Überflieger im Vierkampf mit bestem Nervenkostüm
Österreich führt nach dem guten Saisonstart nach wie vor die Nationenwertung an. Doch in Bischofshofen war es den Verfolger-Nationen Norwegen, Polen, Japan, Deutschland vorbehalten gewesen, sich den Tourneesieg untereinander auszumachen. Sie stellten in Lindvik, Kubacki, Kobayashi und Geiger jeweils einen Springer. Ein Quartett, das vor dem Finale gerade einmal 13,7 Punkte auseinander lag.
Kobayashi fiel aus Elfter nach dem ersten Durchgang aus dem Kreis der engsten Anwärter. Letztlich reichte es für den Überflieger der vergangen Saison nur zu Tagesrang sieben und Gesamtrang vier. Der 21-jährige Norweger Lindvik, der am Montag seine ersten Bewerbssprünge auf der Paul-Außerleitner-Schanze tat, wahrte mit Tagesrang drei Gesamtrang zwei, um 2,6 Punkte vor dem deutschen Tageszweiten Geiger.
Lindvik und Geiger sprangen auch im Finaldurchgang stark, doch mit Kubacki kam keiner mit. Mit zweimaliger Bestweite (143/140,5) baute er seinen Vorsprung sogar noch auf 20,6 Punkte aus. Und fixierte mit seinem erst zweiten Weltcupsieg den insgesamt vierten polnischen Tournee-Triumph nach Adam Malysz (2000/01) und Kamil Stoch (2016/17, 17/18). Wirklich übermütig wirkte er auch knapp zwei Stunden nach dem entscheidenden Sprung nicht. "Vielleicht werde ich es in ein paar Tagen realisieren."
Schlierenzauer: "Das hätte ich ihm nicht zugetraut"
Selbst als der insgesamt vierte polnische Gesamtsieg nach Adam Malysz (2000/01) und Kamil Stoch (2016/17 und 2017/18.) bereits feststand, schienen einige vom Sieg des Polen noch überrascht. "Das hätte ich ihm nicht zugetraut", sagte Gregor Schlierenzauer. "Den hatte man gar nicht so auf der Rechnung, aber bumm - auf einmal war er in Oberstdorf da", meinte Stefan Kraft.
Tatsächlich hatte sich der Erfolg Kubackis nicht angekündigt. Bei der Generalprobe in Engelberg verpasste er als 47. noch klar den Finaldurchgang. Doch spät - und vor allem plötzlich - Eindruck machen, kann er. Kubacki war nie ein Jahrhunderttalent, seinen ersten Weltcupsieg feierte er erst 28-jährig in Italien in Val di Fiemme.
Wenige Wochen danach landete er seinen ersten großen Coup, als er im Vorjahr bei den Weltmeisterschaften in Seefeld von Platz 27 noch auf die Eins sprang und Gold auf der Normalschanze holte. Am Dreikönigstag trat der 29-Jährige, geboren in der Nähe von Krakau, endgültig aus dem großen Schatten seines Teamkollegen Stoch.
Unaufgeregter Modellflugzeug-Bastler "mit beiden Beinen auf dem Boden"
Sein früherer Trainer Stefan Horngacher beschrieb ihn einmal als einen "unaufgeregten Typen", der "mit beiden Beinen auf dem Boden" stehe. Konzentration, Arbeit und Understatement - das kam beim leidenschaftlichen Bastler von Modellflugzeugen selbst in der Stunde des Erfolgs durch. "Ich muss immer fokussiert sein. Meine Sprünge und Landungen bei dieser Tournee waren nicht perfekt", sagte Kubacki erstaunlich gefasst. Es wirkte, also wolle er gleich noch ein Videostudium seiner Sprünge anhängen.
Für die durchaus zum Fanatismus neigenden polnischen Medien ist Kubacki dennoch ein dankbarer Gesprächspartner. Dankbarer als Stoch. Er scheut die Öffentlichkeit nicht so wie Stoch, er hat ein Instagram-Profil. Er spricht, anders als Stoch, über seine Familie. Und er erklärt sich und seine Sprünge. Auch das macht Stoch weniger gerne.
Manchmal erzählt Kubacki auch Anekdoten aus dem polnischen Team. Vor Garmisch haben die Polen demnach eine Pokerrunde - Initiator: Piotr Zyla - gestartet. Kubacki gewann zweimal. Bei der Vierschanzentournee hob er sich sein Trumpfass bis zum Schluss auf einer seiner Lieblingsschanzen in Bischofshofen auf. Der Schanzenrekordhalter auf der Paul-Außerleitner-Schanze (145 m) ist nun auch amtierender Vierschanzentournee-Sieger.