"Heute war ich locker am Start, ich habe gewusst, wenn es sich ausgeht, geht es sich aus. Wenn nicht, dann nicht. So bin ich auch gefahren", erzählte der Rennfahrer, der seit Juni 2020 mit seiner Claudia verheiratet ist. Mit dieser durfte Mayer nach dem Triumph schon sprechen - wenn auch nicht sehr lange.
"Ich hab ein bisschen Kontakt gehabt mit zuhause, aber nicht viel. Ich habe mit meiner Frau telefoniert, wir haben mal 10 Minuten gehabt, wo Ruhe war und wir bissl reden konnten. Man muss das alles ja auch bissl verarbeiten, sowas ist ja nicht alltäglich."
Von Rückschlägen geprägt
Nicht immer lief es geschmeidig in Mayers Karriere: Zwischen den Goldmedaillen 2014 und 2018 lag eine lange Zwangspause. Im Dezember 2015 hatte er sich bei einem Abfahrtssturz in Gröden schwer verletzt. Bruch des siebenten Brustwirbels, Eindellung des sechsten Wirbels und 18-gradige Fehlstellung der instabilen Wirbelsäule lautete die Diagnose.
Es war seine zweite große Leidensgeschichte. Im April 2012 ließ Mayer eine Sprunggelenksverletzung und einen alten Zehenbruch therapieren, was sich als Klacks zu dem herausstellte, was danach folgte: Eine "reaktive Arthritis" wurde diagnostiziert, die durch Darmbakterien nach dem Verzehr von verdorbenem Fleisch ausgelöst worden war. Mayer fühlte sich erschöpft, bekam Fieber, entzündete Gelenke und musste ins Krankenhaus. 15 Kilogramm verlor er.
Doch das Stehaufmännchen kämpfte sich zurück, glänzte stets mit sauberer Technik und war zur Stelle, wenn es darauf ankam. Auch in den Rennen vor Olympia war der begeisterte Tennisspieler meist weit vorne zu finden, der Coup bei den Spielen kam also keineswegs überraschend.
"Mothl" bereits auf Abschiedstournee? "So etwas werde ich wahrscheinlich nie wieder erleben"
Überraschender kam da schon die Ankündigung im Rahmen der ÖOC-PK, dass es womöglich seine letzten Olympischen Spielen waren. "So etwas werde ich wahrscheinlich nie wieder erleben", sagte der mit 31 Jahren im Vergleich zu einigen Konkurrenten noch recht junge Speed-Spezialist.
Auf eine Diskussion dahingehend wollte er sich am Tag des Erfolgs jedenfalls nicht einlassen: "Theoretisch ist es schon noch möglich, praktisch weiß ich es nicht. Dazu kann und will ich jetzt keine klare Einschätzung abgeben."
Herren-Cheftrainer Puelacher sieht den Mayer von 2022 in absoluter Topform, und traut ihm auch in Zukunft alles zu. "Warum soll er nicht mit 41 noch eine Medaille machen?" Matthias arbeite konsequent, habe viel Freude am Skifahren und vielleicht immer noch mehr.
Auch mit den Weltmeisterschaften werde Mayer noch seinen Frieden finden und eine Medaille holen, prophezeit Puelacher: "Die Rennen müssen auch zu dir kommen ein bisschen." Im Weltcup hält Mayer bei elf Siegen, sieben in der Abfahrt, drei im Super-G und einen in der Kombination.
Soziale Ader und der Extra-Skischuh
23 Jahre war Mayer, als er vor acht Jahren in Sotschi (2014) seine erste olympische Goldmedaille gewann, davor war er noch nie im Weltcup auf dem Abfahrtspodest gestanden. Die technisch anspruchsvolle Abfahrt in Krasnaja Poljana war ihm von Anfang an fast wie auf den Leib geschneidert gewesen.
Und auch vier Jahre später in Südkorea (2018) war ihm klar, dass die Strecke in Jeongseon etwas für ihn sein könnte. Ähnliche Gefühle für Gelände und Schnee hegte er auch bald mal nach seiner Ankunft heuer in Yanqing, zudem wurde eigens ein weicherer Skischuh für die kalten Temperaturen entwickelt.
Die Familie Mayer, Matthias ist der Sohn von Helmut Mayer, der 1988 im ersten olympischen Super-G die Silbermedaille gewann, hat auch eine große soziale Ader. 2015 kümmerte sie sich zusammen mit Freunden in Afritz um zwei irakische Familien, die es nach sechsmonatiger Flucht in Schlauchbooten und zu Fuß bis nach Österreich geschafft haben.
In Yanqing darauf angesprochen, meinte der Olympiasieger: "Das war eine spezielle Ausnahmesituation und mein Beitrag, den ich leisten wollte. Eine Familie ist noch da, da gibt es noch Kontakt."