saison war man hier noch Dritter!

Kommt diese Tor-Armut als Überraschung? Nicht unbedingt – der Abgang von Kevin Fiala konnte nie aufgefangen werden, der Schweizer zeigt derzeit in Los Angeles, wie leicht ihm an guten Tagen die Offensive von der Hand gehen kann. Mit ihm im Lineup wäre derzeit wohl alles paletti, doch hier schlugen die Cap-Probleme der Wild das erste Mal unnachgiebig zu.

Mats Zuccarello – zuletzt in einem Leistungsloch – ist halt auch schon 36, ein Leistungsabfall muss da früher oder später eingepreist werden. Nicht so bei Spielern wie Ryan Hartman (gefühlt mehr dumme Fouls als Tore), Marcus Foligno oder Jordan Greenway, die teilweise weit unter ihren Vorjahreswerten liegen.

Neuzugang Sam Steel war zu Beginn als Center zwischen Kirill Kaprizov und Zuccarello noch eine positive Überraschung, purzelte aber innerhalb einer Woche im Lineup immer mehr hinunter, ehe er sich sogar auf der Tribüne wiederfand.

Die Wild-Offensive besteht derzeit aus dem überragenden Kaprizov, dem immer verlässlichen Joel Eriksson Ek sowie aus Genieblitzen von Matt Boldy, der aber natürlich auch noch an seiner Konstanz feilen muss. Dem gegenüber steht die Ausbeute von Hartman, Foligno, Greenway, Steel und Trainer-Liebling Frederick Gaudreau, die in den letzten zwölf Spielen gemeinsam ein(!) Tor produzierten.

Die Wild-Transaktionen seit Saisonbeginn

In Österreich konzentrierte sich das Interesse auf das Wohl und Wehe von Marco Rossi, doch GM Bill Guerins Tätigkeit bestand nicht nur darin, den Österreicher in die AHL zu schicken.

 

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

So kam Ryan Reaves von den Rangers, machte das Team natürlich sofort physisch stärker. Frage nach bei Detroit-Defender Filip Hronek, den er mit einem Mördercheck (allerdings regelkonform) in den Ringstaub schickte. Mason Shaw aus dem Farmteam Iowa Wild durfte den Meldezettel in St. Paul dauerhaft ausfüllen, aber beide fallen natürlich für Offensivbeiträge aus. Ähnliches gilt für die Kurzzeit-Aushilfe Adam Beckman, während Ex-College-Crack Samuel Walker bei seinen sechs Spielen immerhin seinen ersten NHL-Treffer erzielte.

Nicht mehr bei den Wild: Tyson Jost (nun in Buffalo) und Minor Leaguer Joseph Cramarossa, der seinen Vertrag zugunsten eines Angebots der Mannheimer Adler auflöste.

Guerin und das Lager von Matt Boldy kamen im Jänner über einen neuen Vertrag überein: Sieben Jahre (beginnend im nächsten Sommer) mit einem Totalpaket von 49 Millionen Dollar. Also kein "Bridge Contract", sondern ein langfristiger Deal, der der Wild auch zwei Jahre UFA-Dasein sichert. Angesichts der (ab 2024) steigenden Cap sicher ein guter Deal, so Boldys Leistungskurve weiter nach oben zeigt.

Was passiert zur Trade Deadline?

Guerin gestand, dass er sich derzeit zwischen Baum und Borke befindet – die ungewisse sportliche Lage lässt es nicht zu, sich klar als Käufer oder Verkäufer zu deklarieren.

Auch finanziell befindet sich Guerin auf der Klippe: Er kam zwar heuer sparsam durch die Saison, kann daher mit 3. März Spieler um weit über zehn Millionen Dollar

(Jahres-Gesamtwert, der dann aliquote liegt natürlich noch weit darunter) Gehalt holen.

Allerdings: Platz für große Verträge über die Saison hinaus hat er nicht. Er verfügt im Sommer (wenn alle bisherigen Verträge weiter bestehen) nur über einen Spielraum von knapp zehn Millionen Dollar an Gehältern für die Saison 2023/24 und da muss er noch Spieler wie Goalie Filip Gustafsson (heuer sehr stark), Gaudreau, Brandon Duhaime oder Calen Addison (zuletzt aber gescratcht) unter Vertrag nehmen. Die nächsten beiden Saisonen sind nämlich die, wo die toten Verträge von Ryan Suter und Zach Parise mit gesamt jeweils 15 Millionen am höchsten zu Buche fallen.

Guerin würde natürlich gerne einen Abnehmer für Greenway finden, der neben nachlassender Leistung auch abseits des Eises (verschlief ein Teammeeting) unliebsam auffiel. Sein Vertrag mit jeweils drei Millionen pro Saison erstreckt sich noch bis 2025. Matt Dumbas Vertrag läuft im Sommer aus, bei einem entsprechenden Angebot kann auch er gehen. Guerin würde auch gerne seinen alten Weggefährten Alex Goligoski von dessen Schicksal des überzähligen Defenders erlösen. Nur: Mit Dumba und Goligoski verfügen die Wild über sieben Defender. Geht auch nur einer der beiden – Dumbas Wert ist nach zwei Healthy Scratches aber kein hoher – muss umgekehrt Ersatz her.

Außerdem: Guerin ist sich nicht sicher, ob er noch einen Center oder doch einen torgefährlichen Flügel braucht. Und wie gesagt. Zugänge können zwar für heuer einen relativ hohen Preiszettel haben, aber nicht über den Sommer hinaus. Gut möglich, dass Guerin – so die Wild im Playoff-Rennen bleiben – darauf hoffen muss, dass jemand Greenway um den halben Preis nimmt, er somit auch etwas Spielraum für die erworbenen Spieler über die Saison hinaus erhält. Es ergibt aber sicher für ihn wenig Sinn, für Kurzzeit-Leihspieler einen hohen Preis per Prospects oder hohen Draftrechten zu zahlen.

Im günstigsten Fall für Guerin findet er einen Abnehmer für Greenway, bekommt für Dumba einen anderen Defender für den Rest der Saison und findet noch einen Offensiv-Forward, dessen Deal im Sommer ausläuft. Sollte die Wild jedoch weiter abdriften, könnte ein größerer Abverkauf stattfinden.

Auch sicher reizvoll für Guerin: Ein Hafen zu sein für den einen oder anderen großen Vertrag, der im Sommer abläuft, Teams aber daran hindert, sich für die Playoffs zu verstärken.

Was ist mit Marco Rossi?

Guerin sucht doch einen Center, vor allem für den Spot zwischen Kaprizov und Zuccarello. Warum nicht eine weitere Chance für den Österreicher nach seinem wenig befriedigenden Gastspiel (16 Spiele, ein Assist) zu Saisonbeginn?

Guerin gab da schon die Antwort in einem Interview zuletzt: "Wir haben Marco zu Beginn vielleicht etwas in seinem derzeitigen Leistungsvermögen überschätzt." Kein Problem, so mancher Prospect braucht noch Reifung in der AHL und Rossi bewies ja auch zuletzt, dass er sich zu einem der Top-Spieler in dieser Liga entwickeln kann.

Nur: Ein solches Eingeständnis kann Guerin einmal liefern, beim zweiten Mal muss es für ihn, Rossi und die Wild passen. Den Österreicher jetzt als großen Hoffnungsträger für ein wackeliges Rennen um die Playoff-Plätze auszurufen, wäre viel Druck auf den 21-Jährigen. Sollte das nicht funktionieren, würden Fans und Journalisten schnell ihre Meinung umdrehen, Rossi, den sie heute noch als "Great White Hope" bezeichnen, über alle Maßen verdammen.

Da ergibt es weit mehr Sinn, abzuwarten, bis sich der Pulverstaub der Trade Deadline verzogen hat. Die Iowa Wild dürften ihnen Playoff-Platz in der AHL bald abgesichert haben (ausgerechnet vor Grand Rapids, wo es nicht unmöglich ist, dass Marco Kasper heuer noch aufläuft). Nach dem 3. März fällt in der NHL die Kader-Obergrenze von 23 Spielern, jedes Team kann den Kader dann mit bis zu vier Recalls aus der AHL aufstocken.

Den Wild gelang es jedenfalls nicht, auf der guten letzten Saison aufzubauen und Guerin läuft Gefahr, bei der Trade Deadline zwischen zwei Stühlen zu sitzen...

 

Minnesota Wild - Nashville Predators: Sonntag, ab 20:00 Uhr im LIVE-Stream>>>

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