"Es hat schon Überwindung gebraucht, aber mir hat es immer gut gefallen, wenn es brutal war. Das war mir eigentlich am liebsten."
Am schlimmsten erwischte es an diesem Tag Roland Thöni, den Bruder von Olympiasieger und Weltcupsieger Gustav Thöni. Auch der Italiener kam bei der Schlüsselstelle Bannwaldeinfahrt zu Sturz und zog sich dabei einen Beinbruch zu. Weil die Piste so eisig war, konnte Thöni aber nicht mit dem Akja ins Ziel abtransportiert werden, sondern wurde zu einem nahgelegenen Bauernhof gebracht. Von dort wurde der Verletzte dann vom Roten Kreuz abgeholt, allerdings mit etwas Verspätung, denn die Rettungskräfte steckten rund um Schladming im Stau.
Mehr als 35.000 Zuschauer strömten 1973 zur Weltcup-Premiere auf der Planai. Am Renntag herrschte Kaiserwetter mit Sonnenschein.
Klammers Konkurrenten erhielten am Vorabend noch Ausgang
Davon wagte noch am Abend zuvor niemand zu träumen. Aufgrund des Regens rechnete man im Schweizer Team gar nicht mehr mit einem Rennen, Bernhard Russi, Roland Collombin und Co. erhielten deshalb sogar Ausgang.
Als Russi zwischendurch frische Luft schnappen wollte, staunte er nicht schlecht. Der Regen hatte aufgehört, stattdessen wölbte sich über Schladming ein sternenklarer Himmel, die Temperaturen stürzten dramatisch ab.
"Da sagte ich: Fertig mit Ausgang, ab nach Hause. Es war etwa halb zwölf", erzählte der spätere Olympiasieger Russi einst der "Aargauer Zeitung".
Und Klammer?
"Wir haben uns schon normal auf das Rennen vorbereitet, wussten aber nicht, ob sie es absagen werden. Am nächsten Tag war dann Wahnsinns-Wetter und dieser Eislaufplatz vor uns", erinnert sich Klammer an die Eindrücke vor dem Start.
Von den vielen Ausfällen vor ihm ließ sich der damals 20-Jährige nicht verunsichern. "Ich habe ein bissl ein Schutzschild um mich gemacht. Ich dachte: Das sind ja die anderen Fahrer, dir selber passiert das nicht. Ich wollte mich davon nicht beeinflussen lassen."
Das ist Klammer eindrucksvoll gelungen. Als Österreichs Abfahrts-Asse aus der ersten Startgruppe bereits geschlagen waren, stürzte sich der Kärntnern mit Startnummer 16 auf die eisglatte und rumpelige Planai.
Mit seinem damals noch eher wenig bekannten wilden Fahrstil mit rudernden Armen fing Klammer die beiden Schweizer Collombin und Russi (kam mit Startnummer 9 als erster Läufer ins Ziel) noch ab. Seine Durchschnitts-Geschwindigkeit betrug rund 111 km/h, das war damals Rekord in der Abfahrt.
"Es hat schon Überwindung gebraucht, aber mir hat es immer gut gefallen, wenn es brutal war. Das war mir eigentlich am liebsten. So gesehen war es dann nicht so schlimm", sagt Klammer.
"Man musste sich halt auf die neuen Verhältnisse einstellen, am Vortag war es ja noch viel weicher. Man musste die Linie und das ganze System ändern, den Schwung um zehn oder fünfzehn Meter früher ansetzen, bis der Ski dann irgendwie gegriffen hat. Das ist dann halt Intuition, wie gut man das zusammenbringt."
"Es war gesteckt voll, die totale Hektik"
Diese Intuition hatte Klammer zweifelsohne. "Wenn du den Russi und den Collombin schlägst, die zwei besten Abfahrer zu dieser Zeit, ist das schon ein Ereignis. An dem Tag hat für mich alles zusammen gepasst", sagt der heute 70-Jährige rückblickend.
Im Ziel wurde Klammer von den rund 35.000 Fans frenetisch gefeiert. "Es war gesteckt voll. Nach dem Rennen war totale Hektik, die Leute waren alle begeistert, aber ich natürlich auch", so Klammer.
Für den der Sieg in Schladming 1973 gemeinsam mit seinem Olympiasieg in Innsbruck 1976 und seinem letzten Erfolg auf der Streif in Kitzbühel 1984 zu den größten Erfolgen seine Karriere zählt...